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BETA (German Edition)

BETA (German Edition)

Titel: BETA (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Cohn
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bleibt. Er hält die Hand schützend über die Augen und blickt in die Ferne. »Hast du eigentlich viel von Demesne gesehen, bevor du hierhergekommen bist?«, fragt er außer Atem.
    Mir wird erneut bewusst, was für ein Wunder es ist, dass ich an diesem strahlend schönen Morgen hier mit ihm stehe. Bevor ich in diese Villa kam, kannte ich nur geschlossene Räume – Dr. Lusardis Labor, die Boutique – und durfte nicht die süße Luft der Insel einatmen oder konnte von einem Aussichtsplatz an der Steilküste den Blick hinunter auf das violette Wasser, den weißen Sandstrand oder die Palmen werfen und all die Schönheit ringsum genießen. Und das ist ja nur ein erster Eindruck. Wie spektakulär wird es erst sein, wenn ich mehr von der Insel kennenlerne?
    Ich antworte auf Ivans Frage nicht. Ich wüsste gar nicht, wo anfangen und wo aufhören. Ich möchte so gerne alles hier sehen!
    »Natürlich nicht«, sagt er. »Das hat man dir wahrscheinlich nicht erlaubt.« Und fügt dann noch ein überflüssiges »Tut mir leid« hinzu. Ivan greift in einen tiefen Spalt des zerklüfteten Felsens hinein, zieht ein Fernglas hervor und reicht es mir. »Hier, nimm. Mein Versteck. Ziemlich überwältigender Blick, was?«
    Ich halte mir das Fernglas vor die Augen, nehme alles in mich auf, atme in tiefen Zügen die milde, honigduftende Luft ein. Das helle Himmelsblau ist mit einem leicht orange-rosafarbenen Hauch überzogen, eine Einfärbung – wie mein Chip mir meldet –, die entsteht, wenn die Sonne auf die Atmosphäre von Demesne trifft. Das violettblaue Wasser des Meeres von Ion kräuselt sich zu leichten Wellen und entlang der Küste sind die vom Laub der Bäume und Büsche fast versteckten Villen zu sehen. In der Ferne erstreckt sich eine Hügelkette, aus der als höchster Berg der Insel der Mount Orion herausragt. Unterhalb des Vulkans, über dem eine weiße Wolke schwebt, sind die Wälder so dicht, dass sie wie ein Dschungel wirken. Dort muss irgendwo auch Dr. Lusardis Labor versteckt sein, aus dem ich stamme, aber durch das Fernglas kann ich nichts davon erkennen.
    Ich schwenke zu dem Sandstrand von Heaven, der ein gutes Stück entfernt liegt. Eine dicke Frau geht ins Wasser, taucht kurz in die Wellen ein und kehrt dann zu ihrem Liegestuhl zurück. Nach dem Bad, eigentlich nur ein kurzes Eintauchen, wirkt sie deutlich schlanker und jünger, als hätte sie eine Wunderkur hinter sich, die sie in Sekundenschnelle in eine strahlende Schönheit verwandelt hat. Sie beugt sich über ihren männlichen Begleiter, der seine Lektüre beiseitelegt, und setzt sich dann auf ihn. Er schlingt die Beine um sie, und sie küssen sich lange und gierig, als wäre es das erste Mal, obwohl aus ihrer Körpersprache hervorgeht, dass sie einander so vertraut sind, wie das nur bei langjährigen Partnern der Fall sein kann.
    Bedienstete des Country Club huschen zwischen den Sonnenbadenden umher und servieren ihnen Drinks und Häppchen.
    »Kein schlechter Ausblick, was?«, sagt Ivan. »Das schöne Leben auf Demesne.« Natürlich meint er nur das schöne Leben der Menschen auf Demesne, aber ich nicke trotzdem. Auch für mich ist das Leben hier schön, denke ich.
    Nach unserem zehnten Sprint die Treppen rauf und runter hält Ivan am Fuß der steilen Stufen erneut an.
    »Ich kann’s einfach nicht fassen, dass du immer noch mithältst«, sagt er.
    Ich kann nicht nur mithalten. Es wäre mir ein Leichtes, ihn abzuhängen, aber Mutter hat mir die Anweisung gegeben, ihn auf alle Fälle gewinnen zu lassen. »Sein Selbstvertrauen muss etwas gepäppelt werden, bevor er ins Ausbildungslager geschickt wird«, sagte sie. »Beim Militär wartet eine harte Zeit auf ihn. Sei ein braves Mädchen, Elysia, mein Liebling. Lass Ivan seinen Spaß haben.«
    Ein Mädchen in Ivans Alter kommt die Treppen herunter und stürmt auf uns zu.
    »Ivan! Hi!« Es handelt sich um eine kecke, sommersprossige Rothaarige im Tenniskostüm. »Man hat mir gesagt, dass du hier bist. Willst du mit mir und Demenzia eine Partie spielen?«
    »Hi, Greer«, murmelt Ivan. »Heute nicht.«
    »Was ist das denn?« Greer deutet auf mich.
    »Wir haben seit gestern eine Beta«, sagt Ivan.
    Greer mustert mich und sieht mir dabei tief in meine fuchsiaroten gläsernen Augen. »Fabrizieren sie jetzt auch Teenager? Da müssen wir aber echt aufpassen! Ich hab keine Lust, von Piraten geschnappt und in eine Untote verwandelt zu werden.« Sie spielt mit einer Haarsträhne von mir. »Deine First hatte wirklich tolle

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