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BETA (German Edition)

BETA (German Edition)

Titel: BETA (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Cohn
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echte Win-win-Situation für alle Beteiligten, und sogar der Governor ist inzwischen froh und dankbar, eine Teen-Beta im Haus zu haben. »Eigentlich schade, dass Astrid nicht auch so eine gute Tochter ist wie du«, sagte er eines Abends beim Essen zu mir, nachdem er Ivans deutlich verbesserte Trainingswerte studiert hatte. »Du hast alle wünschenswerten Eigenschaften eines weiblichen Teenagers, aber ohne das übliche Rumgezicke und auch ohne die ideologische Besserwisserei wie Astrid mit ihren seltsamen Ansichten.«
    Als wir jetzt auf dem Treppenabsatz mitten am Steilhang stehen, streckt Ivan sich auf einmal zu einer schmalen Felsspalte, die gerade so breit ist, dass er seine Hand hineinschieben kann. »Weißt du, was ich hier gebunkert habe?«, fragt er. »Aber du musst versprechen, es niemandem zu verraten.«
    Überrascht nicke ich. Mein Bruder ist normalerweise nicht der Typ, der vor anderen Geheimnisse hat. Deswegen habe man es mit Jungs auch einfacher als mit Mädchen, vertraute mir Mutter an. Astrid hatte nämlich Geheimnisse und hat Mutter auch angelogen. Aber Ivan trage sein Herz auf der Zunge, gestand sie mir. »Bei ihm weiß man immer, woran man ist.«
    Als Ivan jetzt die Hand aus dem Felsspalt zieht und seine Faust öffnet, sehe ich auf seiner Handfläche weiße Körner liegen. »Samen von Champagnerkelchen«, sagt er und meint damit die Blumen mit den golden funkelnden Kelchen, die die Gärten, Wege und Landeplätze der Villen auf Demesne schmücken. Danach zieht er noch etwas anderes aus der Felswand hervor, noch merkwürdiger – eine kleine Porzellanschüssel mit einem dicken Porzellanstab, von meinem Interface als Mörser und Stößel identifiziert, ein altmodisches Küchengerät zum Zerkleinern von Gewürzen. Ivan gibt ein paar Körner in den Mörser und zermahlt sie, wodurch eine cremige Paste entsteht, die einen himmlischen Blütenduft verströmt.
    »Lass mich raten«, sage ich. »Du hast beschlossen, Parfüms fürs Militär zu kreieren?«
    Ivan grinst mich an. »Du hast schon gut gelernt, Sarkasmus zu imitieren, Elysia. Nein, was viel Aufregenderes. Ich experimentiere damit, mein eigenes Raxia herzustellen.«
    »Warum? Ist das Raxia, das ihr euch illegal beschafft, nicht gut genug?«, frage ich.
    »Mehr als gut genug. Das ist auch das Problem. Je mehr Raxia ich einwerfe, desto mehr will ich und hab deshalb immer weniger Lust auf die Warterei, bis jemand von den Rave Cave Kids was rüberwachsen lässt. Raxia wird aus den Samen der Champagnerkelche gefertigt. Ich hab’s schon ziemlich raus und außerdem noch ein paar Verbesserungen vorgenommen. Wenn ich nämlich noch andere Komponenten hinzufüge, wie zum Beispiel Testosteron –«, Ivan zieht auch noch ein kleines Fläschchen heraus, auf dessen Etikett ein T steht, »– fühle ich mich nicht nur wie ein Superheld, sondern krieg allmählich auch die Muskelmasse von einem.«
    »Gute Arbeit«, sage ich.
    »Ich fühl mich wie auf einem unglaublichen Trip. Mir geht’s gut, mir geht’s hervorragend und immer noch besser. Aber ich fühl mich nicht nur so. Ich bin besser. Und will immer noch besser sein. Der Stärkste.«
    »Weiß der Governor davon?«
    »Das will er doch. Ich soll die absolute Nummer eins sein.«
    »Ich meine, von deinem kleinen Chemiebaukasten.«
    »Nein, natürlich nicht! Er würde mich umbringen. Sag’s ihm bloß nicht! Ich zeig dir das nur, weil ich mir noch mehr Zutaten für meine Experimente besorgen will und du wissen sollst, wo du sie verstecken musst, falls ich dich darum bitte.« Er boxt gegen meinen Arm – nur spielerisch, aber fest genug, dass dort später ein leichter blauer Fleck zu sehen sein wird. »Okay, Kumpel?«
    »Ja, Bruder«, sage ich.
    Meine Tage haben einen klaren, geordneten Ablauf. Am Morgen wecke ich zunächst Liesel und helfe ihr, sich für die ›Schule‹ fertig zu machen. Dann folgt mein zweistündiges Fitnesstraining mit Ivan. Danach halte ich mich als Gesellschafterin für Mutter bereit. Manchmal nimmt sie mich zum Lunch mit ihren Freundinnen in den Heaven Country Club mit, manchmal diktiert sie mir nach dem Mittagessen ihre Anweisungen für die Speisen und die Gästelisten des bald stattfindenden Governor-Balls, und manchmal will sie einfach nur, dass ich sie zum Shoppen begleite.
    Viel Gelegenheit dazu gibt es nicht, denn fast alle Einkäufe werden per Relay getätigt. Auf der Hauptstraße neben der Landebahn gibt es nur wenige Geschäfte und Cafés. Heute will Mutter wieder mal in der Boutique

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