Betörende Versuchung
der feinen Gesellschaft zu sein. Zweifellos war es unglaublich unangemessen, auf solche Art in einem Bach herum zu staksen ...
Dieser Gedanke brachte eine Erinnerung mit sich. Ein schelmisches Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie musste an einen der Sommer denken, die sie mit Mama und Papa in Afrika verbracht hatte. Sie war vielleicht fünfzehn gewesen, und die Hitze war schier unerträglich. Eines Nachts war sie aus der Hütte gekrochen und hatte sich zum Ufer des Flusses begeben. Und weil niemand da war, niemand, der sich daran stören konnte, hatte sie ihre Klei der ausgezogen ...
Und war nackt geschwommen.
Was würde die Gesellschaft denken, wenn sie wüssten, dass sie, Arabella Templeton, die Vikarstochter, nackt geschwommen und nach Herzenslust herum geplantscht hatte? Und das nicht nur ein Mal? Die arme Tante Grace, da war sie sicher, würde so ein Skandal um den Verstand bringen. Tante Grace würde es schon als Skandal empfinden, wenn sie sie jetzt sähe, mit nackten Beinen! Sie warf den Kopf in den Nacken und lachte laut. Ein kräftiges, helles Lachen, das sie nicht zurückhalten konnte.
Aber dann, genau in diesem Augenblick, wusste sie es ...
Sie war nicht allein.
Es war Justin, natürlich. Natürlich, hallte es in ihrem Kopf wider. Wer auch sonst? Wenn sie bloß so tun könnte, als würde sie ihn nicht sehen? Aber er stand genau am Ufer, wo sie ihre Schuhe, Strümpfe und Häubchen hingelegt hatte. Ihr Herz machte einen Sprung. Ertrug ein weites, fließendes weißes Hemd mit engen Reithosen und Stiefeln. Mit aller Willenskraft brachte sie ihr Herz dazu, nicht ganz so heftig zu schlagen.
Oh, verdammt noch mal! Er lächelte, während er seinen Blick von ihrem Gesicht zu ihrer schlanken, entblößten Beine hinabgleiten ließ. Verschiedene Dinge schossen ihr gleichzeitig durch den Kopf. Die Sittlichkeit verlangte, dass sie umgehend die Röcke fallen lassen und davonrennen musste. Aber wenn sie das täte, wären die Röcke vollkommen durchnässt. Und wenn sie dann zum Haus zurückkäme - was unvermeidlich war, es sei denn, sie bliebe bis in die Dunkelheit hier draußen -, wie zum Teufel sollte sie das dann erklären?
Und das wusste er. Er war sich der Klemme, in der sie steckte, nur zu bewusst, denn ein Lächeln lag auf seinen Lippen. Ein Lächeln, das sie zum Wahnsinn treiben konnte. Er schüttelte den Kopf. »Weißt du, Arabella, ich bräuchte nur die Hand auszustrecken und könnte deine Gedanken aus der Luft greifen. «
»Tatsächlich«, gab sie kurz knapp zurück. »Und was denke ich gerade? «
»Du fragst dich, ob du weglaufen solltest. Oder ob du die Röcke fallen lassen und dich vor mir verstecken sollst. «
» Ich fürchte, Sir, ich kann nichts von beidem tun. «
Dieses unverschämte Lächeln wurde breiter. »Das stimmt wohl.«
Arabellas Wangen brannten. »Es scheint mir, Sir, Ihr habt die höchst ungute Eigenschaft, immer dann aufzutauchen, wenn es gerade überhaupt nicht passt.«
Ihr kurz angebundener, entrüsteter Tonfall brachte Justin fast zum Lachen. Himmel, war sie süß!
»Komisch, dass du das so siehst«, meinte er leichthin. »Ich hatte schon angefangen, mich als dein ständiger Retter zu betrachten. Tauche ich nicht stets gerade in der Stunde der Not auf? «
»Du? « Sie war zweifelsohne fassungslos.
Er hob eine Braue. » Ein Missverständnis? «
An der Tat! Ich bin der festen Überzeugung, du hast es dir zum Hauptziel erklärt, mich zu quälen. «
»Komm schon, wieso sagst du denn so etwas?« Er erlaubte sich, seinen Blick ausgiebig über ihre Figur wandern zu lassen.
Sie verzog den Mund. » Hör auf, mich so anzustarren! «
»Wie denn? «
Sie blickte ihn aus Augen an, die sowohl bittend als auch müde wirkten. Sie hatte Recht, überlegte er. Er quälte sie j a in der Tat. Aber ... du lieber Himmel, er konnte einfach nicht widerstehen, sie ein bisschen aufzuziehen.
»Meine liebe Arabella, du kannst nicht ewig so stehen bleiben. Obwohl, wenn du das vorhast, dann muss ich dir sagen, dass ich genauso gut gewillt bin, eben so lange die schöne Aussicht zu genießen. «
»Ohl« Ihre Wangen flammten erneut auf und hatten fast die Farbe ihres Haares.
Jetzt tat sie ihm Leid. »Komm schon heraus, bevor du dir noch den Tod holst. «
Er hatte Recht. Sie konnte nicht ewig so stehen bleiben. Ihre Füße wurden schon langsam taub.
»Dreh dich um«, bat sie ihn.
Zu ihrem maßlosen Erstaunen kam keine Erwiderung. Er drehte sich zur Seite.
Arabella biss sich auf die Lippe und
Weitere Kostenlose Bücher