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Betreutes Trinken

Betreutes Trinken

Titel: Betreutes Trinken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katinka Buddenkotte
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Fahrt auf der Achterbahn, aber ich bin eben nicht cool drauf. Und ich sitze schon gar nicht an den Hebeln, die das Biest stoppen könnten.
    Vielleicht sollte ich den ganzen Vergnügungspark schließen und etwas völlig Neues anfangen. Morgen.

XII
    W ir hätten vielleicht irgendwelche Aktionen planen sollen«, murmelt Kira und lugt verstohlen über die Theke. In der Kommbüse herrscht Nachkriegsstimmung. Eine Handvoll junger Frauen sitzt erstarrt auf den Sofas, sie alle scheinen sich zu fragen, wann die Männer endlich wiederkommen. Oder ob überhaupt.
    Leider haben wir es im Vorfeld versäumt, ein paar Trümmer bereitzustellen, aus denen die Mädels hätten neue Stadtkerne aufbauen können. Ich versuche, nicht allzu triumphierend zu grinsen, aber ein wenig Salz muss ich doch noch in Kiras Wunden streuen:
    »Wollte denn keine von den Mädels die Tischfußballer umziehen?«, erkundige ich mich scheinheilig, und Kira schüttelt gekränkt den Kopf: »Die haben gesagt, das sei ihnen zu albern.«
    Teenager sind großartig. Unberechenbar, irrational und wenn sie keinen Bock auf etwas haben, legen sie den aktivsten passiven Widerstand an den Tag, der sonst nur ihren eigenen Eltern in jener Härte entgegengeschleudert wird, wie er nun Kira und mich trifft.
    »Will jemand vielleicht noch einen Kaffee?«, fiepst sie in die Runde, und Leslie schnauzt sie an: »Ne, echt nicht. Der Kaffee ist ekelhaft. Warum gibt’s hier eigentlich keinen Latte? Oder einen ganz einfachen Cappuccino?«
    Die anderen Mädchen nicken düster, Kira sieht mich hilfesuchend an.
    Aber es ist zu spät. Kira hat sich mit diesem Mädchenprobetag nicht nur ihr eigenes Grab geschaufelt, sie hat es auch noch geschmacklos dekoriert, und sich zum guten Schluss den Spaten selbst auf den Kopf gehauen, bevor die Mädels sie, aus gutem Grunde, lynchen konnten.
    Seit Mittwoch hat Kira ihren Untergang vorbereitet, und ich habe schändlicherweise dabei zugesehen. Ich schwieg, als sie eine zehn Meter lange, fliederfarbene Papiergirlande mit dem biologischen Symbol für »weiblich« fertigte und selbige aufhängte. Ich sagte kein Wort, als ich sie Unmengen von Broschüren bestellen hörte. Als sie heute Handspiegel auf den Bistrotischen auslegte, schwankte meine Stimmung zwischen Hoffen und Bangen.
    Ich dachte, sie würde den Mädels vielleicht einen Grundkurs in gepflegtem Make-up anbieten wollen, und das hätte ich wirklich gerne gesehen. Ein Eselchen erklärt den Vollblutfohlen die Rennbahn, aber es hätte einen gewissen Unterhaltungswert gehabt, und vielleicht hätte ich auch mein Geheimprojekt, Kira die Augenbrauen zu zupfen, endlich verwirklichen können. Aber Kira hatte andere Pläne mit den Spiegeln.
    »Was meinst du, Doris, wenn wir alle so ein wenig gequatscht haben, dann könnten wir uns doch mal mit dem gängigen Schönheitsideal auseinandersetzen. Also, auch ruhig intensiv. So, dass wir den Mädels klarmachen, dass sie alle so in Ordnung sind, wie sie sind – auch untenherum.«
    Natürlich werden Frauen, deren Lieblingsfilm Grüne Tomaten ist, von mir in eine gewisse Schublade gesteckt, aber Praktikantinnen, die die einzig lustige Stelle in dem Film einfach nicht als solche verstanden haben, sollte man doch dauerhaft wegschließen.
    Ich verzichtete also darauf, Kira etwas über intime Grenzen zu erzählen, sondern sammelte schnellstens die Spiegel wieder ein und ersetzte sie durch Knabberzeug.
    Das ist jetzt eine Stunde her, und alle Chips-Schalen sind längst geleert, bis auf eine.
    »Guck mal, Doki, die Natascha hat gar keine Chips gegessen«, informiert mich Kira über ihre neuesten Beobachtungen, »Meinst du, die ist magersüchtig? Ich frag’ sie mal!«
    Genug innerlich gelacht, ich halte Kira an ihrem Halstuch fest. »Das wirst du nicht tun«, zische ich, und Kira sieht aus, als wenn sie gleich losheulen wollte.
    Ich packe sie an den Schultern und pflanze sie auf den Barhocker, Gesicht zu mir, schnappe mir eines ihrer Apfelbäckchen, um sie zu fixieren: »Kira, ich werde dir jetzt mal ein Geheimnis erzählen, über Jungs und Mädchen.«
    Kira sieht mich an, als hätte ich ihr soeben das ganz große Geheimnis verkündet, nämlich dass Störche gar nicht in der Lage sind, sechs Pfund schwere Säuglinge über eine längere Strecke in einem Tuch zu transportieren. Ich muss hier wohl ganz behutsam vorgehen: »Kira, zwischen dreizehn und siebzehn ist jeder Mensch einfach nur scheiße. Jeder hasst Teenager, und sie sich selbst am meisten. Ihre einzige

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