Betrogen
wollten Ms. Lloyd lediglich ein paar Fragen stellen.«
»Worüber?«
»Sie haben seit gestern Abend nichts mehr von ihr gehört?«
»Nein. Ich habe ihr gesagt, ich würde heute irgendwann bei ihr vorbeischauen, aber nichts Konkretes vereinbart.«
»War sie allein, als Sie gingen?«
»Gegen mein Anraten. Sie hat lange gebadet und wollte sofort ins Bett. Deshalb hat sie mich auch fast hinauskomplimentiert. Meiner Ansicht nach hätte jemand bei ihr bleiben sollen, wenigstens die nächsten Tage. Aber sie ist sehr unabhängig. Wollte nichts davon wissen.«
Tobias verzog keine Miene. Patterson beendete seinen Anruf und berichtete, eine von Melinas Angestellten habe sich erboten, in dem Fitness-Studio anzurufen, in das sie häufig ging.
»Normalerweise lässt sie keine Verabredungen platzen«, fuhr Hennings fort. »Sie ist ein echter Profi. Termine einzuhalten gehört zu ihrem Geschäft. Aber vielleicht ist sie nach allem, was sie durchgemacht hat, nicht ganz auf der Höhe.«
»In welcher Hinsicht?«
»Geistesabwesend. Zerstreut. Wenn sie merkt, dass sie die Verabredung mit Ihnen vergessen hat, wird sie in den Boden versinken. Vielleicht versuchen Sieâs mal mit einem Anruf auf ihrem Handy«, meinte Hennings, der unbedingt den Hilfreichen spielen wollte. »Ich habe die Nummer.«
»Ich auch.« Tobias hatte schon mehrmals angerufen, war aber immer nur bei ihrer Mailbox gelandet.
»Haben Sie auch nur ihre Mailbox bekommen?«, fragte Hennings. »Gillian hat sich schon immer geärgert, weil Melina nie abgenommen hat. Sie lässt ihr Telefon ausgeschaltet, um ihre Kunden nicht zu stören.«
»Sie scheinen sie ja fast so gut zu kennen wie Ihre Verlobte.«
»Die beiden standen einander sehr nah. Wer die eine kannte, kannte fast auch schon die andere. Obwohl ich mich in Gillian verliebt habe, ist Melina für mich inzwischen fast wie eine Schwester. Deshalb möchte ich auch helfen, so gut es geht«, sagte Hennings ernst. »Worum gehtâs eigentlich? Steckt sie in Schwierigkeiten?«
Tobias zog eine Visitenkarte aus seiner Sakkotasche und gab sie dem Börsenmakler. »Sie können helfen, indem Sie mich sofort anrufen, falls Sie von ihr hören.«
»Das ist alles?«
»Zur Zeit, ja.«
»Ich wüsste gerne, was los ist.«
»Wir möchten nur mit ihr sprechen.«
»Sie bleiben mit mir in Verbindung?«, fragte Hennings besorgt.
»Worauf Sie sich verlassen können.«
DrauÃen im Flur meinte Patterson auf dem Weg zum Aufzug: »Lawson hat nicht übertrieben. Er ist ein Ober-Arschloch.«
»Der vor Hilfsbereitschaft über die eigenen FüÃe stolpert.«
»Halten Sie es für eine Lüge, dass er gestern Abend ihr Haus verlassen hat? War er heute Morgen dort?«
»Das weià ich nicht, aber jedenfalls hat er nicht im Gästezimmer geschlafen.«
»Woher wissen Sie das?«
»Er hat blonde wellige Haare.«
»Pardon?«
Tobiasâ Handy klingelte. »Ja?«
»Sie werden mich küssen.«
»Und warum das, Ms. Myrick?«
»Ich habe soeben mit Melina Lloyd gesprochen.«
Â
»Schwarz, einsachtundachtzig groÃ, supertoll gekleidet. Ihre Worte. Sieht hinreiÃend aus. Ebenfalls ein Zitat von ihr. Ein Typ wie Denzel Washington.« Melina beschrieb Chief das ÃuÃere
von Hank Tobias, wie es ihr Lucy Myrick geschildert hatte. »Patterson kennt sie nicht, weil er aus dem Büro in Dallas ist.«
»Und Ihr Patterson hat gelogen, als Sie sich nach seinem Flug von heute Morgen erkundigt haben.«
»Also muss ich vielleicht doch nicht ins Zuchthaus.«
»Ich denke nicht«, bestätigte Chief, »denn unser Tobias war nicht so groÃ, und ein Denzel Washington war er garantiert nicht.«
»Ein Anzug von der Stange, billige Schuhe. Nicht gerade das, was ich als âºsupertoll gekleidetâ¹ bezeichnen würde.«
»Was jemand mit einer persönlichen Modeberaterin beurteilen kann.«
»Würden Sie, bitte, damit aufhören?«
»Ihre Modeberaterin versteht ihr Geschäft.« Seine Augen hingen an ihrem Po. »Passt perfekt.«
Vor einer halben Stunde waren die neuen Sachen geliefert worden. Sie hatte sportliche Kleidung angegeben, und so hatte die Verkäuferin von Neimanâs zwei Hosen und einen Rock mit den jeweils passenden Pullovern geschickt, dazu eine leichte Wolljacke, drei
Weitere Kostenlose Bücher