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Betrogen

Betrogen

Titel: Betrogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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gegangen war. Chief warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »›Bald‹ ist ein dehnbarer Begriff. Er ist schon fast drei Stunden fort.«
    Â»Welcher Sheriff lässt sein Büro unbesetzt?« Durchs Fenster konnten sie sehen, dass drinnen niemand war. »Hat er denn keine Hilfssheriffs?«

    Â»Vielleicht sind die auch auf Streife.«
    Diese unerwartete Verzögerung verärgerte Melina. »Uns bleibt wohl nichts anderes übrig, als drinnen zu warten.«
    Die Tür war unversperrt. Sie gingen hinein. Anscheinend rechnete der Sheriff mit einer kühlen Nacht, denn die Zentralheizung lief. »Nun ja, wenigstens musst du so nicht frieren. Das steht fest.« Chief streifte seine Jacke ab und hängte sie an einen Haken neben der Tür. »Hier drinnen könnte man Plätzchen backen.«
    Es handelte sich um ein kleines quadratisches Büro, von dessen Rückwand ein Flur abging. An einem Schwarzen Brett hingen die üblichen Fahndungsfotos. Eine großformatige Karte des Bezirks bedeckte fast eine ganze Wand. Obwohl Ritcheys ungewöhnlich ordentlicher Schreibtisch den Eindruck erweckte, in diesem Büro fiele nur wenig Papier an, standen drei große Aktenschränke herum.
    Als Chief zu Melina eine Bemerkung über diese untypische Ordnungsliebe machte und sich umdrehte, war sie nicht da. Sie war den Flur hinunterspaziert und erkundete die restlichen Räume. »Was gibt’s denn da hinten?«, rief er.
    Â»Ein kleines Zimmer mit einer Kaffeemaschine, die ein unvorsichtiger Mensch nicht ausgeschaltet hat. Toiletten.«
    Dann ein Schrei und: »Oh nein!«
    Mit einem Satz war Chief im Flur. Dabei knallte er mit dem Ellbogen gegen den Türpfosten. Obwohl es höllisch wehtat und Unterarm und Hand teilweise taub wurden, ließ er sich nicht aufhalten. Binnen Sekunden rannte er mit Riesenschritten durch den Flur. Als er vor einer Einzelzelle abbremste, rutschte er mit den Stiefeln auf dem Fliesenboden aus.
    Melina kauerte unter lautem Weinen auf dem Zellenboden und presste etwas an ihre Brust. »Zum Kuckuck, was ist denn los?« Er kniete sich daneben und legte den Arm um sie. »Melina?«
    Â»Ach, Chief, Chief«, schluchzte sie, »es tut mir ja so Leid.«
    Mit diesen Worten holte sie kraftvoll aus und versetzte ihm
einen Schlag direkt auf den Kopf. Der Gegenstand, den sie in der Hand gehalten hatte, traf genau die Stelle an seinem Jochbein, an der sich die erste dünne Hautschicht über der ursprünglichen Wunde gebildet hatte. Er fiel nach hinten und landete mit gespreizten Beinen unsanft auf seiner Kehrseite. »Scheiße!«, brüllte er und drückte die flache Hand gegen seine Wange, wo der Schmerz explodierte.
    Melina schoss hoch, rannte durch die Zellentür und zerrte sie hinter sich zu. Mit einem lauten metallischen Klick, der durch das leere Gebäude hallte, fiel sie ins Schloss. Sie presste sich an die gegenüberliegende Wand und ließ ihre Waffe fallen: einen Briefbeschwerer aus Messing in der Form New Mexicos, den sie anscheinend vom Schreibtisch des Sheriffs entwendet hatte.
    Obwohl ihm Sterne vor den Augen tanzten, gelang es Chief, sich aufzurappeln. Sein Gesicht blutete, aber das merkte er erst, als er die Gitterstäbe packte und dabei sah, dass seine rechte Hand rot war.
    Â»Zum Teufel nochmal, was machst du da?«, brüllte er.
    Sie atmete heftig bei geöffnetem Mund. Sie war selbst über ihre Tat entsetzt. Man konnte es ihren weit aufgerissenen Augen ablesen, die ihn unverwandt anstarrten. »Ich gehe dort hinauf. Z-zum Tempel.«
    Wie der Insasse einer Irrenanstalt rüttelte er an den Gitterstäben. »Melina, verdammt nochmal, lass mich hier raus.«
    Sie schüttelte verneinend den Kopf und schob sich zentimeterweise auf die Ausgangstür zu. »Zusammen wird man uns nie reinlassen, Chief.« Sie biss sich auf die Unterlippe. Vergebens, das Schluchzen ließ sich nicht unterdrücken. »Es tut mir Leid, dass ich auf dich eingeschlagen habe. Oh Gott, tut mir das Leid.«
    Er krallte sich noch mehr ins Gitter. »Melina –«
    Â»Nein.« Mit letzter Kraft presste sie die Augen zusammen, als wollte sie damit auch ihre Ohren gegen seine Bitten verschließen. »Das muss ich allein tun. Sie war meine Zwillingsschwester. Mein ist die Rache, und… und außerdem will ich
nicht, dass du unter den Folgen leiden musst. Und die werden sicher kommen. Das hast du nicht

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