Betrogen
aufs Kissen gebettet. Eine Wange, ein Auge, ein zierliches Ohr boten sich seinen Blicken dar. Obwohl sie fast unmerklich atmete, konnte er ihren Atem riechen. Wie ein Fächer breiteten sich ihre dunklen Haare seidenglatt übers Kissen.
Neben dem Bett lagen zwei Kleidungsstücke auf dem Boden. Er bückte sich und hob sie auf. Ein Pyjama mit kurzer ärmelloser Jacke, vorne zum Knöpfen. Er streichelte die weiche Baumwolle, die ihre Brüste bedeckt hatte, hob sie ans Gesicht und atmete tief ein. Beim Gedanken, wie sich ihre nackte Haut an diesem Stoff rieb und sich ihre Brüste darunter abzeichneten, wurde ihm schwindelig. Ganz deutlich hätte man ihre Brustwarzen unter dem weichen Stoff sehen können, Brustwarzen, an denen das Baby saugen würde.
Aber jetzt würde es kein Baby mehr geben.
Traurig legte er das Pyjama-Oberteil ans FuÃende des Bettes. Nur die Shorts behielt er in der Hand und knetete sie sachte. Obwohl ihm klar war, dass sie in diesem kühlen Zimmer wohl kaum ihre Körperwärme hatten speichern können, bildete er sich ein, der Stoff sei immer noch warm. Warm und feucht von ihrer Weiblichkeit. Er wendete die Shorts, breitete sie über sein Glied und begann, sich daran zu reiben.
Durch die Stofflagen hindurch konnte er spüren, wie er steif wurde â ein für Dale Gordon einzigartiges Erlebnis. Seit jenem Vorfall im Sportunterricht an der Realschule, als ihm die anderen Jungs die Unterwäsche heruntergezogen und sich über seinen kleinen Penis lustig gemacht hatten, hatte er die Existenz dieses ekelhaften Dings zwischen seinen Beinen geleugnet. Jede Berührung war ihm verhasst, sogar beim Urinieren, oder wenn er es hielt und so lange abschrubbte, bis es sauber war.
Immer wenn er morgens aufwachte und feststellen musste, dass es ihn erneut im Schlaf betrogen hatte, und seine Laken fleckig waren, wäre er am liebsten im Boden versunken. Auch damals war es so gewesen, als Mutter eines Morgens die schlimme Sache entdeckte, die er jede Nacht im Bett trieb. Sie hatte ihn sich selbst so lange schlagen lassen, bis er blutete und von unreinen Gedanken und Taten geläutert war.
Bruder Gabriel hatte Mutter zugestimmt.
Wer das Fleisch befriedigt, ist auf dem Irrweg. Er musste rein bleiben, denn für spirituelle Menschen war die fleischliche Natur tabu. Das hatte ihm Bruder Gabriel erklärt, und diese Wahrheit begriff Dale Gordon jetzt wie nie zuvor. Wenn er nicht vorsichtig war, würde ihn das Vergnügen, das er gerade empfand, überwältigen, sein Urteilsvermögen trüben und seine Mission gefährden.
Und doch fühlte es sich so gut an, wenn er Gillian Lloyds Pyjamahose an sich rieb. Ja, so gut, dass er einfach nicht damit aufhören konnte. Er konnte auch nicht verhindern, dass er in einer Mischung aus animalischer Lust und heiliger Scham dumpf aufstöhnte.
Und genau dadurch wurde sie wach.
Zuerst schlug sie die Augen auf, ohne sich sofort zu regen. Es war, als versuchte sie, sich daran zu erinnern, wo sie sei, und wollte feststellen, was sie aufgeweckt hatte. Dann rollte sie sich hastig auf den Rücken, als hätte sie seine Anwesenheit gespürt.
Sie schrie.
Nicht besonders laut, eher leise, halbherzig. Als ob man ihr die Kehle zugedrückt hätte, noch ehe der Schrei ganz heraus konnte. Als ob der gröÃte Teil noch immer in ihrer Kehle gefangen sei.
»Hallo, Gillian.«
»Was tun Sie hier?«, keuchte sie.
Sie erkannte ihn wieder! Jetzt kannte sie ihn also, kannte sein Gesicht.
Und eines stand fest: Dies war das letzte Gesicht, das sie je sehen würde. Und daran weidete er sich.
6
»Ms. Melina Lloyd?«
Sie war aus tiefstem Schlaf aufgeschreckt, hatte die Bettdecke zurückgeworfen und einen Bademantel gepackt, war aus dem Schlafzimmer gestolpert und hatte rein mechanisch die Eingangstür angesteuert. Sie wollte nur eines: Ãffnen, damit dieses Dauerklingeln aufhörte.
In ihrem benommenen und verwirrten Zustand dauerte es mehrere Sekunden, ehe sie begriff, dass es sich nicht um die Fortsetzung eines Traumes handelte. Stattdessen sah sie sich tatsächlich, in wachem Zustand, mit zwei uniformierten Polizisten aus Dallas konfrontiert. Aus dem Augenwinkel erkannte sie verschwommen ihren Einsatzwagen in der Auffahrt.
»Ms. Lloyd?«
Sie schob sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Ja. Tut mir Leid, aber ich â Was wollen Sie denn?«
»Ich bin Corporal Lewis, und
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