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Betrogen

Betrogen

Titel: Betrogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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festzustellen, wessen Kummer tiefer sei.
    Â»Hast du ihr Büro benachrichtigt?«, fragte er.
    Â»Leider hatten sie es dort schon aus den Nachrichten erfahren.«
    Â»Himmel, das ist bitter.«
    Â»Alle waren am Boden zerstört, wollten aber trotzdem unbedingt helfen. Einige waren sogar noch vor mir zu Hause.«
    Bevor sich Lawson verabschiedet hatte, um Kontakt mit Christopher Hart aufzunehmen, hatte er Lewis und Caltrane gebeten, sie heimzufahren. Trotz Jems Angebot, das selbst zu tun und bei ihr zu bleiben, hatte sie unbedingt allein sein wollen und sich deshalb für eine Fahrt im Streifenwagen entschieden.
    Zu ihrer großen Bestürzung sprach sich der Mord schnell herum. Es waren so viele Freunde, Nachbarn und Kollegen zum Kondolieren eingetroffen, dass Caltrane nur mit Mühe am Straßenrand einen Parkplatz fand.
    Die Trauergemeinde ging hinter ihr ins Haus, wo sie sich im Wohnzimmer versammelte. Eine der Immobilienmaklerinnen meinte: »Melina, vielleicht weißt du ja nicht, dass Gillian gestern ihren größten Geschäftsabschluss unter Dach und Fach gebracht hat.«
    Â»Doch, sie hat mir beim Mittagessen davon erzählt. Ging es dabei nicht um eine Werbefirma?«
    Die junge Frau nickte. »Bevor sie gestern Nachmittag das Büro verließ, haben wir noch mit billigem Champagner darauf angestoßen. Sie wirkte so glücklich. Auf dem Gipfel angekommen, unbesiegbar. Wie hätte sie ahnen können –« Der Satz blieb unvollendet. Weinend brach sie zusammen und musste von einem Kollegen beruhigt werden.
    Dieser Satz sollte sich ständig wiederholen. Gillian Lloyd war hoch angesehen und sehr beliebt, wenigstens so weit man
das aus der Anzahl derjenigen schließen konnte, die entweder vorbeikamen oder am Telefon ihr Beileid aussprachen und sich nach dem Ablauf der Beerdigung erkundigten.
    Die Beerdigung. Wie sollte sie dafür auch nur einen Gedanken finden?
    Ihre Eltern waren so vorausschauend gewesen, diese Dinge in ihrem Testament zu regeln, was ihnen von Gillian und Melina eine Rüge eingetragen hatte, weil sie vom Tod wie besessen zu sein schienen. Eine solche Beschäftigung sei makaber, hatten sie geunkt. Doch als ihre Eltern innerhalb von drei Monaten nacheinander starben, erwies es sich als Segen, dass sie sich um jedes Detail gekümmert hatten. Nach dem Bauchspeicheldrüsenkrebs ihrer Mutter kam der Herzinfarkt ihres Vaters. Jedes Mal hatten die Zwillinge lediglich ein geringes Maß an unumgänglichem Papierkram erledigen müssen, ohne während der Trauerzeit kurzfristig unwiderrufliche Entscheidungen treffen zu müssen.
    Schon der bloße Gedanke, jetzt die Beerdigung ihrer Schwester planen zu müssen, war entmutigend. »Bis die Gerichtsmedizin die – ihren Körper freigibt, kann ich keine endgültigen Pläne machen«, erklärte sie auf alle Nachfragen. »Wann es so weit sein wird, weiß ich nicht. Und ich sollte wohl auch Jem hinzuziehen.«
    Als Gillians Freunde und Kollegen von der heimlichen Verlobung hörten, schienen sie genauso überrascht zu sein wie sie selbst, obwohl sich im Zusammenhang mit den Vorbereitungen für die Beerdigung natürlich jedes Gerede darüber verbot. Sie brachten zwar ihr Erstaunen durchaus zum Ausdruck, vermieden aber taktvoll jede weitere Nachfrage.
    Hauptsächlich versuchte man, ihr klarzumachen, dass sie in ihrer Trauer nicht allein sei, obwohl sich ihre Trauer als Gillians Zwillingsschwester sicher mit keiner anderen vergleichen ließe. Sie hatte Menschen um sich, auf die sie sich stützen konnte.
    Â»Ruf an, Melina, wenn du mich brauchst.«

    Â»Melina, bitte ruf an, wenn du irgendetwas brauchst.«
    Â»Ich bin für dich da. Du weißt ja, letztes Jahr habe ich bei einem Autounfall meine Schwester verloren. So ein Schicksalsschlag ist ungemein grausam. Bitte ruf an, wenn du jemanden zum Reden brauchst.«
    Ihre Freunde meinten es wirklich gut, trotzdem konnte sie sich nicht vorstellen, wie es irgendjemandem gelingen könnte, sie aufzubauen. Sie hatte ihrerseits dafür gesorgt, dass es ihnen besser ging, indem sie ihnen kleine Aufgaben zuwies. Es gab ihnen das Gefühl, nützlich zu sein. Während einer Kaffee kochte und ein anderer den Telefondienst übernahm, entschuldigte sie sich, um zu duschen und sich umzuziehen. Als sie Richtung Schlafzimmer ging, hörte sie ein leises Gespräch darüber, wie gut sie alles verarbeitete und

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