Betrogen
auch nicht darauf geachtet. Warum hätte ich auch?«
»Hat sie irgendjemanden angerufen?«
»Nicht, solange sie bei mir war.«
»Was für den GroÃteil des Abends galt.«
Chief zuckte mit der Schulter. »Ein paar Mal waren wir auch getrennt, also hätte sie vermutlich jemanden anrufen können. Ich habe sie nicht dabei gesehen.«
»Und sie wurde auch nicht angerufen?«
»Auch nicht.«
»Hat sie mit irgendeinem geredet?«
»Klar, mit allen. Türsteher, Parkwächter. Mit jedem Teilnehmer der Pressekonferenz. Mit den Leuten, die während des Banketts neben ihr saÃen.«
»Wirkte einer auffällig? Ungewöhnlich? Einer, der beim Empfang gestern Abend fehl am Platze schien?«
»Nein.«
»Hat sie vielleicht jemanden zufällig getroffen? Einen ehemaligen Schulkameraden? Einen alten Freund? Einen Nachbarn, oder einen Kollegen?«
Chief schüttelte den Kopf. »Nein, nein und nochmals nein.«
»Kam es im Verlauf des Abends zu irgendeinem Zeitpunkt zu einem unguten Wortwechsel zwischen Ihnen und jemand anderem? Oder bei ihr?«
»Nein. Melina«, sagte er plötzlich zu ihr gewandt, »ich weiÃ, Sie haben fest damit gerechnet, dass ich Hinweise geben kann. Tut mir Leid, aber ich kann es nicht.«
»Wenn es etwas gab, was Ihnen aufgefallen wäre, würden Sie sich wieder daran erinnern.« Sie lächelte traurig. »Aber selbst einen merkwürdigen Zwischenfall, worauf Mr. Lawson anspielt, hätten Sie vermutlich gar nicht bemerkt. Das hätte sie geschickt abgebogen.«
»Nichts dergleichen â« Abrupt brach er ab. »Moment mal.«
Sie rutschte an die Stuhlkante. »Colonel?«
»Ich erinnere mich doch an etwas.« Während ihn alle erwartungsvoll
musterten, dachte er noch ein paar Sekunden darüber nach, ehe er sich an Lawson wandte. »Da war so ein Kerl. Im Tacos-Lokal. Er kam gerade heraus, als wir hineingingen. Er hat sie angesprochen, sogar mit Namen. Gillian hat er sie genannt.«
Er schaute zu ihr hinüber. »Melina, sie hat Ihre Rolle verdammt gut gespielt. Obwohl dieser Kerl ihren richtigen Namen benutzt hat, wurde sie keine Sekunde nervös. Auf meine Frage, warum er sie Gillian genannt hat, meinte sie nur, er habe sie offensichtlich mit ihrer Schwester verwechselt.« Rasch tastete er ihre Gesichtszüge ab. »Ich kann verstehen, wie es dazu kommen kann. Jedenfalls hat sie mir bei dieser Gelegenheit von Ihnen erzählt, ihrer eineiigen Zwillingsschwester.«
»Wie hieà er denn?«, fragte Lawson.
»Hat er gesagt, aber â«
»Wie hieà er?«
»Verdammt, ich weià es nicht. Ich hatte nur Augen für â« Sein Blick schweifte zu Jem hinüber, der von seinem Platz in der Zimmerecke aus zuhörte. Chief verwarf den ursprünglichen Satz und fuhr fort: »Auch nachdem er seinen Namen genannt hat, bin ich mir nicht sicher, dass Gillian ihn wiedererkannt hat. Es wurden lediglich Höflichkeiten ausgetauscht. Sie tat das Ganze als Verwechslung ab, und ich verschwendete keinen Gedanken mehr daran. Aber wenn ich jetzt so daran zurückdenke â«
»Was?«
»Vielleicht irre ich mich, Melina, aber meiner Ansicht nach hat er sie beunruhigt.«
»In welcher Hinsicht?«, wollte Lawson wissen.
Chief schüttelte den Kopf. »Bin mir nicht sicher. Ich habe nur das Gefühl, dass er ihr irgendwie unter die Haut gegangen ist. Mir jedenfalls ist es so gegangen. Ein seltsamer Typ.«
»Wieso?« Lawson hatte seinen Notizblock gezückt und hielt den Kugelschreiber bereit.
»In erster Linie wegen seines Aussehens.«
»Beschreiben Sie ihn.«
»GroÃ. Blass. Sehr hager. Trug eine Brille. Die Gläser waren so dick, dass sie seine Augenform verzerrten. AuÃerdem war sie ihm auf die Nase gerutscht. Aber das Seltsame war nicht so sehr sein ÃuÃeres, sondern sein Verhalten. So, wie er Gillian ansah.«
»Wie hat er sie angesehen?«
»Als ob â« Er rang um die richtigen Worte. »Als hätte ihn ihr Anblick an diesem Ort schockiert, vielleicht sogar ein wenig enttäuscht. Besonders in â« Er zögerte, beendete aber nach einem raschen Blick auf Jem den Satz. »Meiner Begleitung.«
Nachdenklich meinte Lawson: »Und Sie sind sicher, dass er sie für Gillian gehalten hat?«
»So hat er sie jedenfalls angesprochen«, erwiderte Chief. »AuÃerdem
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