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Betrogen

Betrogen

Titel: Betrogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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diese Sache gemeinsam verwickelt waren  – egal, was dahinter stecken mochte –, und dass er eine Weile bleiben würde. Beides löste in ihr widersprüchliche Empfindungen aus: einerseits tröstliche, andererseits war sie ziemlich verwirrt.
    Tröstliche, weil sie nur allzu gerne einen Bundesgenossen hatte, einen intelligenten Menschen, der sich unter Kontrolle hatte. Einen, der nicht einmal im verletzten Zustand in Panik geriet, sondern einen kühlen Kopf behielt. Einen, der wie sie über diesen Mord empört war und vielleicht sogar ihre Schuldgefühle teilte.
    Verwirrt, weil es sich dabei um Chief Hart handelte, dessen bloße Anwesenheit bereits genügte, um in ihr ein prickelndes
Gefühl auszulösen. Wenn er, wie momentan, in ihrer Nähe war, reagierte ihr Körper auf eine Art und Weise, die sie verlegen machte. Zum Beispiel bekam sie zittrige Finger und konnte erst nach zwei gescheiterten Versuchen einen weiteren Leukoplast-Streifen über den Verband kleben.
    So hautnah war sie ihm noch nie gewesen. Ihr wurde nur allzu sehr bewusst, dass sie zwischen seinen Schenkeln stand, so nah zu seinem Gesicht gebeugt, dass sie ihn fast berührte und sich sogar danach sehnte.
    Als das Pflaster klebte, zog sie hastig ihre Hand weg und trat einen Schritt zurück. Nur mit Mühe konnte sie den Impuls unterdrücken, ihre feuchten Hände am Bademantel abzuwischen, oder sich an den Hals zu fassen, oder sonst eine nervöse Bewegung zu machen, die ihm möglicherweise signalisiert hätte, dass sie wie ein alberner Teenager auf ihn reagierte.
    Â»Versuchen Sie, noch ein wenig dagegenzudrücken«, sagte sie.
    Er stand auf und musterte das Ergebnis ihrer Bemühung im Spiegel, wobei er vorsichtig den Verband berührte. »Danke.«
    Â»Was machen wir mit Ihrem Auge?«
    Â»Vielleicht ein bisschen Eis darauf.«
    Â»Bin gleich wieder da.«
    Wieder humpelte sie in die Küche. Vorsichtig lief sie auf Zehenspitzen um die größeren Glasscherben herum und hoffte, nicht auf die kleineren zu treten, die sie im Dunkeln nicht sehen konnte. Seit seiner Bemerkung über sie beide als Zielscheibe hatte sie Wahnvorstellungen. Deshalb ließ sie die Deckenleuchte aus, füllte aus dem Spender am Kühlschrank Eisstückchen in einen verschließbaren Plastikbeutel und wickelte ihn in eines der wenigen Geschirrtücher, das noch keine Blutflecken hatte.
    Kaum kam sie wieder ins Schlafzimmer, rief er: »Hier.« Er lag in einem Sessel in einer dunklen Zimmerecke. Ein Bein hatte er auf den passenden Schemel gelegt, das andere stand
noch auf dem Boden. Seine Jacke hing über seinem Knie. Er sah völlig erschöpft aus.
    Â»Sie fühlen sich beschissen, stimmt’s?«
    Mit einem ironischen Grinsen griff er nach dem behelfsmäßigen Eisbeutel und legte ihn sich aufs Auge. »Um mich beschissen zu fühlen, muss es mir erst mal besser gehen.«
    Sie hob die Jacke von seinem Knie, schüttelte die Regentropfen ab und hängte sie an den Türgriff. Anschließend wandte sie sich wieder ihm zu und fragte: »Möchten Sie ein Handtuch für Ihre Haare?«
    Â»Die trocknen schon wieder.«
    Â»Noch mehr Verletzungen, die man nicht sieht? Geprellte oder gebrochene Rippen? Eine Beule am Kopf? Gehirnerschütterung? Innere Blutungen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nur das, was man sieht.«
    Â»Sollten Sie zur Sicherheit nicht in die Notaufnahme?«
    Â»Sie machen Blutspuren auf Ihrem Teppich.«
    Jetzt sah sie die Flecken, die sie im Schlafzimmer gemacht hatte. »Ich bin in eine Scherbe getreten.«
    Â»Die Strafe dafür, dass Sie mich mit dieser zerbrochenen Flasche bedroht haben.«
    Â»Ich hatte doch keine Ahnung, dass Sie es waren. Normalerweise läuten meine Besucher an der Haustür und brechen nicht durch die Hintertür ein.«
    Â»Was ist mit Ihrem Fuß?«
    Â»Das Glas steckt noch in der Ferse.«
    Â»Sie sollten sich mal darum kümmern.«
    Â»Aber ich will hören –«
    Er hörte gar nicht zu. Ihm waren die Augen zugefallen. Vielleicht wirkte die Schmerztablette doch stärker, als sie gedacht hatten. Vielleicht war er aber auch einfach nur erschöpft.
    Im Badezimmer setzte sie sich auf den Toilettendeckel und legte das Bein übers Knie, um die Ferse zu untersuchen. Der Glassplitter war so groß, dass sie ihn sehen und mit einer Pinzette herausziehen konnte. Der Fairness halber

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