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Betrügen lernen

Betrügen lernen

Titel: Betrügen lernen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Bartens
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einfach den Laufpass gegeben.«
    Nun gut, denkt sich Clara, jetzt also auch Sophie und Ludger. Jahre der Ignoranz, der Affären und Jahre der besonders großen und kleinen Gemeinheiten im Alltag haben ein Ende. »Das war ja absehbar«, sagt Clara.
    »Aber die Kinder sind doch noch so klein. Und du wirst nicht glauben, mit wem sie jetzt zusammen ist.«
    »Richard, Frank, Robert? Die waren doch alle hinter ihr her«, sagt Clara eher gelangweilt als interessiert. Sophie hat schon zu Studienzeiten immer wieder Hormonkrisen in größeren Männeransammlungen ausgelöst.
    »Das ist es ja gerade, sie hat keinen von den üblichen Verehrern auserwählt. Auch keinen, den wir nicht kennen. Sie interessiert sich überhaupt nicht mehr für Männer und ist jetzt lesbisch geworden.«
    »Je nun, das ist doch wohl nichts, was uns noch schockieren kann«, sagt Clara. »Wir leben doch nicht mehr in den Fünfzigern.«
    »Sie kann ja von mir aus machen, was sie will. Aber muss sie ihre neue Freundin gleich zu eurem Fest mitbringen?«, fragt Dorothee.
    »Wo ist das Problem?«
    »Das müssen wir doch besprechen, schon wegen der Sitzordnung, die bunte Reihe geht dann jedenfalls gar nicht mehr auf, wenn wir einen solchen Frauenüberschuss haben.«
    »Nimm es als ein Zeichen dafür, dass wir älter werden – Frauen haben sowieso eine längere Lebenserwartung als Männer«, sagt Clara, »diese Tendenz kann man eben auch schon erkennen, wenn man erst um die 40 ist.«

Immer vorbereitet
    Clara ist ein paar Tage auf Fortbildung, die Kinder hat sie noch bei ihren Eltern gelassen. Ich habe in dieser Zeit also das, was unsere Elterngeneration eine sturmfreie Bude genannt hat. Ich genieße es sehr, unbestimmt in den Tag zu leben, nichts zu planen und mir nichts vorzunehmen. Ich räume nicht auf, ich lasse Zeitungen und Wäsche dort, wo ich sie zuletzt gebraucht habe. Abends mache ich es mir schön. Schön gemütlich. Ich koche eine Packung Nudeln mit Soße, und wenn ich übermütig bin, mache ich auch mal eine Dose Ravioli auf.
    Nur die Spülmaschine schalte ich ab und zu an, damit es in der Küche nicht anfängt zu stinken. Ich bin wenig zu Hause, treffe mich mit Freunden, gehe ins Kino, mache viel Sport, und deshalb sieht die Wohnung trotz meiner nachlässigen Haushaltsführung immer noch ziemlich passabel aus. Manche Räume habe ich während der ganzen Woche überhaupt nicht betreten.
    Clara ruft an, dass sie überraschenderweise doch schon einen Tag früher zurückkommen will als geplant. Sie wird zwar erst am späteren Nachmittag zu Hause sein, aber ich bin trotzdem schon am Morgen etwas unruhig und will mein Freizeitprogramm nicht zu ausführlich gestalten, denn ich habe ja noch viel im Haus zu tun. Zuerst fange ich mit der Küche an und wische Saftflecken, Krümel und Fettspritzer weg. Wenn Töpfe in der Spülmaschine fertig gespült sind, stelle ich sie, sobald ich allein bin, immer auf den Herd. Da braucht man sie ja auch wieder. Das mag Clara überhaupt nicht, also stelle ich die Töpfe ordentlich in den Schrank zurück. Für sie.
    Ich wechsele sogar den Spülschwamm aus und ordne die Sets für den Esstisch. Sie sieht Spülschwämme vor allem als hinterhältige Bakterienschleudern an und will den Tisch schonen, indem sie immer Sets unter die Teller legt. Ich verstehe das nicht, denn der Tisch ist aus schönem Massivholz, und wenn die Sets darauf liegen, sieht man kaum noch etwas davon. Trotzdem rolle ich die Sets auseinander und dekoriere damit den Esstisch, so, wie sie es tut. Ich werfe die Stadtteilblätter und Werbebroschüren weg, die auf dem Küchentisch liegen, sortiere faules Obst aus, bringe den Müll raus, räume ein paar Stapel im Keller auf und ein paar andere Stapel im Keller hin und her, betrachte mein Werk und sehe, dass alles, alles gut ist.
    Auf diese Weise gehe ich alle die Räume systematisch durch, die ich in den vergangenen Tagen benutzt habe, und stelle mir vor, was sie vielleicht noch stören könnte, mir aber bisher nicht aufgefallen ist. Das kann so viel sein! Ich nehme den Staubsauger, nicht etwa, um die ganze Wohnung zu saugen, so dreckig ist sie nun auch wieder nicht, sondern nur für das Badezimmer. Auf den weißen Fliesen sieht man Scham- und andere Körperhaare ziemlich gut, und da ich kein glatt rasierter Leistungsschwimmer bin, sondern gelegentlich spontan haare, hinterlasse ich deutliche Spuren, die Clara sehr stören. Ich bin stolz, dass ich daran gedacht habe.
    Ich komme mir vor wie einer dieser

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