Betrug beim Casting
können. Die hat Marie leider nicht. Trotzdem will sie weitermachen. Ich bewundere sie sehr dafür. Wer weiß, wie es mir ginge, wenn ich an ihrer Stelle wäre. Daran darf ich gar nicht denken.
Bei unserer Krisensitzung ist leider nichts Großartiges herausgekommen. Wir waren uns nur einig, dass wir gemeinsam weiter ermitteln. Und Marie hat darum gebeten, dass sie nicht Ramonas Mutter beschatten muss, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt. Das haben wir ihr natürlich zugestanden. Dieses Wochenende haben Franziska und ich eh keine Zeit, uns mit Ramonas Mutter zu beschäftigen. Wir schreiben beide eine Mathearbeit, und weil Franzi keinen blassen Schimmer hat, lernen wir zusammen und ich helfe ihr ein bisschen.
Mein Krimiroman verstaubt inzwischen in der Schublade. Seit unser neuer Fall begonnen hat, habe ich keine einzige Zeile mehr geschrieben. Im Schreibworkshop vom Jugendzentrum war ich auch schon zwei Wochen nicht. Hoffentlich ist die Schreibkrise bald vorbei, und hoffentlich geht unser Fall bald weiter. Meine Laune ist eh schon im Keller, und ich esse zurzeit wieder viel zu viel Schokolade!
Noch nie war es Marie so schwer gefallen, in die Schule zu gehen. Normalerweise machten ihr die Stunden Spaß, und in der Pause hatte sie ihre Clique, mit der sie quatschen konnte. Und dann gab es ja auch noch Ramona … Aber seit der Sache mit ihrer Mutter schaffte Marie es einfach nicht, so zu tun, als wäre nichts. Erzählen durfte sie Ramona auch nichts, sonst gefährdete sie die Ermittlungen der drei !!!. Also tat sie etwas, was sie sonst nie tat: Sie ging Ramona aus dem Weg und verbrachte die meiste Zeit der Pause auf dem Flur der Fünftklässler, wo sich sonst kein Achtklässler aufhielt. Auch heute am Freitag drückte sie sich wieder dort herum.
Doch plötzlich hörte sie Ramonas Stimme. »Marie, hallo!«
Zögernd drehte sie sich um. »Ja?«
Ramona lachte. »Langsam glaube ich, du rennst vor mir davon. In den letzten Tagen hab ich dich überall gesucht.«
Marie wusste nicht, was sie sagen sollte. »Ich wollte … ein bisschen allein sein.«
»Ja, klar«, sagte Ramona. »Du bist immer noch gefrustet wegen des Castings. Kann ich dir irgendwie helfen? Willst du dich bei mir ausheulen? Kein Problem!«
Marie schüttelte den Kopf. Dass Ramona so lieb zu ihr war, nagte noch mehr an ihrem schlechten Gewissen. »Nein, schon gut!«
»Komm, ich spendier dir eine Quarktasche«, sagte Ramona.
»Ich hab keinen Hunger«, murmelte Marie. »Ein andermal total gern. Du, sei mir nicht böse, aber ich muss ganz dringend aufs Klo.« Und bevor Ramona vorschlagen konnte mitzugehen, machte Marie auf dem Absatz kehrt und rannte davon.
»Warte!«, rief Ramona ihr hinterher, aber Marie drehte sich nicht mehr um.
Sie hetzte über den Pausenhof hinüber zum Mehrzweckbau. Dort waren die Räume für den Kunst- und Musikunterricht untergebracht, und auf die Toilette im zweiten Stock verirrte sich kaum jemand während der Pause. Marie nahm auf der Treppe immer zwei Stufen auf einmal, rannte zur Mädchentoilette und riss die Tür auf. Dann sperrte sie sich in eine Kabine ein, klappte den Klodeckel herunter und wartete, bis sich ihr Puls langsam wieder beruhigte.
So konnte es nicht weitergehen! Sie konnte Ramona nicht ewig ausweichen. Aber was sollte sie tun? Die Lage war so dermaßen verfahren, und es gab einfach keinen Ausweg. Marie stützte die Ellbogen auf die Knie und seufzte.
Da ging die Tür auf, und sie hörte, wie zwei Mädchen kichernd hereinkamen. Der Wasserhahn rauschte, dann klackerte der Seifenspender.
»Meine Foundation hat schon wieder versagt«, sagte die eine. »Ich muss mir unbedingt eine neue zulegen.«
Marie horchte auf. Die Stimme kam ihr irgendwie bekannt vor.
»Leihst du mir mal deinen Lippgloss?«, fragte die andere.
»This lipgloss is for you!«, fing die erste spontan an zu trällern.
Da machte es klick! bei Marie. Diese schräge Stimme würde sie nie vergessen. Das war Jette, und die andere war Julia! Die hatten gut lachen. Bestimmt waren sie nur weitergekommen, weil Michael Martens fand, dass sie »toll« aussahen. Als ob sie nicht auch hübsch gewesen wäre, aber Michael schien wohl eher auf grell geschminkte Schönheiten zu stehen.
»Ich kann es kaum erwarten, bis die zweite Runde anfängt«, sagte Jette. »Nächsten Freitag ist es endlich so weit, und wir kommen auch gleich um 14 Uhr dran.«
Julia stöhnte: »Hör bloß auf! Ich hab jetzt schon Lampenfieber.«
»Wieso denn?«, fragte Jette und
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