Betthupferl: Roman (Fraueninsel-Reihe) (German Edition)
vorsprechen. Dieses Casting ist eine super Chance für sie, nachdem es hier ja nicht so great lief in der letzten Zeit. Aber sie sagt, sie ist too nervous , um ohne mich nach Hollywood zu fliegen. Kein guter Zeitpunkt, um ihr von uns zu erzählen.« Oliver beugte sich so nahe zu mir herunter, dass ich sein Rasierwasser auf der glatten, gebräunten Haut riechen konnte. »Das verstehst du sicher, mein kleiner Dreckspatz.«
Er leckte seinen Zeigefinger ab, um mir etwas Politur von der Backe zu wischen, aber der Dreckspatz wich beleidigt einen Schritt zurück. Erstens weil ich alles war, bloß kein Dreckspatz, und zweitens weil ich fand, dass das mit Lila echt zu weit ging.
»Du fliegst mit Lila in die USA? Das hast du jetzt nicht ernst gemeint, oder?«
Oliver ließ sich in seinen Chefsessel fallen und legte gelassen die Beine hoch.
»Reg dich doch nicht auf, Süße«, versuchte er mich zu beruhigen und wischte mit seinem feuchten Zeigefinger einen Fleck von seinen glänzenden Lederschuhen. »Es ist ja nicht so, dass ich dich nicht mitnehmen will, aber es ist besser, ich kümmere mich erst einmal um Lila. Du weißt ja, wie labil sie ist. Du kannst inzwischen hier die Stellung halten.«
»Ist das dein letztes Wort? Du fährst, und ich soll hierbleiben?«
»Jetzt relax doch mal, Schatzi«, Oliver zuckte mit den Schultern, immer noch ziemlich entspannt. »Lila bekommt die Rolle sicher, und dann hat sie auch wieder mehr Selbstbewusstsein. Und sobald sie ihren Job erledigt hat, sage ich ihr Bescheid. Komm doch einfach ein bisschen später nach.«
»Hm«, machte ich wenig begeistert, kurz vor dem Explodieren. »Entschuldige mich kurz!«
Ich lief die Treppen zur Werkstatt hinunter und nahm ganz automatisch das oberste der weichen weißen Tücher, die sorgfältig zusammengelegt auf dem kleinen Metallschrank lagen, und knetete es mit beiden Händen zu einem kleinen Knäuel. Wütend rubbelte ich dem Cadillac damit immer wieder über die Heckflosse, obwohl sie schon so glänzte, dass ich mein gestresstes Gesicht darin erkennen konnte. Okay. Wer hatte hier die besseren Karten? Leider Oliver. Bisher hatte ich es immerhin nach München geschafft, aber dass die Verkaufsleitung noch nicht das Ende der Fahnenstange war, wusste ich selbst. Schließlich hatte Oliver beim Vorstellungsgespräch zu mir gesagt, mit der richtigen Einstellung könnte ich bei ihm ein paar Sprossen auf der Karriereleiter einfach überspringen. Na ja, und dann hatten Oliver und ich unser geschäftliches Verhältnis auf dem Teppichboden neben seinem Schreibtisch fortgesetzt, und ich war ziemlich schnell da, wo ich hinwollte, nämlich in der Verkaufsleitung, und mit einem Fuß in Olivers Penthouse und dem anderen auf dem Gaspedal seines Porsches. Wenn nur die klammernde Lila nicht wäre.
Nachdenklich marschierte ich durch die Werkstatt und ließ die Finger über die Motorhauben gleiten. Eine silberne Corvette, ein knallgelber Ferrari, ein Jaguar und der Benz der Stöckls parkten eng nebeneinander. Ich konnte natürlich die nächsten Tage durcharbeiten wie so oft, aber wollte ich das? Während mein Chef seiner Beinahe-Exfrau half, ihre Beautyköfferchen in einem kalifornischen Taxi zu verstauen? Eigentlich sollte ich Oliver beweisen, dass ich ihn nicht brauchte, und ebenfalls auf einen Kurzurlaub verschwinden. Aber wohin? Und vor allem, mit wem?
Ich schlang die Arme um mich und lehnte mich an meinen Spind. Außerdem würde ein Urlaub eher so wirken, als wäre ich beleidigt. Und das wäre ungeschickt. Es müsste also etwas Sinnvolles sein, etwas, das schnell ging, meinem Image guttat, und mich nicht viel kostete …
»Na Süße, was macht der Blutdruck? Wieder normal?«, begrüßte mich Oliver fünf Minuten später mit einem breiten Lächeln.
»Aber ja!« Ich steckte das Handy weg, auf dem ich der erfreuten Anneliese gerade meine Entscheidung mitgeteilt hatte, und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
»Ende Dezember sehen wir uns in L.A., und ich halte hier die Stellung. Aber du hast sicher nichts dagegen, wenn ich mir am Samstag freinehme!«
»Du bist ja putzig! Du willst wirklich auf die Fraueninsel, dein altes Tantchen retten?«, fragte mich Oliver mit einem leicht spöttischen Lächeln im Mundwinkel.
»Dieter«, rief ich statt einer Antwort laut Richtung Werkstatt. »Kannst du mich vertreten? Ich muss am Wochenende auf der Fraueninsel was erledigen!«
»Ja, bist du gelähmt! Das ist tatsächlich die Josepha.«
In Tante Caros Dachzimmerchen steht
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