Betthupferl: Roman (Fraueninsel-Reihe) (German Edition)
dir, der klingelt!«, ruft Kati aus der Zimmerecke. Ich schaue selig in die Runde meiner neu gewonnenen Inselfreunde und weiß auf einmal, was ich tun werde. Ich werde Oliver einfach Tante Caro vorstellen, er ist viel zu charmant, um in ihrer Gegenwart etwas vom Haus und meinem Erbe zu sagen. Ein sensationell guter Moment also, um ihm zu erzählen, dass Tante Caro wohlauf ist, und ihm auch gleich alle meine neuen Freunde vorzustellen. Und der Rest wird sich schon ergeben, rede ich mir ein, setze mich abseits aufs Sofa und klicke auf den Telefonhörer. Die Verbindung steht, ich sehe auf einem Tisch Olivers Headset liegen, aber von ihm ist nichts zu sehen, er holt sich sicher ein Bier. Ich beschließe, mir zum Gespräch ebenfalls noch ein Gläschen Winnetou Spritz zu genehmigen, und stehe noch einmal auf. Während mir David eine neue Flasche Weißwein entkorkt, höre ich aus dem Hintergrund Olivers Stimme.
»Hi Joe, bist du da? Endlich erreich ich dich mal, I like !«, brüllt er viel zu laut, und seine Stimme hallt durch die große Küche. Ich fahre herum und mache mich auf den Weg zurück zum Laptop, der mit der Webcam zur Sofaecke steht, sodass Oliver nicht sehen kann, dass die Bude voll ist. Mit Leuten, die alle aufhören zu essen und zu trinken und sich neugierig zur Geräuschquelle umdrehen.
»Na, habt ihr die Leiche endlich gefunden? Es wird nämlich höchste Zeit, dass wir die Bude versilbern. Ich habe mit Lila geredet – sie gibt mich frei, aber sie will bald Bares sehen!«
Leiche gefunden? Hilfe, was redet der da? Ich bin endlich um Tante Caros Bett herum und hechte zum Sofa, aber Oliver hat noch eine Sekunde Zeit, weiterzusprechen.
»Am besten bringst du die Kohle gleich mit nach L.A., wenn du dich am zweiundzwanzigsten Dezember in den Flieger setzt. Flug hab ich schon für dich gebucht. Du bist also schon so gut wie meine Teilhaberin.«
Ich knalle den Laptop zu, und es ist endlich Ruhe. Hinter mir ist es totenstill geworden, und ich starre aus dem Fenster, als würde mir jemand eine Schrotflinte ins Kreuz drücken. Und als ich mich endlich umzudrehen traue, ist die Stimmung bereits gekippt.
»Leiche?«, fragt Tante Caro in die Stille und schafft es, sich aus eigener Kraft aufzusetzen. »Welche Leiche?«
Kati ist die Erste, die aufsteht.
»Teilhaberin? Mit der Kohle vom Haus? Kannst du mir sagen, was der Unterschied sein soll zwischen dir und dem Bergmann? Du bist keinen Deut besser!«
»Bleibt doch da, ich kann euch das erklären! Ich wollte Oliver heute sagen, dass ich das Seeblick niemals verkaufen werde.«
»Heute? Ah geh, freilich!« Kati lacht ironisch auf und geht. Ihr folgen Boni, der Leutheuser Hans und alle restlichen Insulaner. Keiner bleibt stehen, um sich zu verabschieden. Die Haustür klappt auf und zu, und nur Helga bleibt vor mir stehen, um mir vorwurfsvoll ins Gesicht zu sehen: »Die Insulaner brauchen lange, bis sie jemandem vom Festland vertrauen. Und in Zukunft werden sie noch länger brauchen.« Sie wird von zwei großen Männerhänden zur Seite geschoben, und ich rufe vergeblich: »Warte doch!« und erwische ein Stück von Bastis Weste.
»Ich habe es nicht wegen dem Geld gemacht! Ehrlich nicht! So ein Haus, das verkauft man doch nicht, das lebt man!«
Mit einer kleinen Drehung macht der Schmied sich los, sein neuerdings glattes Lausbubengesicht vor Wut verzerrt. Ich ducke mich instinktiv und wünsche mir den wilden Bartwuchs zurück.
»Das brauchst du mir nimmer erzählen, ich will eh nichts von dir!«
»Aber«, ich suche verzweifelt nach den richtigen Worten, um alles wieder einzurenken, »warum warst du dann mit mir im Bett?«
»Damit ich nicht die ganze Zeit an die Simone denken muss!«
Das wiederum ist jetzt zu viel für mich, und ich kneife die Augen zusammen, zutiefst getroffen, drehe mich um und renne zurück ins Haus, wo nur noch Anneliese an Tante Caros Bett sitzt. Ich stürze die Treppe hoch, setze mich auf mein Bett und heule erst mal Rotz und Wasser.
Eine halbe Stunde später bin ich mit meinem Koffer zurück, um mich zu verabschieden. Tante Caro sitzt aufrecht im Bett, mit ein paar Kissen im Rücken und einem so entknitterten Gesicht, als wäre es in den letzten Stunden von innen aufgepolstert worden. Sie sieht inzwischen wieder aus wie eine verschmitzte alte Dame und nicht mehr wie eine Greisin in den letzten Zügen. Und sie ist anscheinend die Einzige, die mir nicht böse ist.
»Endlich rührt sich wieder was in meinem Leben«, ruft sie. »Danke,
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