Bettler 01 - Bettler in Spanien
thermonuklearen Reaktionen veranlaßt, die Cepheiden-Variablen… )
Miri wusch sich Hände und Gesicht. Sie zog frische weiße Shorts an und band sich eine rote Schleife ins dunkle Haar. Trotz ihrer unentwegten Zuckungen hielt sie die Lippen fest aufeinandergepreßt. Sie brauchte nicht nachzudenken, wer dafür in Frage kam. Sie wußte es bereits und wußte auch, daß sie es wußte, und kannte alle Implikationen des Bereits-Wissens (Dunkelheit, Fülle, mit den Händen zwischen den Beinen auf dem Bauch liegen – unter den GenMod-Sojapflanzen, die miteinander ein bogenförmiges Versteck bildeten, oder auf dem Boden des Labors).
Sein Name war David Aronson. Er war drei Jahre älter als sie, ein NormalSchlafloser, aber ziemlich intelligent, der inbrünstig an den Schwur von Sanctuary und an die Führerschaft von Miris Großmutter glaubte. Er hatte lockiges Haar, genauso dunkel wie das von Miri, aber sehr hellgraue Augen mit schwarzen Wimpern, und außerdem lange Beine; mit achtzehn waren seine Schultern so breit und kräftig wie die eines erwachsenen Mannes. In ihrer vollen, beweglichen Festigkeit wirkten seine Lippen wie modelliert. Miri hatte die letzten sechs Monate damit verbracht, diesen Mund anzusehen.
Sie fand ihn dort, wo sie ihn erwartet hatte: bei den Anlegedocks für den Pendelverkehr zur Erde, wo er auf den Bildschirmen mit Hilfe des Computers entworfene Konstruktionspläne studierte. In zwei Monaten würde er zum erstenmal die Orbitalstation verlassen, um in Stanford sein Technikstudium abzuschließen.
»Hallo, Miri.« Er hatte eine tiefe, etwas rauhe Stimme. Das Rauhe daran gefiel Miri sehr. Sie konnte keinen wie immer gearteten Grund dafür entdecken.
»D-D-David, ich m-m-möchte d-d-dich etwas f-f-fragen.«
Er wandte die Augen in ihre Richtung, aber sein Blick blieb auf dem Hologramm seiner Konstruktionspläne hängen, ehe er Miri erreichte. »Und was?«
Sie hatte keine Probleme damit, ohne Umschweife zu reden; ihre Kommunikationsprobleme steckten einzig und allein in den – verglichen mit ihrer unendlich komplizierten Gedankenwelt – primitiven Ausdrucksmöglichkeiten einer noch dazu nur mit Mühe einsetzbaren Sprache. Sie war daran gewöhnt, die Dinge für die Normalen soweit wie möglich zu vereinfachen. Und das hier war an sich schon eine einfache Angelegenheit; Miri fand, es paßte ganz ausgezeichnet – und wie kaum sonst etwas – in die engen Grenzen der Sprache.
»M-M-Möchtest d-du S-S-Sex m-m-mit m-m-mir?«
David richtete sich kerzengerade auf. Farbe stieg ihm in die Wangen. Er fuhr fort, haarscharf an ihr vorbeizusehen. »Tut mir leid, Miri, aber das geht nicht.«
»W-W-Weshalb?«
»Ich habe schon eine Geliebte.«
»W-W-Wen?«
»Findest du nicht, daß das nur mich etwas angeht?«
Er klang abweisend und kühl. Miri hatte keine Ahnung, warum. Nichtkommerzielle Informationen standen doch der Gemeinschaft zur Verfügung, und was für eine Information konnte harmloser sein als diese? Sie war daran gewöhnt, daß Fragen beantwortet wurden. Und wenn nicht, dann war sie daran gewöhnt, den Grund dafür herauszufinden. »W-W-Warum w-w-willst d-d-u m-mir n-nicht s-s-sagen, w-w-wer es ist?«
David rückte ostentativ näher an den Bildschirm heran. Sein schöner Mund wurde hart. »Ich meine, dieses Gespräch ist damit beendet, Miri.«
»W-W-Warum?«
Er antwortete nicht. Die Fäden ihrer Gedanken verhedderten sich plötzlich und zogen sich zu wie eine Schlinge. »W-W-Weil ich h-h-häßlich b-bin? W-W-Weil ich z-z-z-zucke?«
»Ich sagte, das Gespräch ist zu Ende!«
Frustration, Verlegenheit und Ärger siegten über die Höflichkeit, und er bedachte Miri schließlich mit einem direkten Blick, ehe er davonstakste. Miri kannte den Blick; sie kannte ihn vom Gesicht ihrer Mutter, unmittelbar bevor Hermione sich abwandte, um sich an einem Bildschirm, einer Tasse Kaffee oder einem anderen Gegenstand, der ihr gerade gelegen kam, zu schaffen zu machen. Es war Miri auch bewußt, daß sie selbst die Ursache für diese Frustration, für die Verlegenheit und den Ärger war, und daß sie in David gerade so viel davon hatte entstehen lassen, um seine Unhöflichkeit zu rechtfertigen. Er wollte sie nicht, und sie war nicht berechtigt, ihn zu drängen – aber das einzige, was sie gewollt hatte, waren Antworten! Indem sie ihn drängte, hatte sie sich nur selbst erniedrigt. Er wollte sie nicht. Sie zuckte, ihr Kopf war zu groß, sie stotterte, sie war nicht hübsch wie Joan. Kein Normaler würde sie je
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