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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Rücken aus dem Zimmer.
    »R-R-Raus!« schrie Miri dem Arzt zu, den Schwestern und ihrer Mutter, die direkt neben der Tür stand. Hermione machte eine schwache Handbewegung, und sie ließen Miri allein. Mit Tony.
    »N-N-Nein!« flüsterte sie Tony zu. Ihre Hand krampfte sich um die seine. »Ich w-w-w-werde es n-n-nicht…« Die Worte wollten nicht kommen. Nur Gedanken. Und auch die Gedanken nicht in komplexen Fadengebilden. Nur in der geradlinigen, engen Bahn der Angst.
    Ich werde es nicht zulassen. Ich werde mich mit aller Kraft zur Wehr setzen. Ich bin ebenso stark wie sie und dazu klüger, wir sind SuperS, ich werde kämpfen um dich! Ich erlaube es nicht! Sie können mich nicht davon abhalten, dich zu beschützen. Niemand kann mich aufhalten…!
    Jennifer Sharifi stand in der Tür.
    »Miranda.«
    Miri trat um das Fußende des Bettes herum, bis sie zwischen ihrer Großmutter und Tony stand. Sie bewegte sich langsam und zielstrebig und wandte keine Sekunde lang den Blick von Jennifers Gesicht.
    »Miranda. Er leidet.«
    »L-L-Leben ist L-L-Leiden«, sagte Miri und erkannte ihre eigene Stimme nicht. »U-U-Unumg-gängliche N-N-Notwendigk-keit. H-H-Hast d-du s-selbst g-g-gesagt!«
    »Er wird nie wieder gesund.«
    »D-D-Das k-k-kannst d-d-du d-d-doch n-n-nicht w-wissen! N-N-Noch nicht!«
    »Wir sind ganz sicher.« Jennifer trat mit raschen Schritten ins Zimmer. Miri hatte noch nie gesehen, daß sich ihre Großmutter so rasch bewegt hätte. »Glaubst du nicht, daß ich ebenso fühle wie du? Er ist doch mein Enkelsohn! Und ein Super dazu, einer der wenigen kostbaren SuperS, die wir haben und die in ein paar Jahrzehnten unendlich wichtig sein werden für uns, dann, wenn wir es wirklich nötig haben werden, weil wir immer weniger Nachschub von der Erde bekommen und uns Quellen erschließen müssen, von denen wir jetzt noch nicht träumen! Wir werden die finanziellen Mittel und die GenMod-Technik und ihre Anwendungen brauchen, um dieses Sonnensystem zu verlassen und uns anderswo niederlassen zu können, wo wir schließlich in Sicherheit sein werden. Dafür brauchten wir Tony, für die Sterne… Wir brauchen jeden einzelnen von euch! Glaubst du nicht, daß es mir ebenso nahe geht wie dir, ihn verlieren zu müssen?«
    »W-W-Wenn ihr T-T-Tony umb-b-b…« Sie konnte die Worte nicht herausbringen. Die wichtigsten Worte, die sie jemals sagen wollte, und sie konnte sie nicht herausbringen!
    Mit gequälter Stimme sagte Jennifer: »Niemand hat das Recht, Ansprüche an die Starken und Produktiven zu stellen, weil er schwach und nutzlos ist. Der Schwäche einen höheren Wert zuzugestehen als der Leistungsfähigkeit ist moralisch verwerflich.«
    Miri stürzte sich auf ihre Großmutter. Sie zielte auf die Augen, als sie ihre Finger zu Krallen krümmte, und hob das Knie, um es mit aller Kraft in Jennifers Magen zu stoßen. Jennifer schrie auf und fiel zu Boden. Miri ließ sich auf sie fallen und versuchte, ihre zitternden, zuckenden Hände der Großmutter um den Hals zu legen. Doch andere Hände packten sie, rissen sie zurück und klammerten sich um sie. Miri wehrte sich kreischend – sie mußte laut kreischen, damit Tony es hörte und merkte, was vorging. Damit Tony aufwachte…
    Alles wurde schwarz.
     
    Drei Tage lang wurde Miri im Tiefschlaf gehalten. Als sie schließlich erwachte, saß ihr Vater an ihrer Liege, die Schultern gekrümmt und die Hände schlaff zwischen den Knien. Er berichtete, daß Tony an seinen Verletzungen gestorben war. Miri starrte ihn an und sagte kein Wort, ehe sie sich mit dem Gesicht zur Wand drehte. Die Schaumsteinwand war alt und übersät mit schwarzen Pünktchen, die Schmutz sein konnten, Schimmel oder die Negative winziger Sterne in einer flachen, zweidimensionalen, toten Galaxie.
     
    Miri weigerte sich, ihr Labor zu verlassen. Sie sperrte sich ein und aß zwei Tage lang nichts. Die Erwachsenen konnten die Sicherheitsverriegelung der Labortür, die Tony entworfen hatte, nicht außer Betrieb setzen und versuchten es auch gar nicht. Zumindest hatte Miri den Eindruck, als würde es niemand versuchen; eigentlich war es ihr völlig egal.
    Ihre Mutter suchte ein einziges Mal über ComLink den Kontakt zu ihr, aber Miri löschte das Bild vom Schirm, und es gab keinen weiteren Anlauf. Vater probierte es öfter. Miri hörte sich mit steinerner Miene an, was er zu sagen hatte, blieb aber nur auf Empfang geschaltet, so daß er sie weder sehen noch hören konnte. Es gab ohnedies nichts, was sie interessierte. Sie

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