Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
Vom Netzwerk:
ein, daß Allen recht hatte. Sie durften sich nicht einfach gegen ihre eigenen Eltern stellen, gegen ihre Großeltern, gegen die anderen Schlaflosen – gegen ihre Gemeinschaft. Sie durften einfach nicht. Allen hatte recht.
    Miri nickte.
    »Sch-Sch-Sch-Schutz. U-U-U-Unser Sch-Sch…«, stammelte Allen.
    »U-U-Und v-v-von N-N-NormS, d-d-die in… O-O-Ordnung s-s-sind«, sagte Diane Clarke, und die anderen erkannten intuitiv, welche Fäden sie mit dem Wort ›Ordnung‹ meinte.
    Jonathan Markowitz sagte: »S-S-S-Sam S-S-S-Smith.«
    »J-J-Joan L-L-Lucas«, fügte Sarah Cerelli hinzu. »I-Ihr u-u-ungeb-b-borener B-B-Bruder.« Miri sah sich und Joan am Gedächtnistag hinter die Versorgungskuppel geduckt, hörte wieder ihre eigene hartherzige Beurteilung von Joans Trauer über die bevorstehende Abtreibung ihres Schläfer-Brüderchens. Miri verzog das Gesicht. Wie konnte sie Joan gegenüber nur so gefühllos sein? Wie konnte sie sich nur weigern zu verstehen …?
    Weil es damals ihr selbst noch nicht widerfahren war.
    »W-W-Wir b-b-b-brauchen einen N-N-Namen«, stellte Diane fest. Sie nahm Aliens Platz vor der Konsole ein und rief ihr eigenes Fadenprogramm auf. Als sie beiseitetrat, um Miri Gelegenheit zu geben, das Resultat zu betrachten, sah Miri ein kompliziertes Gedankengebäude über die Kraft von Namen zur Eigenidentifizierung, über die Identifizierung mit der Gemeinschaft, über die Stellung der SuperS in der Gemeinschaft von Sanctuary, wenn sich keine Notwendigkeit des Selbstschutzes ergeben sollte – was durchaus der Fall sein konnte. Es konnte sein, daß keinem von ihnen je wieder von den Normalen Gefahr drohte, und daß die beiden Gemeinschaften jahrzehntelang nebeneinander existierten – wobei nur eine von beiden wußte, daß es zwei gab. Die Kraft eines Namens.
    Miris Lippen zuckten. »Einen N-N-Namen«, sagte sie.
    »J-Ja. Einen N-N-Namen«, sagte Diane und nickte.
    Miri sah von einem zum anderen. Dianes Fäden drehten sich in der holographischen Projektion und ließen sowohl ihre Eigenständigkeit als auch die komplexen Grenzen ihrer körperlichen und emotionalen Abhängigkeiten in allen Details erkennen. Einen Namen.
    »D-D-Die B-B-B-Bettler«, sagte Miri.
     
    »Ich hatte keine Wahl!« rief Jennifer. »Ich hatte keine andere Wahl!«
    »Nein«, sagte Will, »aber sie ist einfach zu jung für einen Sitz in der Ratsversammlung, Jenny. Miri hat noch nicht gelernt, sich unter Kontrolle zu halten oder ihre Begabungen zu ihrem eigenen Besten einzusetzen. Sie wird es lernen. In ein paar Jahren kannst du ihr ihren Sitz zurückgeben. Es war einfach ein Beurteilungsfehler, Liebes, und sonst nichts.«
    »Aber sie will nicht einmal mit mir reden!« schluchzte Jennifer. Eine Sekunde später hatte sie ihre Beherrschung wiedergefunden. Sie glättete die Falten ihrer schwarzen Abajeh und streckte die Hand nach der Teekanne aus, um sich und Will nachzugießen. Ihre langen schlanken Finger hielten die kostbare alte Kanne mit sicherem Griff, und der duftende Strahl des Einblatt-Tees, einer in Sanctuary entwickelten Genmodifikation, fiel ohne zu schwanken in die hübschen Metalltassen, die Najla zum sechzigsten Geburtstag ihrer Mutter gegossen hatte. Dennoch zogen sich harte Linien von Jennifers Nase zu ihren Mundwinkeln. Beim Anblick seiner Frau wurde Will klar, daß Schmerz aussehen konnte wie Alter.
    »Jenny«, sagte er mit sanfter Stimme, »laß ihr Zeit. Sie hat einen furchtbaren Schock erlitten, und sie ist immer noch ein Kind. Erinnerst du dich nicht, wie du mit sechzehn warst?«
    Jennifer sah ihn durchdringend an. »Miri ist nicht wie wir!«
    »Nein, aber…«
    »Es ist nicht nur Miri. Auch Ricky weigert sich, mit mir zu reden.«
    Will stellte seine Tasse hin. »Für einen Schlaflosen war Ricky immer schon ein wenig labil. Ein wenig schwach. Wie sein Vater.« Seine Worte hatten den maßvollen Tonfall einer Erklärung vor Gericht.
    Jennifer sagte, als wäre es eine Antwort: »Ricky und Miri werden einsehen müssen, was Richard nie einsah: Die oberste Pflicht einer Gemeinschaft ist es, ihre Gesetze und ihre Kultur zu schützen. Ohne den Willen, das zu tun, ohne diese patriotische Gesinnung hat man nichts als eine Ansammlung von Menschen, die zufällig am gleichen Ort leben. Sanctuary muß sich selbst schützen.« Nach einer Sekunde fügte sie hinzu: »Ganz besonders jetzt.«
    »Ganz besonders jetzt«, bestätigte Will mit einem Nicken. »Laß ihr Zeit, Jenny. Sie ist schließlich deine Enkeltochter.«
    »Und Ricky ist

Weitere Kostenlose Bücher