Bettler 01 - Bettler in Spanien
was es ist. Und… und nehmt auch meinen Sohn fest. Zusammen mit den anderen.«
Ricky Sharifi lächelte nur.
Miri begann, ihre Kleider abzulegen. Nach einer Schrecksekunde und einem kurzen Befehl von Nikos – einem Befehl, den Jennifer nicht verstand: Hatten sie sogar ihre eigene Sprache? – begannen auch die anderen jungen Leute, sich auszuziehen. Allen Sheffield riß sich das ComLink vom Kragen und warf es auf die metallene Tischplatte; es klapperte laut in der lähmenden Stille, und Allen grinste. Nicht einmal die jüngsten SuperS weinten.
Miri zog sich das Hemd über den Kopf. »Du hast dein ganzes Leben für die Gemeinschaft gegeben. Aber wir SuperS gehören jetzt nicht mehr zu dieser Gemeinschaft, richtig? Und du hast den einen unter uns umbringen lassen, der eine Brücke hätte bilden können zwischen eurer Gemeinschaft und unserer, den besten und talentiertesten von uns allen. Du hast ihn umbringen lassen, weil er nicht mehr in deine Definition einer Gemeinschaft paßte. Und nun passen wir auch nicht mehr hinein. Weil wir beispielsweise imstande sind, Träume zu haben. Hast du das gewußt, Jennifer? Lichte Träume. Ein Schläfer hat uns das beigebracht.« Miri schleuderte ihre Sandalen von den Füßen.
»Ich bekomme die Kontrolle über das Kommunikationssystem nicht mehr zurück!« rief Cassie Blumenthal, Panik in der Stimme.
»Schluß damit!« sagte Charles Stauffer. »Kinder, zieht euch wieder an.«
»Nein«, entschied Miri. »Denn dann würden wir aussehen wie Angehörige eurer Gemeinschaft, nicht wahr, Jennifer? Und das sind wir nicht. Das können wir nie wieder sein.«
»Wir haben Terry Mwakambe«, meldete ein ComLink. »Er widersetzt sich der Festnahme nicht.«
»Und nicht einmal deine eigene Gemeinschaft bedeutet dir etwas«, fuhr Miri fort. »Sonst wärst du auf den Vorschlag eingegangen, der von uns kam. Auf diese Weise hättest nur du dich wegen Landesverrats verantworten müssen. Dem Rest des Hohen Rates hätten die Bettler da unten sicher strafrechtliche Immunität zugesichert. Und nun werden sie alle der Verschwörung zum Landesverrat angeklagt. Du hättest sie davor bewahren können, aber das wolltest du nicht, weil du damit die Entscheidungsgewalt, wer zu deiner Gemeinschaft gehört und wer nicht, verloren hättest. Nun, das hast du ohnedies. An dem Tag, als du Tony umgebracht hast.« Miri riß an den Shorts und stand nackt da, wie die anderen SuperS hinter ihr. Einige der Mädchen bedeckten sich die kaum knospenden Brüste mit gekreuzten Armen, einige der Jungen hielten die Hände vor ihre Genitalien. Aber keines der Kinder weinte. Sie starrten Jennifer mit harten, unkindlichen Augen an, als hätten sie soeben eine Bestätigung von ihr erhalten, als dächten sie… als dächten sie unaussprechliche Dinge…
Miri stand nackt vor ihr, die kleinen Brüste vorgereckt, das dunkle Schamhaar so dicht wie Jennifers eigenes, und hielt lächelnd den großen, unförmigen Kopf hoch.
Ricky trat neben sie, sein Hemd in der Hand. Er legte es um Miris Schultern und zog es vorne zusammen. Zum erstenmal wandte Miri den Blick von Jennifer ab und sah jemand anderen an. Schmerzliche Röte stieg ihr ins Gesicht, und sie flüsterte: »Danke, Papa.«
»Eine voraufgezeichnete Botschaft ist soeben timergesteuert ans Weiße Haus abgegangen«, stellte Cassie Blumenthal müde fest. »Ich habe eine Kopie hier. Die Botschaft enthält genaue Angaben über alle Stellen, an der wir die Virendepots angebracht haben, und dazu die minutiöse Vorgangsweise zu ihrer gefahrlosen Vernichtung.«
»Sämtliche Verteidigungsanlagen von Sanctuary sind außer Funktion«, sagte Charles Stauffer.
»Notaggregate für die Sicherheitsbarrieren um die Arrestkuppel außer Betrieb«, sagte Caroline Renleigh. »Überbrückung der Sperren wirkungslos…«
Cassie Blumenthal sagte: »Zweite voraufgezeichnete Botschaft, gerichtet auf… auf… New Mexico!«
Nur Miranda sagte nichts. Sie schluchzte, ein zu Tode erschöpftes sechzehnjähriges Mädchen, an der Schulter ihres Vaters.
25
Leisha verfolgte die Holoberichte über den Aufruhr in Atlanta wegen toter Tauben, den Aufruhr in New York wegen des immer wieder zum Erliegen kommenden erdgebundenen Verkehrs aus der Stadt, den Aufruhr in Washington über den Aufruhr. Die alten Spruchbänder kamen zu neuen Ehren: ATOMISIERT DIE SCHLAFLOSEN! Lagerten die Leute diese Dinger in irgendeinem staubigen Kellerloch dreißig oder vierzig Jahre lang ein, um sie bei Bedarf wieder
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