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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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ging über die kleine Waldlichtung zu ihrem Flugwagen. Ihr langes offenes schwarzes Haar regte sich im schwachen Wind.
    Ein Leichtflugzeug zog oben vorbei. Sie runzelte die Stirn: Leisha Camden. Schon. Jennifer war spät dran.
    Sollte Leisha doch warten. Sollte Richard mit ihr verhandeln. Jennifer hatte Leisha ohnedies nie hier haben wollen. Warum sollte Sanctuary eine Frau willkommen heißen, die sich bei jeder Gelegenheit dagegen stellte? Selbst der Koran in seiner altmodischen Schlichtheit lange vor dem Globalnet drückte sich deutlich aus im Hinblick auf Verräter: »Wer auch immer gegen dich zu Felde ziehet und dir Böses will, füge ihm zu, was er dir zufüget.«
    Das kleine Flugzeug mit dem Logo der Baker Enterprises verschwand hinter den Bäumen.
    Jennifer glitt in den Wagen; ihre Gedanken beschäftigten sich mit dem Rest des Tages, der vor ihr lag. Wären da nicht die Tröstungen des Morgen- und Abendgebetes gewesen, Jennifer hätte manche Tage nur schwer überstanden. »Aber du hast doch keine religiöse Überzeugung«, hatte Richard einmal lächelnd gesagt. »Du bist nicht einmal gläubig!« Jennifer hatte keinen Versuch gemacht, ihm zu erklären, daß es nicht der Glaube war, auf den es ankam. Der Wille zu glauben schuf seine eigene Kraft, seinen eigenen Glauben und letzten Endes seinen eigenen Willen. Indem man glaubte – nach welchen Ritualen auch immer – erweckte man das Objekt dieses Glaubens zum Leben. Der Glaubende wurde zum Erschaffenden.
    Ich glaube, sagte Jennifer Sharifi bei Tagesanbruch und am Abend, während sie auf dem Gras/auf den Blättern oder auf dem Schnee kniete, an Sanctuary.
    Sie legte die Hand schützend über die Augen und versuchte festzustellen, wohin genau Leishas Flugzeug verschwunden war. Vermutlich wurde es sowohl von den Langdon-Sensoren als auch von den Flugabwehr-Lasern verfolgt. Jennifer ließ den Flugwagen vom Boden abheben, blieb aber in sicherem Abstand zum kuppelförmigen Y-Feld.
    Was hätte wohl Najla Fatima Nur el-Dahar, ihre Urgroßmutter väterlicherseits, zu einem solchen Glauben wie dem ihren gesagt? Andererseits hatte ihre Urgroßmutter mütterlicherseits, aus deren Enkelin später ein amerikanischer Filmstar wurde, als irische Einwanderin überlebt, indem sie in Brooklyn als Putzfrau arbeitete und somit wahrscheinlich eine Menge von Kraft und Willen verstand.
    Nicht, daß Urgroßmütter – gleichgültig, wessen Urgroßmütter – noch etwas zählten. Es erging ihnen darin ebenso wie Großvätern und Vätern. Stets war es neuen Rassen auferlegt, ihre Wurzeln dem eigenen Überleben zu opfern. Zeus, so vermutete Jennifer, hatte wohl weder Kronos noch Rhea betrauert.
    Sanctuary breitete sich unter ihr in der Morgensonne aus. In zweiundzwanzig Jahren war es zu einer Fläche von etwa siebenhundertfünfzig Quadratkilometern angewachsen und bedeckte ein Fünftel von Cattaraugus County, New York. Jennifer hatte sofort nach der Aufhebung der Treuhandverwaltung durch den Kongress – und damit der Einschränkungsklauseln – das Allegany-Indianerreservat erworben. Sie hatte dafür eine Summe bezahlt, die dem Stamm der Seneca, welcher das Gebiet verkauft hatte, ein angenehmes Leben in Manhattan, Paris oder Dallas verschaffte. Eigentlich hatte es nicht mehr sehr viele Senecas gegeben, die dem Verkauf zustimmen mußten; nicht alle bedrohten Minderheiten, das war Jennifer klar, verfügten über die vielseitigen Fähigkeiten der Schlaflosen – Fähigkeiten, wie etwa das Erwerben von Land, wenn sich die Eigentümer ursprünglich einem Verkauf widersetzten. Oder die Fähigkeit, sich auf dem internationalen Waffenmarkt Flugabwehrlaser zu beschaffen. Und wenn diese anderen Gruppen über solche Fähigkeiten verfügten, dann fehlte ihnen die Triebfeder, das Motiv, um ihre Fähigkeiten konzentriert, sauber und mit heiligem Ernst einzusetzen. Und um das Überleben an sich zu dem zu machen, was es im Grunde genommen war: zu einem heiligen Krieg. Zu Dschihad.
    Allegany hatte insofern ein Unikat unter allen Indianerreservaten dargestellt, als auf seinem Gebiet eine ganze nichtindianische Stadt lag, Salamanca, die seit 1892 von den Senecas an die dort ansässige Bevölkerung verpachtet war und die nun in Jennifers Kaufvertrag aufschien. Sämtliche Pächter hatten die Verständigung zur Zwangsräumung erhalten, und nach zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen, für welche die Einwohner von Salamanca kaum Geld aufbringen konnten, bei denen Sanctuary hingegen über die

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