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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Bein. Die sonderbar schwankende Festigkeit seiner Stimme war mit einemmal wieder da. »Sie sagten selbst, daß niemand weiß, wer die Unterlagen aus dem Banksafe gestohlen hat. Eine Kopie davon herzustellen, ist möglicherweise von großem Wert. Oder sie nicht herzustellen. Und Sie sind auch eine Schlaflose, Miss Camden.«
    »Ich verstehe. Dennoch ist es äußerst wichtig, daß Sie auch dieses letzte Stück niederschreiben und hinterlegen, Doktor Walcott. Zu Ihrem eigenen Schutz. Wenn nicht hier, dann anderswo an einem absolut sicheren Platz.« Und wo, dachte sie, war dieser absolut sichere Platz? »Und Sie sollten – das ist ein wirklich wichtiger Punkt – so vielen Leuten wie möglich sagen, daß Ihre gesamten Forschungsergebnisse außer in Ihrem Kopf auch noch an einem anderen Ort existieren.«
    Jetzt endlich stellte Walcott seinen Fuß wieder auf den Boden. Er nickte. »Ich werde es mir überlegen. Glauben Sie wirklich, Miss Camden, daß ich in echter körperlicher Gefahr bin?«
    Leisha dachte an Sanctuary. Das flaue Gefühl im Magen machte sich wieder bemerkbar; es hatte nichts damit zu tun, was Walcott zustieß oder nicht zustieß. Sie verschränkte die Arme über dem Bauch.
    »Ja«, sagte sie, »das glaube ich.«

 
    10
     
    Im Wohnzimmer seiner Mutter stand Jordan Watrous an dem Hepplewhite-Sekretär, der vorübergehend als Bar diente, und goß sich einen neuen Drink ein. Den dritten? Den vierten? Hoffentlich zählte niemand mit. Von der freitragenden Terrasse, die auf das Meer hinausging, perlte Lachen herein. In Jordans Ohren klang das Lachen ein wenig nervös, vermutlich zu Recht. Was, zur Hölle, sagte Hawke jetzt wieder? Und zu wem?
    Er hatte Hawke wirklich nicht mitbringen wollen. Es war der fünfzigste Geburtstag seines Stiefvaters, und Beck hatte sich eine kleine, intime Familienfeier gewünscht. Aber Jordans Mutter war gerade mit der Einrichtung des neuen Hauses fertiggeworden, und sie wollte es natürlich herzeigen. Zwanzig Jahre lang hatte Alice Camden Watrous so gelebt, als besäße sie kein Geld, und ihr väterliches Erbteil nicht angerührt – abgesehen von den Ausgaben, die für Moiras und seine Ausbildung anfielen, für ihre Computer und Sportausrüstungen, wie Jordan später erfuhr. Sie hatte ihr Geld behandelt wie einen großen, gefährlichen Hund, den sie zwar in Gewahrsam hatte, an den sie sich jedoch nicht heranwagte. Und dann, an ihrem vierzigsten Geburtstag, ereignete sich offenbar etwas im Innern seiner Mutter, das Jordan nicht nachvollziehen konnte. Aber das überraschte ihn nicht; er empfand das Verhalten der Menschen durchweg als verblüffend.
    Mutter hatte sich plötzlich dazu entschlossen, dieses große Haus in Morro Bay, direkt am Pazifik, bauen zu lassen, wo draußen auf dem Meer in Sichtweite der Küste Grauwale ihre Schwanzflossen aufstellten und Fontänen spritzend vorbeizogen. Sie hatte es mit kostbaren antiken englischen Möbeln ausgestattet, bewußt unaufdringlich und erstanden in Los Angeles, New York und London. Beck, bei weitem der sanftmütigste Mensch, den Jordan je kennengelernt hatte, lächelte nachsichtig, obwohl seine Ehefrau nicht ihn, sondern einen anderen Bauunternehmer mit dem Hausbau beauftragt hatte. An manchen Tagen, wenn er mit seiner Mutter zur Baustelle hinausgefahren war, hatte er Beck dort angetroffen, Seite an Seite mit den gewerkschaftlich organisierten Zimmerleuten und ihren Robotern schuftend, Bretter nagelnd und Querbalken ausrichtend. Als das Haus fertig war, hatte Jordan besorgt darauf gewartet, welche neuen Facetten seiner Mutter als nächstes zum Vorschein kommen würden. Gesellschaftlicher Aufstieg um jeden Preis? Schönheitsoperationen? Liebhaber? Doch Alice hatte ihre eleganten, modischen Nachbarn ignoriert, beließ ihre untersetzte Figur untersetzt und wieselte glücklich und zufrieden um ihre englischen Möbel und durch ihren heißgeliebten Garten.
    »Warum englische Möbel?« hatte Jordan sie einmal gefragt und die Finger an der Rückenlehne eines Sheraton-Sessels entlanggleiten lassen. »Und warum antike?«
    »Meine Mutter war Engländerin«, sagte Alice darauf – das erste und einzige Mal, daß sie Jordan gegenüber ihre Mutter erwähnte.
    Die Geburtstagsfeier für Beck war zugleich als Einzugsfest ins neue Haus angelegt. Alice hatte ihre und Becks Freunde eingeladen, ihre Kolleginnen von der Zwillingsgruppe, Moiras Freunde und Professoren aus dem College, Leisha Camden und Kevin Baker, dazu eine Schlaflose, der Jordan noch nie

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