Bettler 01 - Bettler in Spanien
Übereinkunft juristisch zu vertreten, wenn Sie darauf Wert legen…«
»Ach, du meine Güte…«, sagte Walcott. Leisha sah ihn durchdringend an, aber keine Spur von Sarkasmus war zu bemerken. Geistesabwesend schlang er die linke Hand um den Hinterkopf und kratzte sich am rechten Ohr.
Geduldig fuhr Leisha fort: »Aber Sie müssen sich darüber im klaren sein, daß dort, wo es um Milliarden geht, die Diebe nicht weit sind. Das haben Sie ja bereits gesehen. Und Sie sagten mir, Sie hätten deshalb noch keine Patente angemeldet, weil Sie nicht wollten, daß Direktor Lee erfährt, woran Sie arbeiten.« Nach einer Sekunde fügte sie hinzu: »Richtig?« Es hatte keinen Zweck, bei diesem Mann irgend etwas als gegeben anzunehmen.
»Richtig.«
»Gut. Dann müssen Sie sich auch im klaren darüber sein, daß Leute, die für Millionen zum Dieb werden, möglicherweise auch nicht davor zurückschrecken – ich sage nicht, daß dies unbedingt der Fall sein muß, nur, daß es der Fall sein könnte – daß diese Leute also möglicherweise…«
Sie konnte den Satz nicht beenden. Die Krämpfe in ihren Eingeweiden waren wieder da, und sie verschränkte die Arme über dem Bauch. Richard, der sie in seinem schäbigen Zimmer in Evanston an sich drückte, und sie, fünfzehn Jahre alt, die zum erstenmal in ihrem Leben einem anderen Schlaflosen gegenüberstand und erfüllt war von freudiger Erregung wie von Licht…
»Sie meinen, die Diebe könnten versuchen, mich umzubringen«, sagte Walcott. »Mich und Timmy. Auch ohne den letzten Teil der Forschungsergebnisse.«
»Schreiben Sie alles nieder. Hier und jetzt«, sagte Leisha.
Sie führte ihn in ein freies Büro mit einem nicht vernetzten Computer darin. Er benötigte nur fünfundzwanzig Minuten, was Leisha überraschte – aber wie lange konnte es schon dauern, eine Reihe Formeln und Schlußfolgerungen aufzuschreiben? Es handelte sich dabei ja nicht um einen ausgefeilten juristischen Schriftsatz.
Sie hatte wohl erwartet, daß er mühevoll und lange an der Aufgabe herumstümperte, weil er ein Schläfer war.
Auf dem kleinen, nicht vernetzten Kopierer, den sie für vertrauliche Informationen zwischen Anwalt und Klienten verwendete, fertigte Leisha acht Kopien der Papiere an, die Walcott ihr übergeben hatte, und widerstand der Versuchung, sie zu lesen. Vermutlich würde sie ohnedies nichts davon verstanden haben. Sie gab Walcott eine Kopie und das Original. »Nur, damit es keine Mißverständnisse gibt, Herr Doktor. Diese sieben Kopien werden in verschiedenen Tresoren verwahrt. Eine im Safe hier in der Praxis, eine bei Baker Enterprises, Kevin Bakers Firma, von der ich Ihnen versichern kann, daß niemand dort unbefugt eindringt.« Nichts an Walcott deutete darauf hin, daß er wußte, wer Kevin Baker war. Unmöglich, daß irgendeinem Genforscher sein Name nicht geläufig war!
»Erzählen Sie so vielen Menschen wie möglich, daß zahlreiche Kopien Ihrer bisherigen Erkenntnisse im Zusammenhang mit Ihrem laufenden, noch namenlosen Forschungsprojekt existieren, die bei verschiedenen Leuten hinterlegt sind. Ich werde das gleiche tun. Je mehr Personen das wissen, desto sicherer sind Sie vor einem Anschlag. Außerdem rate ich Ihnen als Ihre Rechtsberaterin dringend, Direktor Lee von Ihrer bisherigen Arbeit in Kenntnis zu setzen, und in Ihrem eigenen Namen Patente darauf anzumelden. Wenn Sie in dieser Sache an Direktor Lee herantreten, sollte ich besser zugegen sein, falls wir einen Teil dieser Arbeit als Ihr persönliches Eigentum durchsetzen wollen, an das Samplice nicht herankann.«
»Gut«, sagte Walcott. Er fuhr mit den Fingern durch sein kaum vorhandenes Haar. »Sie waren so offen zu mir… Ich habe das Gefühl, da sollte ich auch offen sein.«
Etwas in seinem Tonfall ließ Leisha unverzüglich hochblicken; sie sah ihn scharf an.
»Es ist so, daß ich… Die Zusammenfassung meiner Forschungen, die ich Ihnen gerade übergeben habe…« Er fuhr sich mit der anderen Hand durchs Haar und stand auf einem Bein wie ein verlegener Kranich.
»Ja?«
»Die Zusammenfassung ist nicht vollständig. Ich habe das letzte Stück weggelassen. Das Stück, das auch die Diebe nicht haben.«
Soso, er war also vorsichtiger als sie angenommen hatte. Im allgemeinen hatte Leisha das nicht ungern; mißtrauische Klienten waren ihr lieber als leichtsinnige. Selbst dann, wenn die Person, der sie mißtrauten, der eigene Anwalt war.
Walcott sah an ihr vorbei aus dem Fenster hinaus. Er stand immer noch auf einem
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