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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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von Wir schlafen! glaubte es nicht; Jordan glaubte es nicht.
    »Das geht auf Ihr Konto«, sagte er zu Hawke.
    Hawke sah ihn nur an. Auf seinem Schreibtisch in dem staubigen Büro der Fabrik lagen ausgebreitet die Ausdrucke der Boulevardpresse. »Sanctuary hinter Bombenattentat auf Wir schlafen! -Betriebsfest! Schlaflose wenden erneut Gewalt an!« Das billige Papier begann sich an den winzigen Rissen bereits zu wellen, die vom Kioskdrucker verursacht wurden, einem minderwertigen Wir schlafen! -Gerät, das in Wichita hergestellt und von dort aus vertrieben wurde. Zwei von Hawkes riesenhaften Fingern bohrten am längsten der Risse herum. Von draußen, aus der Fabrikshalle, drangen gelegentliche Trommelfeuer aus Maschinenlärm und Rockmusik ins Büro.
    »Ihnen ist jedes Mittel recht«, sagte Jordan. »Die Medienhysterie wegen des Herlinger-Mordes – die Frage nach der Wahrheit existiert nicht für Sie. Für Sie geht es nur um die Frage, wie Sie jede sich bietende Gelegenheit für Ihre Ziele ausnutzen können! Sie sind nicht besser als Sanctuary!«
    »Beim Fest wurde niemand verletzt«, wandte Hawke ein.
    »Zufall.«
    »Nein«, widersprach Hawke. »Es bestand keine Gefahr.«
    Jordan brauchte einen Moment, um zu begreifen. »Das Eis, das Ihnen auf der Hand schmolz! Das war der Auslöser, nicht wahr? Ein temperaturempfindlicher Mikrochip unter der Haut! So konnten Sie sich einen Zeitpunkt aussuchen, zu dem bestimmt niemand zu Schaden kommen würde!«
    »Sind Sie endlich wütend, Jordan?« fragte Hawke leise. »Müssen Sie noch mehr Babies sehen, die ohne ärztliche Betreuung und fließendes Wasser leben müssen, weil unter dem Yagaiismus Nahrungsmittel und Y-Energie grundlegende Wohlfahrtsrechte darstellen, aber medizinische Versorgung und Wasserleitungen auf dem freien Markt gehandelt werden? Müssen Sie noch mehr Erwachsene sehen, die den ganzen Tag herumlungern und verfaulen, weil sie wissen, daß sie bei niedrigeren Arbeiten mit der Automatisierung nicht konkurrieren können und bei anspruchsvolleren mit den GenMods? Müssen Sie noch mehr kleine Kinder mit Hakenwürmern sehen, noch mehr Teenager, die das ganze Gesetz auf ihrer Seite haben können, aber keinen echten Job kriegen? Oder sind Sie schon wütend?«
    »Der Zweck heiligt nicht diese Mittel!« brüllte Jordan.
    »Na sicher tut er das!«
    »Sie helfen damit nicht der Schläfer-Unterschicht, alles, was Sie damit erreichen…«
    »Ach nein? Haben Sie vielleicht kürzlich mit Mayleen gesprochen? Ihre Älteste hat gerade die RoboTech-Ausbildung begonnen. Und sie kann dafür bezahlen! Jetzt!«
    »Sie helfen diesen Leuten, aber um das zu erreichen, entfachen Sie noch mehr Haß!«
    »Wachen Sie endlich auf, Jordan! Keine soziale Bewegung ist je in Gang gekommen, ohne auf die Ungleichheit hinzuweisen. Und das zu tun bedeutet, Haß zu entfachen. Die Amerikanische Unabhängigkeit, die Sklavenbefreiung, die Gewerkschaftsbewegung, die Bürgerrechte…«
    »Das war nicht…«
    »Zumindest die jetzt vorhandenen Ungleichheiten haben nicht wir erfunden, das waren die Schlaflosen. Aber der Feminismus, die Rechte der Homos, die Wohlfahrtszuteilungen…«
    »Hören Sie auf! Hören Sie auf, mir sterile Intellektualismen an den Kopf zu werfen!«
    Zu Jordans Verblüffung – die so groß war, daß sie durch seine Wut hindurchdrang – grinste Hawke breit. Seine schwarzen Adleraugen funkelten. »›Sterile Intel-lektualismen‹ – soso. Sie sind schon einer von uns. Was würde wohl Tante Leisha dazu sagen, die Hohepriesterin der kühlen Vernunft?«
    »Ich kündige«, sagte Jordan.
    Hawke schien keineswegs überrascht. Er nickte, und der scharfe Blick aus den schwarzen Augen schnitt durch die Luft wie eine Klinge. »Na gut, kündigen Sie. Sie werden zurückkommen.«
    Jordan wandte sich zur Tür.
    »Wissen Sie, weshalb Sie zurückkommen werden, Jordy? Wenn Sie, sagen wir, morgen, heiraten und ein Kind haben wollen, würden Sie die Gene dieses Kindes so verändern lassen, daß es zu einem Schlaflosen wird. Würden Sie doch, oder? Und hinterher würden Sie sich selbst verabscheuen, weil Sie es getan haben.«
    Die Tür glitt auf.
    Hinter ihm sagte Hawke leise: »Wenn Sie zurückkommen, werden Sie hier stets willkommen sein, Jordan.«
    Erst draußen vor dem Tor, wo der Mississippi friedlich auf sein Delta zukroch, wurde Jordan klar, daß es keinen Ort gab, an dem er lieber gewesen wäre als hier.
    Mayleen beobachtete ihn aus dem Wächterhaus. Auf diese Entfernung konnte er ihren

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