Bettler 02 - Bettler und Sucher
Letzter hinterdrein.
Nach zwei Meilen hatte ich schon Herzklopfen, un’ die Knie taten mir arg weh, aber ich sagte nichts zu den anderen. Tat es ja für Lizzie, ich.
Um Mittag rum zogen Wolken auf, un’ der Wind fing an zu wehen. Hatte längst keine Ahnung mehr, ich, wie weit wir schon gekommen sein konnten. Der Wind blies uns direkt ins Gesicht. Stan un’ Bob drehten die Heizaggregate nach hinten, so oft es ging, un’ dann hatten wir’s ein wenig wärmer; bloß riß uns der Wind die warme Luft weg, so rasch er konnte.
Kam ins Sinnieren, ich, wie ich so vor mich hinstolperte. »Warum können… warum können sich…«
»Brauchst du ‘ne Pause, Billy?« erkundigte sich Jack. Kleine Eiskristalle hingen unter seiner Nasenspitze. »Wird’s dir zuviel?«
»Nee, nee, mir geht’s prächtig«, sagte ich. War ‘ne Lüge, aber was soll’s. Doch jetz’ mußte ich fertigsagen, was ich angefangen hatte. »Warum können sich… die Macher nich’… kleine… kleine Heizaggregate ausdenken… wo man… im Winter… einstecken kann…«
»Langsam, Billy.«
»Einstecken kann, für… die Stiefel un’ die Jacken un’ die Handschuhe…? Wenn die Y-Energie wahrhaftig so… billig is’?«
Keiner konnte mir ‘ne Antwort drauf geben. Wir kamen zu ‘ner riesigen Schneewächte, un’ sie zielten mit den Heizaggregaten drauf. Schmolz furch’bar langsam, der Schnee. Un’ schließlich blieb uns nichts anderes übrig, als durchzuplatschen durch das, was noch übrig war; hatten den Matsch bis ans Kreuz un’ hinterher waren wir naß bis auf die Haut. Wär’ besser gewesen, den Schnee nich’ zu schmelzen. Jack stolperte, un’ Stan stemmte ihn hoch. Judy Farrell drehte den Rücken in den Wind, um’s für ‘nen Augenblick angenehmer zu haben, un’ da sah ich, daß ihre Wangen von der Sorte Rot-Weiß waren, wo höllisch weh tut, wenn man damit später in die Wärme kommt.
Un’ dann sagte Jim Swikehardt plötzlich ganz leise: »Weil wir sie nie nich’ verlangt haben, die kleinen Heizgeräte. Un’ sie geben uns bloß genug von dem, was wir verlangen, damit sie wieder unsere Stimmen kriegen.« Danach sagte keiner mehr irgendwas.
Hab keine Ahnung, ich, wie spät es war, als wir nach Coganville kamen. Sonne gab’s keine mehr, die hatte sich hinter den Wolken versteckt, aber die Dämmerung war noch nich’ angebrochen. War alles ruhig un’ friedlich auf den Straßen, un’ kein Mensch nich’ zu sehen. Hinter den Fenstern war’s schon hell. Wir gingen die Hauptstraße lang, bis wir zur Kongreßabgeordneter-Joseph-Nicholls-Capiello-Cafeteria kamen, un’ dort hörten wir Musik. Aufm Dach blinkte ‘ne Holoschrift blau un’ lila: DISTRIKTSLEITERIN HELEN ROSE TOWNSEND DANKT FÜR IHRE WIEDERWAHL! Schien mir, als wäre die Welt hier noch in Ordnung, bloß wir paßten nich’ rein.
Aber ich glaubte es nich’ recht.
Wir schoben uns in die Cafeteria rein. Muß schon zu spät für Mittagessen gewesen sein un’ wohl zu früh fürs Abendbrot, aber trotzdem war die Cafeteria bumsvoll. Spannten dort Bänder mit Fähnchen und Schleifen aus PlastiSynth für ‘nen bunten Abend mit Rollerrennen-Wetten. Die Tische reihten sie rundum an den Wänden auf, um Platz zu machen für ‘ne Tanzfläche. Der Geruch vom Essen auf dem Transportband un’ die Wärme erschlugen uns fast, un’ ich könnte schwören, ich, daß Stan Mendoza das Wasser in den Augen stand.
Wurde ganz still in der Cafeteria, als wir reinkamen.
Jack sagte: »Wer is’ der Bürgermeister hier?«
»Ich«, sagte ‘ne Frau. »Jeanette Harloff.« Um die fünfzig, dünn, mit silbernen Haaren un’ großen blauen Augen. Von der Sorte Nutzer, wo immer aufgezogen werden, daß sie geheime GenMods haben, auch wenn jeder weiß, daß es nich’ stimmt. Können’s einfach nich’ lassen, die Leute; gibt verdammt viele Schafsköpfe auf der Welt. Aber vielleicht war das der Grund, warum diese Frau da Bürgermeisterin war – gehörte nich’ recht zu den einen un’ nich’ recht zu den anderen.
Jack, der erklärte laut un’ deutlich, wer wir waren un’ was wir wollten. Die ganze Cafeteria sperrte die Ohren auf. Irgendwer hatte sogar das HT abgeschaltet. Man hätte ‘ne Maus trapsen hören.
Jeanette Harloff, die schaute uns an, ganz genau, einen nach’m anderen. Die großen Blauaugen sahen kalt aus. Aber dann sagte sie: »Die Hauptbahnlinie is’ eingestellt«, sagte sie, »aber wir haben ‘ne Nebenlinie, un’ die funktioniert. Morgen kommt ‘ne Küchenladung rein,
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