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Bettler 02 - Bettler und Sucher

Titel: Bettler 02 - Bettler und Sucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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mittleren Jahren. Sie trug einen blauen Overall und ein Limodosenhalsband; jedes weiche Metallrund war zu einem Stern gebogen und gehämmert. Ich pflanzte mich vor ihr auf. »Bin krank, ich.«
    Sie betrachtete mich eingehend. »Nee, sind Sie nich’.«
    »Ich will nach Eden.«
    »Sagen Sie dem Polizeichef Randall, wenn er uns schließen will, so soll er’s einfach tun. Braucht uns keine Macher nich’ herschicken, wo so tun, als wären sie krank, wenn sie’s nich’ sind.« Das sagte sie nachsichtig, ohne jeden Groll.
    »Runter in den Karnickelbau«, sagte ich. »›Iß mich. ‹ ›Trink mich. ‹« Worauf sie natürlich überhaupt nicht mehr antwortete.
    Ich verzog mich zu einem Gravbahn-Monitor und erkundigte mich nach den Abfahrtszeiten der Züge. Der Monitor war kaputt. Ich probierte es bei einem anderen. Beim vierten Versuch antwortete mir ein funktionierender Monitor.
    Gleis 25 befand sich in einem anderen Teil des Bahnhofs. Dort ging es zwar geschäftiger zu, aber es lag auch hier kein Abfall herum. Drei Techs arbeiteten an einem Kurzzug. Ich setzte mich mit gekreuzten Beinen auf den Boden und wartete schweigend, bis sie fertig waren. Sie reparierten nur diesen einen Zug und gingen dann weg; sie sahen müde aus. Colin Kowalski und Kenneth Koehler hatten genau gewußt, welches Ziel ich ins Auge fassen würde.
    Ich war der einzige Passagier. Es war ein direkter Zug, und so begann gerade erst die Sonne unterzugehen, als ich aus der Gravbahn stieg und auf der verlassenen Hauptstraße von East Oleanta eintraf.
    Annies Wohnung in der Jay Street war leer; die Tür stand halb offen. Nichts fehlte, nicht der grauenhaft häßliche Wandbehang, nicht die Wassereimer, nicht die Zierkissen in den PlastiTuch-Bezügen, und auch nicht Lizzies abgelegte Puppe. Ich ging zu Lizzies Bett und legte mich für eine Weile hin, ehe ich mich auf den Weg in die Cafeteria machte.
    Keine Menschenseele dort. Das Transportband stand still, das Holoterminal war ausgeschaltet. Die Cafeteria war nicht zerstört; sie war nur geräumt, genau wie der Rest der Stadt. Für eine Weile wollte die Regierung alles Unwesentliche fernhalten, aber das betraf nicht mich. Ich war nicht unwesentlich. Von ihrem Standpunkt aus war ich eine der fünf wichtigsten Personen auf der Welt: vier wandelnde biologische Laboratorien und ihre gefangengenommene verrückte Wissenschafterin. Ich hatte die freie Verfügung über das Laboratorium, und drei der anderen vier vermutlich auch. Ich mußte nur warten, bis sie eintrafen.
    Bevor es dunkel wurde, wanderte ich durch den Schnee zu dem flachen, steinigen Flußufer, wo Billy mit dem Stock, der von Lizzie stammte, an dem braunen Schneehasen herumgestochert hatte. Der Hase war verschwunden. Lange saß ich am Ufer und starrte aufs Wasser, bis es endgültig finster war und mir fast der Hintern anfror auf dem eiskalten Fels, auf dem ich saß.
    Die Nacht verbrachte ich in Annies Wohnung, auf dem Sofa. Die Heizung funktionierte immer noch. Ich wachte zwar mehrmals auf, aber immer nur für kurze Zeit; es war nicht so, daß ich mich schlaflos von einer Seite zur anderen wälzte. Doch jedesmal horchte ich aufmerksam in die Finsternis. Es war nichts zu hören.
    Einmal, aus einem schläfrigen Impuls heraus, tastete ich mir über die Ohrläppchen; die Löcher, in denen meine Ohrringe gesteckt hatten, waren nicht mehr vorhanden. Auf der Suche nach einer Narbe von einem Kindheitsmißgeschick ließ ich einen Finger über meinen Schenkel gleiten; die Narbe war verschwunden.
    Den nächsten Vormittag verbrachte ich vor dem Holoterminal. Bannock Falls, Ohio, war innerhalb von vierundzwanzig Stunden von der Seuche ausgelöscht worden. RoboKameras zeigten die Toten so, wie sie vor der Senatorin-Ellen-Piercy-Devan-Cafeteria umgefallen waren: in dicken Wintersachen mit ausgebreiteten Gliedmaßen übereinander liegend wie Opfer der Pest im vierzehnten Jahrhundert.
    Die Einwohner von Jupiter, Texas, hatten sich zusammengerottet und ihre gesamte Stadt mit Nanotech-Explosivstoffen, auf welche Nutzer keinen Zugriff haben durften, keinen Zugriff haben konnten, in die Luft gejagt; sie hatten geschworen, sich als nächstes Austin vorzunehmen, falls nicht innerhalb von vierundzwanzig Stunden 450 000 Scheffel – was wohl ein biblisches Maß darstellen sollte – Nahrungsmittel angeliefert würden.
    Die Macher-Enklave Chevy Chase, Maryland, hatte sich selbst unter Quarantäne gestellt: keiner rein, keiner raus.
    Europa, Südamerika und Asien hatten

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