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Bettler 02 - Bettler und Sucher

Titel: Bettler 02 - Bettler und Sucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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alle?
    »… zutiefst dankbar für die Geleeegenheit, Ihnen aaallen den Lichten Träumer vorzustellen. Ich…«
    Ich. Ich. Ich. Das Lieblingswort der Macher. Auf Huevos Verdes sagten sie zumindest wir. Und meinten sogar mehr als nur die übrigen SuperSchlaflosen.
    Blaßgrünes Gras wogte vor dem violetten Gitter. Wucherte hindurch, darüber, rundum. Übernahm es. Übernahm die Welt.
    Ich verschränkte die Finger hart ineinander. In zwei Minuten hatte ich meinen Auftritt. Ich mußte die Bilder in meinem Inneren zurückdrängen. Ich war der Lichte Träumer.
    »… Tragööödie, die uns mit Traaauer erfüllt. Aber Trauer ist eine der Empfindungen, die der Lichte Träumer…«
    »Zum Geier, was weißt’n du schon von Trauer, he!« brüllte jemand, so laut, daß ich erschrocken hochfuhr. Irgend jemand im Publikum besaß einen Stimmenverstärker, der so leistungsfähig war wie mein eigenes Tonsystem. Von meinem Sitzplatz aus konnte ich das Publikum nicht sehen, nur Kongreßmitglied Gardiner. Aber ich hörte ein leises Rumpeln, das sich anhörte wie das Mississippi-Delta bei Hochwasser.
    »… eine Freude, Ihnen vorstellen zu dürfen…«
    »Zieh Leine, Schlampe!« Dieselbe verstärkte Stimme.
    Rasch setzte ich meinen Rollstuhl in Richtung Laufsteg in Bewegung. Auf halbem Wege kam die Kongreßabgeordnete an mir vorbei; sie hielt den Kopf hoch, ihre Lippen lächelten, und ihre Augen loderten vor Zorn. Niemand applaudierte.
    Ich lenkte den Rollstuhl in die Mitte der Plattform und blickte hinab. Der KingDome war nur halb voll. Die Leute starrten mich an – teils dumpf, teils unsicher, teils mit aufgerissenen Augen, aber niemand mit einem Lächeln. So etwas hatte ich noch nie erlebt; das hier war ein Mittelding zwischen einem Publikum und einem Pöbelhaufen.
    »Is’ das ‘n Macher-Ding, wo du drinsitzt, Arlen, he?« kreischte die verstärkte Stimme, und ich konnte ihren Eigentümer identifizieren, als sich ein paar Leute nach ihm umdrehten. Ein Mann gab ihm einen Stoß, ziemlich fest. Ein zweiter starrte ihn böse an. Ein dritter rückte schützend vor den Zwischenrufer und warf einen harten, langen Blick zur Plattform herüber. Irgend jemand weiter vorn rief mit kaum verständlicher, unverstärkter Stimme: »Der Lichte Träumer is’ kein Macher nich’! Halt’s Maul, du!«
    Ich sagte, so leise, daß alle still sein mußten, um es zu hören: »Ich bin kein Macher nich’.«
    Wiederum ertönte dieses Rumpeln aus dem Publikum, und vor meinem geistigen Auge sah ich, wie das Wasser das Delta überflutete, in dem ich geboren war – nicht schnell, aber erbarmungslos, unaufhaltsam stieg es an, wie die Kurven, mit denen Huevos Verdes den allgemeinen sozialen Zusammenbruch maß.
    »He, da gab’s Tote in dem beschissenen Macher-Zug, wo keiner sich drum gekümmert hat, in was für ‘nem Zustand er is’!« schrie die verstärkte Stimme. »Tote!«
    »Ich weiß«, sagte ich, immer noch leise. Das violette Gitter hörte auf zu zittern, als mein Inneres sich mit großen, weichen, würdevoll-anmutigen Formen füllte, die die Farbe feuchter Erde hatten. Ich drückte den Knopf an meinem Rollstuhl, und die Vorstellungsmaschinerie begann die Bühnenlampen zu dämpfen.
    ›Der Krieger‹ stand auf dem Programm – entworfen und abgeändert und noch mal abgeändert, um die Risikobereitschaft zu fördern, die Tatkraft, das Selbstvertrauen. Außerdem hatte ich in der Maschinerie auch die Holos und die unterschwelligen Zutaten zu ›Himmel‹ gespeichert, dem beliebtesten meiner Stücke. Es führte die Menschen zu einem ruhigen Plätzchen innerhalb ihrer eigenen Gedankenwelt, zu einem Plätzchen, an das wir als Kinder alle herangelangen konnten, wo die Welt in perfektem Gleichgewicht ist und wir es mit ihr sind, wo die warmen Sonnenstrahlen nicht nur auf unsere Haut fallen, sondern in uns eindringen bis zur Seele und uns himmlischen Frieden spenden. Es war eine Komposition der Versöhnung, der Harmonie, der Bejahung. Das konnte ich natürlich auch geben, und in zehn Minuten würde der Pöbel anschmiegsam sein wie ein Seidenkissen.
    Ich begann mit dem ›Krieger‹.
    »Es war einmal ein Mann mit großen Hoffnungen, doch ohne Macht. Als er jung war, wollte er alles haben…«
    Die Worte ließen das Publikum verstummen. Aber die Worte waren eigentlich das geringste dabei und im Grunde genommen unwichtig. Die Formen waren das, was zählte – die Art, wie diese Formen sich bewegten und die Korridore zu den verborgenen, bei jedem Menschen anders

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