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Bettler 03 - Bettlers Ritt

Titel: Bettler 03 - Bettlers Ritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Selene
    VIA: Mali-Enklave-Bodenstation, GEO-Satellit C-1494 (USA)
    NACHRICHT – ART: verschlüsselt
    NACHRICHT – KLASSE: Klasse A, behördliche Übermittlung
    AUSGEHEND VON: Bundesfinanzbehörde
    NACHRICHT LAUTET:
     
    Sehr geehrte Miss Sharifi!
     
    Die Bundesfinanzbehörde bestätigt hiermit den Erhalt Ihrer Einkommensteuererklärung für 2020, welche auf elektronischem Weg von der Mondbasis Selene eingegangen ist. Diese Einkommensteuererklärung ist nicht unterzeichnet. Bei elektronisch eingereichten Steuererklärungen ist jedoch von Gesetzes wegen eine eigenhändige Unterschrift mittels Digitalschreiber oder äquivalenter Technik erforderlich. Zu diesem Zweck erhalten Sie in der Anlage das elektronische Formular 1987-A.
    Die Behörde dankt im voraus für eine umgehende Erledigung.
    Mit freundlichen Grüßen
     
    Madeleine E. Miller
    (Madeleine Elizabeth Miller)
    Amtsleiterin, Bundesfinanzbehörde
     
    BESTÄTIGUNG: keine

17
     
    Jennifer Sharifi folgte Chad Manning in den Konferenzraum der Sharifi-Labors auf Sanctuary. Ein großer U-förmiger Tisch zog sich an drei Wänden entlang, begleitet von achtzehn Stühlen. Im Zentrum des U war ein durchsichtiges Plastikfeld in den Boden der Orbitalstation eingelassen, das zu zerbrechen schon eine Atomexplosion vonnöten gewesen wäre. Während Sanctuary sich drehte, fiel der Blick durch das Fenster im Boden entweder auf den schwarzen Weltraum, in dem die Sterne hell funkelten, oder auf das riesige blau-weiße Auge der Erde. Das Plastikfeld verdunkelte sich automatisch, sobald das Sonnenlicht zu blendend wurde. Umgeben wurde das Feld von einem dekorativen Band arabischer Motive – kompliziert ineinander verschlungene geometrische Muster, kopiert von antiken Webarbeiten in Kaschmir. Der Rand des Fensters war so programmiert, daß er die Farbe dem Ausblick entsprechend veränderte. Er machte das ganze Sonnensystem zu einem Teppich unter Sanctuarys Füßen.
    »Tür zu«, sagte Doktor Manning. Seine Stimme verursachte ein leichtes Echo in dem großen, leeren Raum. »Setzen Sie sich, Jennifer.«
    »Danke, aber ich stehe lieber. Sie möchten mir etwas zeigen? Um was handelt es sich?«
    Chad zog ein Bündel Papiere aus der Tasche. Das allein war schon vielsagend: seine Information – worum immer es sich handelte – befand sich nicht on-line, nicht einmal in den massiv abgesicherten Programmen des Neuropharm-Projekts. Dabei gehörte Chad Manning, wie Jennifer wußte, keineswegs zu den besonders mißtrauischen Menschen. Jennifer wußte alles, was es über Doktor Chad Parker Manning zu wissen gab.
    Als wissenschaftlicher Chef der Sharifi-Labors war er das einzige Mitglied des Projektteams, das nicht zugleich mit Jennifer wegen des lange zurückliegenden Versuches, Sanctuary zu schützen, ins Gefängnis gewandert war. Die Aufnahme eines Außenseiters ins Team hatte sich von Anfang an als unvermeidlich herausgestellt: Die wegen Hochverrats verurteilten Genetiker hatten durch ihre Haftstrafe zuviel Zeit verloren – und das auf einem Forschungsgebiet, das immer noch ohne Unterlaß tiefgreifenden Veränderungen unterworfen war. Doch das Projekt mußte von den Sharifi-Labors aus geleitet werden, denn nur hier existierten die Voraussetzungen, um Strukows Behauptungen zu überprüfen und die Resultate detaillierten Analysen zu unterziehen, bevor Jennifer dem Schläfer-Renegaten einen weiteren riesigen Teil ihres Vermögens überließ. Es gab einfach keine Möglichkeit, den Chefwissenschaftler der Sharifi-Labors aus dem Geheimteam auszuklammern.
    Robert Day, Sanctuarys kaufmännischer Leiter und ein weiterer – mit Gefängnis dafür bestrafter – Hauptteilnehmer des einstigen Versuches, Sanctuary zu befreien, hatte Manning aus der großen Schar der Schlaflosen-Wissenschaftler ausgesucht. Robert war zehn Jahre vor Jennifer aus der Haft entlassen worden. Er hatte Zeit gehabt, sorgfältige Nachforschungen anzustellen, mit Bedacht auszuwählen, sich seiner Sache völlig sicher zu sein. Doktor Chad Manning war kein wissenschaftliches Genie wie Serge Strukow. Eine Generation brachte wohl jeweils nur ein einziges Talent dieses Kalibers hervor. Doch als Wissenschaftler besaß Chad solide Kenntnisse, war methodisch in seinem Vorgehen und absolut in der Lage, in fachlicher Hinsicht Strukow auf den Fersen zu bleiben – obwohl Chad von sich aus diese Wege niemals als erster beschritten hätte. Und ebenso wichtig: auch für ihn war die Sicherung Sanctuarys oberstes Gebot – und zwar mit allen

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