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Bettler 03 - Bettlers Ritt

Titel: Bettler 03 - Bettlers Ritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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zumindest die Berichte verfolgen, in die wir uns eingeklinkt haben…«
    Jennifer stieg aus dem Bett. Sie schlüpfte in einen hellen, schmucklosen Morgenmantel und verließ das Schlafzimmer.
    »Jennifer!« rief Will ihr nach, und nun hörte sie den Zorn aus seiner Stimme, diesen bedauerlichen Zorn, der Will als Mitglied des Projekts ebenso schwächte wie als Verbündeten. Und als Mann. »Jennifer! Du kannst nicht immerzu so tun, als ob La Solana keine Realität gewesen wäre! Es ist geschehen!«
    Ja, es ist geschehen, dachte Jennifer und schloß die Tür des Schlafzimmers. Es ist geschehen – Vergangenheit. Es war vorbei. Es gab keinen Grund mehr, darüber nachzudenken. Was vorbei war, war jetzt nicht realer als etwas, das nie existiert hatte. Es gab keinen Unterschied.
    Der kleine Salon – alle Privatwohnräume auf Sanctuary waren klein – lag im Dunkel. »Licht an!« sagte Jennifer. In letzter Zeit mochte sie das Dunkel nicht so sehr. Manchmal glaubte sie am Rand der Dunkelheit eine Gestalt zu sehen – einen gedrungenen, plumpen Körper mit einem Kopf voll widerspenstiger dunkler Haare, zusammengehalten von einem roten Band. Die Gestalt war natürlich nicht real. Sie existierte nicht.
    Daher hatte sie nie existiert.

18
     
    Theresa ging es sehr schlecht. Doch wäre sie umgestellt gewesen, wäre es ihr noch schlechter ergangen. Jackson wußte die Ironie nicht so recht zu schätzen.
    Theresa hatte sich einer Strahlung von 2,4 Gray ausgesetzt. Jackson kehrte auf schnellstem Weg von Kelvin-Castner in das Apartment zurück und schwemmte soviel wie möglich davon aus ihrem Organismus. Er brachte sie nicht ins Krankenhaus; die Enklaven besaßen keine Krankenhäuser, die den Namen verdient hätten. Nicht mehr nötig.
    Jackson bestellte das Rüstzeug, das er brauchte, per Notruf; es traf zur selben Zeit wie er im Apartment ein. Theresa war hysterisch.
    »Schschsch, Tessie, es wird alles wieder gut! Halt durch, Liebes, du mußt nur ein bißchen mithelfen!«
    »Tot!« schrie Theresa immer wieder. »Tot… tot… tot!«
    »Nein, du wirst nicht sterben! Schschsch, Tessie, ganz ruhig!« Aber sie ließ sich nicht besänftigen.
    »Geben Sie ihr ein Schlafmittel«, sagte Vicki und kämpfte mit Theresas fuchtelnden Armen. »Jackson…! Es ist besser für sie!«
    Er befolgte ihren Rat. Und dann gingen er und Vicki an die Arbeit. Er pumpte Theresa den Magen aus und setzte schlauchförmige Spezialroboter zum Spülen der Speiseröhre, des Bronchialbaums, der Nase, der Ohren, des Rektums und der Vagina ein und reinigte die Augen. Zusammen mit Vicki schrubbte er jeden Zoll von Theresas Haut mit einer chemischen Lösung, und Vicki schnitt Theresas langes blondes Haar ab und rasierte die verbleibenden Stoppeln. Jackson ging währenddessen aus dem Zimmer; er stand im Flur und hieb mit den Fäusten gegen die Wand.
    Als er wieder eintrat, war Vicki mitfühlend genug, ihm nicht direkt ins Gesicht zu schauen.
    Er nahm eine endotracheale Intubation vor, denn die Innenwand der Luftröhre würde anschwellen und sich ablösen, und Theresa würde mechanische Hilfe beim Atmen brauchen. Als nächstes kam eine Injektion, um sie so stark wie möglich zum Schwitzen zu bringen, und dann eine Infusion mit Nährstoffen und Elektrolyten. Als Jackson und Vicki fertig waren, standen sie einen Moment lang neben dem Bett, auf dem Theresas schlaffer, mit einem Baumwollaken bedeckter Körper lag. Invasive Monitoren, unterstützt von Gewebemonitoren in Form von Hautpflastern, schickten ihre Werte an ein zentrales Terminal. Sie sah aus, dachte Jackson verzweifelt, wie ein dürrer, blasser, gerupfter Spatz.
    »Ich bleibe hier, Jackson«, sagte Vicki. »Sie können Ihre Schwester nicht ganz allein gesundpflegen.«
    »Ich habe schon einen PflegeRob mit der Software für Strahlenkrankheit angefordert. Er wird demnächst eintreffen. Mußte aus Atlanta geschickt werden.«
    »Kein Ersatz für Menschen.«
    »Wissen Sie irgend etwas über Strahlenkrankheit?« fragte er schroffer als beabsichtigt.
    »Sie werden es mir schon beibringen.«
    »Aber Lizzie und Dirk…«
    »… brauchen mich nicht«, beendete sie den Satz. »Lizzie kommt sehr gut allein zurecht. Und es wird ganz gewiß nichts Neues und Umwerfendes im Lager geschehen.«
    Jackson lächelte nicht. Er hatte sie kaum gehört. »Wäre Theresa umgestellt…«
    »Hab ich mir schon gedacht, daß sie nicht umgestellt ist«, bemerkte Vicki. »Aber warum nicht?«
    Er ignorierte die Frage. »Wäre sie umgestellt, wäre das

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