Bettler 03 - Bettlers Ritt
befindliche, unabhängige Quelle übertrug. Eine geläufige Sicherheitsmaßnahme für jeden Prozeß, bei dem Strahlung frei wurde. Der ganze Vorgang konnte aus nächster Nähe mittels des richtigen Signals aus einer kleinen, tragbaren Fernbedienung angehalten werden. Macher waren bei der Fabrik eingelangt!
Mühsam zog Lizzie sich aus ihrem engen Loch, zweieinhalb Meter über dem Hallenboden, zurück. Ihre Füße tasteten nach der metallenen Plattform des Gabelstaplers. Sie war nicht mehr da.
Hastig drehte sie ihren unförmigen Körper herum, bis sie in die Halle sehen konnte. Der Gabelstapler war etwa einen Meter von der Wand weggerollt, wahrscheinlich als Teil des Maschinen-Testprogramms. Hart an der Kante der Wandnische angelangt, streckte Lizzie beide Arme so weit aus wie möglich; sie konnte gerade eben den Rand der Metallplatte erreichen, die sie abgeschraubt und auf den Stapler gelegt hatte, aber die Platte lehnte nur da, und so konnte Lizzie sie nicht dazu benutzen, den Stapler zu sich heranzuziehen. Doch ganz plötzlich erwachte die Maschine zu neuem Leben und begann auf das Fließband zuzurollen, um ihre gewohnte Arbeit wieder aufzunehmen, und Lizzie lag hilflos da, zweieinhalb Meter über dem Hallenboden, die Metallplatte in den Händen.
Unten ging die sinnlose Nicht-Arbeit weiter: Robs montierten das Y-Energie erzeugende Innere der Kegel und ruinierten es beim Versuch, es in schlecht ausgerichtete Gehäuse einzupassen; leere Kegelhülsen rollten über den Boden; Gabelstapler stapelten Luft. Hinter einem Stoß Packkisten raste Vicki hervor und brüllte etwas, das sich in dem Getöse verlor. Vermutlich Lizzies Namen. Und dann klappte in der Wand neben ihr das Haupttor auf, und zwei Macher, ein Mann und eine Frau, schritten mit gezogenen Waffen in die Halle.
Augenblicklich und ohne einen bewußten Gedanken daran zu verschwenden, hob Lizzie die Metallplatte zurück an ihren Platz und hielt sie von innen mit den Fingernägeln fest. Mit klopfendem Herzen kauerte sie in der Ausnehmung hoch oben in der SchaumSteinwand.
INTERMEZZO
SENDEDATUM: 4. November 2120
GEHT AN: Mondbasis Selene
VIA: Bodenstation Enklave Toledo, GEO-Satellit C-1494 (USA), Satellit E-398 (Frankreich)
NACHRICHT – ART: nicht verschlüsselt
NACHRICHT – KLASSE: Klasse D, allgemein zugänglich laut Kongreßverordnung 4892-18 vom Mai 2118
AUSGEHEND VON: ›Roy L. Spath-Stamm‹, Ohio
NACHRICHT LAUTET:
Mutter Miranda! Selig sind die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich! Wir sind die Armen, und wir bitten Dich um Gnade! Mit den Spritzen hast Du uns Gottes Gabe geschickt, und wir ehren Dich dafür! Du bist gebenedeit unter den Frauen! Du hast uns befreit von Hungersnot und Pestilenz, und so bitten wir Dich jetzt um Befreiung vom Tod! Gib uns heute unser unsterbliches Leben und schicke uns Spritzen, die uns so umstellen, daß wir leben können wie Du, für immer und ewig bis ans Ende der Welt, amen! Bitte für uns, damit wir keine Stunde unseres Todes haben! Herzlichen Dank!
BESTÄTIGUNG: keine
3
Achtzig Kilometer vor Willoughby sagte Cazie: »Der Sicherheitsschild des Werks ist unten.«
Jackson warf einen Seitenblick auf seine Ex-Frau; ihre Augen waren unverwandt auf den Schirm ihres MobiLinks gerichtet. Der Luftwagen flog auf Automatik, und Jackson hatte vor sich hingedöst – erfreut darüber, daß ihm dies in Cazies Gegenwart gelingen konnte. Das hieß, daß die Wirkung, die sie auf ihn hatte, langsam nachließ – oder? Aber vielleicht hieß das auch nur, daß er es nicht gewöhnt war, um 6 Uhr 29 morgens wach und in der Luft zu sein. Im Osten wurde der Himmel schon heller, und in dem perlweißen Licht wirkte Cazies Profil klar und rein. Theresa würde sagen, Cazie sah aus wie eine Heilige; bei dem Gedanken schnaubte Jackson leise und verächtlich.
»Du glaubst mir nicht?« fragte Cazie. »Schau es dir doch selbst an!« Sie warf ihm das ComLink hin.
Er warf es zurück. »Ich glaube dir ja. Das Programm muß gestört sein. Niemand kann in eine Fabrik mit Y-Abschirmung einbrechen.«
»Mein Gott, Jackson, dein Vertrauen in die Technik ist rührend! Besonders für einen gebildeten Menschen. Das Programm ist nicht gestört! Der Schild hat sich für eine manuell eingeleitete Dreißigsekunden-Testsequenz abgesenkt. Nicht nur das. Er öffnete sich auch letzte Nacht, und dies wurde von einem fremden System mittels werkseigenem Luftwagensignal ausgelöst! Ich frage mich, warum derjenige den
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