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Bettler 03 - Bettlers Ritt

Titel: Bettler 03 - Bettlers Ritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Schockzustand? Nein, kein Schwindelgefühl, keine Übelkeit, und die Wunden waren nichts Ernstes. Cazie mußte in der Lage sein, die Höhe der Klingen zwischen ihren Zähnen zu beeinflussen! Sein Schock war ein rein emotionaler; aber keiner hier benahm sich vernünftig.
    Einschließlich des Mädchens auf dem Boden. Sie sah herauf zu ihm – mit verschwommenem Blick und in einem fröhlichen Schleier aus Neuropharmaka – und kicherte, während sich zwischen ihren Beinen eine Pfütze Wasser ausbreitete: »Das Baby kommt!«
     
    »Ach du lieber Himmel!« rief Cazie. »Also gut, du fliegst das Mädchen zurück zu ihrem Stamm, und ich bleibe hier bei der Fürsprecherin der Unterdrückten, bis die Bullen kommen. In dem Nutzer-Lager muß es ja jemanden geben, der weiß, was bei einer Entbindung zu tun ist.«
    »Dieser jemand, das bin ich«, stellte Vicki fest, die jetzt neben Lizzie kniete und ihre beiden Hände festhielt.
    Etwas in ihrem Tonfall rührte an Jacksons Herz – oder vielleicht nur an seinen Drang, sich Cazie auf seinem ureigensten Fachgebiet, seiner einzigen Domäne, entgegenzustellen. »Miss Turner hat recht, Cazie. Sie sollte bei dem Mädchen bleiben.«
    »Diese bezaubernde mütterliche Fürsorglichkeit!« bemerkte Cazie. »Was soll ich also tun, Jackson? Sie beide verhaften lassen?«
    »Nein. Nicht, bevor das nicht alles vorbei ist.«
    »Und du wirst einfach hier auf dem Boden einer Fabrikhalle ein Baby entbinden.«
    »Selbstverständlich nicht! Es wird noch Stunden dauern, bis es soweit ist!« Jacksons Hände nahmen ihre Suche auf und fanden heraus, daß das Baby eine Steißlage war.
    Die Umstellung, sann er erbittert, hatte gegen gewisse Schlüsselaspekte der menschlichen Evolution nichts ausrichten können. Der Geburtskanal war nach wie vor beträchtlich enger als der Kopf eines Kindes, und der Gebärmutterhals immer noch nicht für etwas anderes gemacht als für eine Geburtslage mit dem Kopf voran. Und Lizzie, zum erstenmal schwanger, war erst im achten Monat.
    Doch es hätte schlimmer kommen können. Jacksons Fötaldermalyser zeigte eine reine Steißlage – Becken voran, Knie gestreckt, die Beine an der Bauchseite des Kindes nach oben geschlagen – und nicht die gefährlichere vollkommene oder unvollkommene Steißfußlage. Der Kopf war nach vorn gebeugt und lag auf dem Gebärmuttergrund. Der Fötus, ein Junge, war mit 2800 Gramm durchaus lebensfähig; sein Puls lag bei steten 160 Schlägen, die Körperlänge war normal. Die Nabelschnur war frei, und die Plazenta lag nicht praevia, sondern würde, wie es sich gehörte, der Geburt folgen, die nach Jacksons Einschätzung noch ein paar Stunden auf sich warten lassen würde. Obwohl der Geburtskanal bereits fünf Zentimeter offen war.
    Es hätte weitaus schlimmer kommen können.
    »Lizzie«, sagte Jackson. »Ich werde dich jetzt hochheben. Wir werden dich an einen bequemeren Platz bringen.«
    »Und wohin?« erkundigte sich Cazie. »Du wirst sie – die beiden – doch nicht in die Enklave bringen!«
    Ohne Dringlichkeit sagte Lizzie: »Ich will heim.« Sie wirkte ganz und gar nicht wie eine werdende Mutter, sondern eher wie ein verschlafen lächelndes, gelangweiltes Kind.
    Jackson seufzte. »Also gut, wir bringen dich nach Hause. Aber, Lizzie, hör zu, ich werde bei dir bleiben. Das Baby liegt verkehrt, verstehst du? Ich bleibe bei dir, damit ich es zum richtigen Zeitpunkt umdrehen kann.«
    Das Mädchen sah hoch zu ihm. In ihren schwarzen, von der Medikation verschleierten Augen sah Jackson ein klares, verständiges Aufblitzen der Erleichterung. Was ihn überraschte. Er hatte mit einem – wenngleich matten – Protest gerechnet dagegen, daß ein Macher-Doktor sie behandeln wollte. War sie nicht mit mechanischen RoboAmbulanzen groß geworden, damals, als diese noch von den Politikern zur Verfügung gestellt wurden? Aber vielleicht war Lizzie dank des Einflusses dieser Vicki Turner anders als die meisten Nutzer. Oder vielleicht wußte Jackson einfach nicht soviel über Nutzer, wie er dachte.
    »Du hast doch nicht vor, so mir nichts, dir nichts in ein Nutzer-Lager hineinzuspazieren – mit nichts als einer einzigen Pistole bewaffnet?« fragte Cazie. »Als Beistand für eine Kriminelle, die ich verhaften lassen werde?«
    Jackson erhob sich, Lizzie auf den Armen. Sie konnte selbst gehen, aber sie aufzurichten hätte eine Beschleunigung des Geburtsvorgangs zur Folge gehabt. Er wollte eine Steißlage – auch wenn es sich um eine einfache handelte – nicht in

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