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Bettler und Hase. Roman

Bettler und Hase. Roman

Titel: Bettler und Hase. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tuomas Kyrö
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war von den nordischen Winden zerfurcht und sein Händedruck kräftig.
    Warum wollen mir die Tränen kommen?
    Plötzlich fühle ich mich in Sicherheit.
    Der Mann bot Vatanescu eine Tasse heißen Kaffee an, da rann Vatanescu eine Träne über die Wange. Der Mann nickte und wischte Vatanescu die Wange trocken. Vatanescu sah dem Wohltäter in die Augen.
    Du akzeptierst mich.
    Danke.
    Du bist ein Mensch.
    Der Mann hatte auch ein Schinkenbrötchen dabei, das er dreiteilte, und für das Kaninchen gab es zusätzlich ein Kännchen mit Milch. Das Tier schlürfte sie gierig. Dann reichte der alte Mann Vatanescu ein Taschentuch. Sie hatten keine gemeinsame Sprache, aber Dankbarkeit lässt sich leicht ohne Worte ausdrücken, indem man dem anderen die Hand gibt. Und ihre Namen konnten sie austauschen. Der alte Mann hieß Keijo.
    Der Küster Keijo brachte Vatanescu und das Kaninchen zum Aufwärmen und Kräftesammeln in die Kapelle. Hier durften sie sich ausruhen, bis der Raum sich mit Trauernden füllte. Der Organist übte auf der Empore, und durch die hohen Fenster schien die wärmende Sonne, die hin und wieder hinter Wolken verschwand. Vatanescu schlief frohen Mutes ein, die Spitze seiner Bedürfnishierarchie war befriedigt, er hatte Wärme und Nahrung bekommen und Erste Hilfe für das Kaninchen.

Die Prosaschriftstellerin Helinä Halme lebte, bis sie starb. In literarischen Kreisen war sie für ihre starke autobiographische Fiktion bekannt, in der sie ohne Scham private Schmerzpunkte offenlegte und mit ganz eigener Stimme als Interpretin ihrer Generation auftrat. Ihre Kinder Heikki und Kaija hingegen kannten sie als egozentrische, manisch-depressive Mutter, für die das Familienleben nur aus Anforderungen und Opfern bestand. Allerdings schöpfte Helinä Halme aus dem Alltag Material für ihre Bücher, und je unverhüllter sie schrieb, desto mehr interessierten sich die Medien für sie, und desto peinlicher wurde es für Heikki und Kaija.
    In ihren Büchern hatte Helinä Halme Verständnis für die Welt und den Menschen, für die Gesellschaft und das Individuum, gleichzeitig suchte sie mutig den Konflikt, lenkte ihre Sprache virtuos und wusste sie für Attacken wie für Abfederungen einzusetzen. Zu Hause aber fehlte ihr das Augenmaß. Trotzdem hätte das Verhältnis zwischen Mutter und Kindern über viele schmerzliche Erfahrungen zu einer erwachsenen, gleichberechtigten Interaktion führen können, doch das wurde vom Sensenmann verhindert, der Helinä Halme frühzeitig über ihrem mit dem Symbol eines Apfels verzierten Laptop dahinraffte. Sie hatte von ihrer Mutter einen Herzfehler geerbt.
    Der Vater von Heikki und Kaija kam nicht zur Beerdigung. Seit ihr mit der Veröffentlichung des Buches »Die Faust spricht, der Mann nicht« der literarische Durchbruch gelungen war, hatte er von seiner ehemaligen Lebensgefährtin ein für alle Mal genug. »Schläge sind immer unverzeihlich, auch diejenigen, die er nicht ausgeführt hat, die ich aber in seinen Augen gesehen habe.«
    Heikki wollte von seiner Mutter nichts erben, Kaija akzeptierte immerhin das funktionalistische Mobiliar, die Aktien und das Sparkonto. Die Bücher schenkten sie dem Antiquariat im Erdgeschoss. Für die Wohnung verlangten sie eine Summe, zu der sie innerhalb von einer Woche wegging.
    Endlich, hatte Kaija beim Tod ihrer Mutter als Erstes gedacht. Heikki war in Tränen ausgebrochen. Nachdem er einen Tag geweint hatte, rief er das Bestattungsinstitut an. Keine große Beerdigung, keinen Braten zum Leichenschmaus. Eine schlichte Urne. Die Todesanzeige mit einem Text aus Mutters Gedichtband »Der Apfelbaum trägt die Farben Chiles«.
    Außer den Kindern kam Onkel Pertti in die Friedhofskapelle. Es ist die Erinnerung an die gemeinsame Kindheit, die einen bei Begräbnissen zum Weinen bringt, auch wenn man als Erwachsener in unterschiedlichen Gewässern gerudert ist. Heikki, Kaija und Onkel Pertti saßen in der zweiten Reihe. Als die Orgel zu spielen anfing, setzte sich vor ihnen ein unbekannter Mann auf, der in der ersten Reihe gelegen hatte. Ein Penner.
    Vatanescu nickte den Angehörigen von Helinä Halme zu und verließ die Kapelle.

    Für Vatanescus Geschichte ist die Familie Halme letztlich unwichtig, wichtig aber ist der Redakteur des Revolverblatts, der bei der Beerdigung der Schriftstellerin von seinem Auto aus heimlich Fotos schoss. Vatanescu bemerkte den Redakteur nicht, und dieser wusste natürlich nicht, wer Vatanescu war. Das Foto, das er von der

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