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Betula Pendula: Erster Zyklus: Frühling (German Edition)

Betula Pendula: Erster Zyklus: Frühling (German Edition)

Titel: Betula Pendula: Erster Zyklus: Frühling (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Kassem
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Reconquista war bei den Zirkus- und Stadtfestbesuchern teilweise beliebter als die Stände vor Ort. Zusätzlich kam hinzu, dass eines der acht Getränke auf Roccos Speisekarte ein russisches Bier war. Niemand wusste, wie Rocco so viel russisches Bier auf Lager haben konnte und wie er es überhaupt mit dem Transport und Zoll meisterte, denn Russland war nicht gerade um die Ecke. Das russische Bier war sehr günstig, und jeder, der es mal trank – Viktor konnte den Namen auf der Flasche nicht lesen, da es fremdländische Buchstaben waren –, war fasziniert davon und kam immer wieder zurück. Rocco mochte keine Menschen und niemand wusste, ob Rocco sein Vorname oder sein Nachname war. Er betrachtete seinen Laden nicht als Geheimtipp unter den Bars von Hedera Helix, sondern als lästige Arbeit, um seine eigene Miete zu zahlen und die restlichen Kosten zu decken. Nur wenn er mal seine Gitarre herausnahm, was sehr selten vorkam, und nur nachdem die Gäste ihn beharrlich darauf gedrängt hatten, war ein Hauch von glücklichem Gesichtsausdruck bei ihm zu sehen. Er konnte aber nur zwei Lieder spielen: „Closing Time“ von Leonard Cohen und „Drive“ von The Cars. Mehr konnte oder kannte Rocco nicht. Dafür hatte er diese zwei Lieder perfektioniert und seine Stimme hallte immer durch die ganze Straße. „Drive“ und „Closing Time“ wurden zu Hymnen bei den Apfelkuchenliebhabern.
     
    Viktor wollte gerade das Fenster schließen, da sah er Gem im Hinterhof, er drehte mit Halas kleinem Dreirad gelangweilt Runden auf dem Rasen. Viktor rief leise seinen Namen. Gem schaute hoch, winkte und rief:
    „Ey, wie geht’s?“
    Viktor lehnte sich aus dem Fenster. „Ich habe viermal gekotzt.“
    „Echt? Krass.“
    „Was machst du?“
    „Nix. Langweilen. Du?“
    „Nix.“
    Gem zeigte mit dem Kopf in Richtung des Ateliers und rollte mit den Augen. Anscheinend hatte er immer noch Hausarrest. Viktor hatte auch Hausarrest, aber heute war es ihm egal. Er würde nicht einmal freiwillig aus dem Haus gehen. Schon vom einfachen Stehen wurde ihm schwindlig.
    „Ich geh mal schlafen“, rief er herunter.
    „Geh noch mal kotzen! Du musst alle Bakterien rauskriegen, dann wirst du wieder gesund!“
    Viktor winkte, dann schloss er das Fenster. Dann öffnete er es wieder. Und schloss es dann noch mal. Er konnte sich nicht entscheiden, ob ihm kalt oder warm war.
    Da öffnete seine Mutter schon die Tür und kam mit einem Becher und einer kleinen Papiertüte hinein.
    „Hier, trink das. Und hier sind ein paar Brötchen. Und behalt den Eimer im Auge. Was nicht drinnen bleibt, gehört dorthin.“
    Viktor aß brav ein Brötchen und trank den schwarzen Tee.
    „Mama, werde ich sterben?“
    Helena lachte. „Nein Viktor, wirst du nicht.“
    „Nie?“
    „Nein, nicht nie. Aber nicht jetzt. Du hast nur eine Magen-Darm-Grippe.“
    „Wovon habe ich das bekommen?“, fragte Viktor.
    „Bestimmt von dem ganzen Müll, den du und deine Freunde immer esst.“
    „Was denn?“
    „Dieses ganze furchtbare Zeug. Esspapier. Oder diese Lollys, die die Zunge blau machen, oder diese grünen Dinos, die so sauer sind.“
    „Und wovon habe ich die Läuse?“
    „Jemand hatte die in der Schule und hat dich angesteckt.“
    „Wer?“
    „Weiß ich nicht.“ Helena hielt inne und betrachtete Viktor. „Das kleine Kätzchen hatte Flöhe. Vielleicht sind zur Strafe die ganzen Flöhe auf dich übergesprungen, als du das Feuer angezündet hast.“
    Viktor dachte nach und nickte dann. „Es tut mir leid“, flüsterte er , zu seiner Mutter und zum Kätzchen, falls dessen Geist um ihn herumschwirrte und zuhörte. Er malte sich aus, wie das Kätzchen wütend war und sich ein Auto kaufte, um ihn eines Tages damit totzufahren.
    „Wann werde ich sterben?“, fragte er seine Mutter.
    „Denk nicht an so was. Das ist noch lange, lange hin. Erstmal wirst du groß werden und das tun, was erwachsene Menschen tun.“
    „Alleine Bus fahren?“
    „Ja.“
    „Auto fahren?“
    „Ja, auch Auto fahren. So, ich muss jetzt wieder runter. Oded geht gleich in die Apotheke und kauft dir dieses Shampoo und ich komme dann am Abend und wir gucken dann mal, was wir machen. Okay?“
    Viktor nickte und ließ sich von ihr zudecken. Er schlief fast sofort ein und wachte auf, als es schon dunkel war und jemand an seine Tür klopfte.
    Es waren Gerald van den Berg und Marco.
    Viktor freute sich so sehr, dass er, als er ihnen entgegenlaufen wollte, aus dem Bett fiel.
    „Nein, du bleibst , wo du

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