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Beuterausch

Beuterausch

Titel: Beuterausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucky Jack & McKee Ketchum
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befeuchtete und neben ihrer Mutter niederkniete.
    Und in diesem Augenblick klingelte es an der Tür.

27
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    »Kannst du aufmachen?«, sagte ihr Vater. »Und nachsehen, wer das ist?«
    Er hatte einen Schalter umgelegt und war jetzt ganz entspannt. Dieser schleppende Tonfall, in dem er manchmal sprach, fast wie ein Südstaatler.
    Ihr Vater war völlig durchgedreht.
    Sie steckte in einem tiefen Dilemma. Zur Tür zu gehen eröffnete einerseits die Möglichkeit, eine Art Normalität in ihr Haus zu lassen, einen Hauch von der Außenwelt, jemanden, der höchstwahrscheinlich nicht seine Frau verprügelte und Frauen im Vorratskeller einsperrte und seine Kinder hinter Schloss und Riegel hielt. Andererseits bestand die Möglichkeit, dass die ganze Scheiße ans Licht kam. Die Gefahr der Schande. Vielleicht auch des Spotts.
    Aber Peg schäumte. Sie war nicht nur wütend auf ihren Vater, sondern auch auf ihre Mutter. Während ihrer Tirade hatte sie fassungslos dagesessen und ihren Ohren nicht getraut. Genug ist genug? Endgültig? Jetzt? Sie verlässt ihn jetzt? Nur weil Brian sich als der kranke kleine Wichser entpuppt hat, der er ist? Nachdem die Sache drüben in der Scheune schon Jahre andauerte? Warum war es nicht zu weit gegangen, als er nachts seine eigene verfluchte Tochter gevögelt und schließlich geschwängert hat? Warum war damals genug nicht genug?
    Du nimmst mich mit? Nur über meine Leiche.
    Ihre Mutter konnte sie auch am Arsch lecken. Außer Darleen konnten sie alle zur Hölle fahren.
    Sie ging zur Tür, öffnete sie und hätte sie beinahe gleich wieder zugeschlagen. Sie war ganz schön aufgebracht, doch auf so etwas war sie nicht vorbereitet.
    »Miss Raton?«
    Pegs Gesichtsausdruck verriet ihr alles, was sie wissen musste. Sie hatte recht. Sie sah Angst und Verwirrung, und zwar eine ganze Menge. Auch Ärger. Das Mädchen tat ihr leid – wirklich leid –, aber es musste getan werden. Ihre Eltern musste es erfahren, wenn sie es nicht ohnehin schon wussten. Und falls sie Bescheid wussten, war sich Genevieve sicher, helfen zu können.
    Sie schaffte es zu lächeln.
    »Hallo, Peg. Lässt du mich rein?«
    »Das … das ist wirklich gerade ungünstig …«
    »Ach was. Komm schon, Peg, ich werde dir nicht wehtun. Ich will helfen.«
    »Sie können nicht helfen, Miss Raton.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ich … weiß es einfach.«
    Das lief nicht gut. Sie konnte sich wohl kaum mit Gewalt Einlass verschaffen.
    »Du wärst überrascht«, sagte sie. »Ich kenne Berater, Ärzte, alle möglichen Leute.«
    »Ich hab gesagt, es ist gerade ungünstig, Miss Raton!«
    Familienstreit?, dachte sie. Vielleicht hatte das Mädchen recht. Vielleicht war es der falsche Zeitpunkt. Aber sie war nun einmal jetzt hier. Sie konnte sich nicht vorstellen, wegzufahren und dann wiederzukommen, wenn es besser passte. Doch sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
    Dann trat der Vater – Christopher Cleek – hinter ihr hervor und lächelte halbwegs freundlich.
    »Was ist das für ein Benehmen, Peg?«, sagte er. »Bitte kommen Sie herein.«
    Sie trat ein, und er reichte ihr die Hand. Sie fühlte sich etwas feucht an, doch der Griff war fest. Er verströmte einen Geruch. Irgendetwas Chemisches. Wie alter Schnaps – aber das war es nicht. Sie konnte es nicht einordnen.
    Er führte sie ins Wohnzimmer.
    »Wie geht es Ihnen, Miss Raton? Mathematik, oder? Ich kenne Sie vom Elternabend. Schön, Sie mal wieder zu sehen. Setzen Sie sich doch. Kann ich Ihnen etwas anbieten? Eine Tasse Kaffee? Oder eine Limo?«
    Er lotste sie zu dem edlen Samtsessel. Sie saß den beiden auf dem Sofa gegenüber.
    »Nein danke, alles prima«, sagte sie.
    Aber nichts war prima. Und eine Tasse Kaffee hätte auch nichts daran geändert. Sie hatte noch nie etwas Ähnliches getan – war noch nie wegen eines Schülers zu den Eltern gegangen. Im Klassenzimmer war sie selbstsicher. Hier war sie verlegen, ein wenig ängstlich und kam sich fehl am Platze vor. Aber vor allem verspürte sie Entschlossenheit. Die Sache musste endlich ans Licht kommen. Das war es, was jemand – irgendjemand – auch für Dorothy hätte tun sollen.
    »Kann ich Sie und Ihre Frau allein sprechen, Mr. Cleek?«
    »Nennen Sie mich Chris, Miss Raton, bitte. Und wie heißen Sie mit Vornamen?«
    »Genevieve.«
    »Genevieve. Schöner Name. Sind Sie Frankokanadierin?«
    Sie lächelte. »Mein Vater war ein Cajun aus Louisiana, Mr. … Chris. Er hat sich in eine Frau aus Ottawa verliebt.«
    »Er ist seinem

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