Beuteschema: Thriller (German Edition)
erwiderte Florence und klang frustriert. » Sind Sie hier, um ihn wieder ins Gefängnis zu bringen?«
» Dürfen wir hereinkommen?«, fragte Wessel.
» Wenn Sie keinen Durchsuchungsbefehl haben, ist die Antwort Nein.«
Nick spähte in die Wohnung, in der die Zeit irgendwann um 1972 stehen geblieben zu sein schien. Die grellbunte Tapete schälte sich ab, die Resopal-Möbel waren abgenutzt bis zum Gehtnichtmehr, und der rostfarbene Teppich war so durchgelatscht, dass das Gewebe frei lag.
» Toddy ist kein übler Bursche«, sagte Florence. » Warum lasst ihr ihn nicht einfach in Ruhe?«
Wessel sah an ihr vorbei in die Wohnung. » Kann ich was zu trinken haben?«, fragte er.
» Ich habe Wasser. Ich bringe es Ihnen.«
» Ich hätte lieber ein Bier, wenn es recht ist.«
Nick warf ihm einen erstaunten Blick zu.
» Ich habe kein Bier im Haus.«
» Von wem ist dann die Flasche dort?«, wollte Wessel wissen.
Er deutete zu dem Kaffeetisch im Wohnzimmer. Die Flasche war fast voll und mit Kondenswasser beschlagen, als wäre sie gerade aus dem Kühlschrank geholt worden. Florence drehte sich um. Auf ihrem Gesicht machte sich Panik breit.
» Ich weiß nicht, woher die kommt.«
Und dann hörten es die Detectives– das unverkennbare Quietschen eines alten, verzogenen Holzfensters, das geöffnet wurde.
» Ich übernehme die Rückseite«, sagte Wessel und rannte los, während Nick Florence zur Seite schob, seine Waffe zog und in die Wohnung stürmte.
» Sie dürfen da nicht rein«, rief ihm Florence nach, als er durch den Flur lief.
Aber Nick hatte bereits die Schlafzimmertür aufgerissen. An der gegenüberliegenden Wand schlug ein verblasster gelber Vorhang im Wind. Er rannte zum Fenster und sah Todd Quimby gerade noch durch die Baustelle nebenan sprinten. So schnell er konnte, kletterte Nick durch das Fenster, sprang ohne zu zögern auf die Erde und rollte sich ab.
Er rappelte sich auf und warf sich sofort wieder zu Boden, um einem Stahlträger auszuweichen, der an einem Kran hing und keinen Meter an seinem Kopf vorbeisauste. Nick sah die Bauarbeiter mit ihren Schutzhelmen in seine Richtung brüllen, er verstand kein Wort bei dem Lärm, aber ohne Frage rieten sie ihm dringend, schleunigst zu verschwinden, wenn er am Leben bleiben wollte.
Und dann ließen drei schrille Pfiffe aus einer Trillerpfeife in der Nähe fast sein Trommelfell platzen. Als hätte sich eine unsichtbare Hand von oben herabgesenkt und den Strom abgestellt, verstummte alles schwere Gerät schlagartig, und die Arbeiter erstarrten an Ort und Stelle. Das Einzige, was sich bewegte, war Todd Quimby, und Nick sah, dass er einen gewaltigen Vorsprung hatte.
Er kam auf die Beine und lief los. Aber Quimby rannte bereits durch den offenen Maschendrahtzaun auf die Straße.
Nick brauchte etwa fünfzehn Sekunden, bis er dieselbe Strecke zurückgelegt hatte und den Gehsteig erreichte. Er blickte sich um. Von Quimby oder Wessel war nirgendwo etwas zu sehen, und es gab keinen Ort, wohin sie verschwunden sein konnten.
Bis auf den U-Bahn-Eingang an der Ecke zum Broadway.
Er spurtete den Block entlang und dann die Treppe hinunter in den Abgrund. Fast sofort verschwamm alles in seinem Blickfeld, da seine Augen Mühe hatten, sich vom hellen Sonnenschein auf das Dämmerlicht der Station umzustellen. Nick zückte seine Dienstmarke für den Angestellten in der Kabine und sprang über das Drehkreuz auf den Bahnsteig Richtung Süden.
» Was ist hier los?«, fragte Nick in die Menge der Wartenden.
» Ein Polizist verfolgt einen Kerl über die Gleise«, sagte ein Passant und deutete.
Nick lief zum südlichen Ende des Bahnsteigs und wollte gerade die kurze Treppe auf das Gleis hinuntersteigen, als er abrupt stehen blieb.
Was zum Teufel tue ich da? Ich sehe verdammt noch mal nicht das Geringste.
Er hatte keine andere Wahl. Irgendwo in dieser Dunkelheit war sein Partner.
Er stürmte vorwärts in den Tunnel. Die plötzliche Schwärze ließ erneut alles vor seinen Augen verschwimmen, als würde er durch einen Filter schauen. Er war buchstäblich blind, sein einziger Bezugsrahmen waren ein paar nackte Glühbirnen an einer Wand und ein rotes Signal vielleicht zwanzig Meter voraus. Oder war es näher?
Nick kämpfte sich weiter, wobei er vorsichtig die Gleismitte mied, um nicht einen tödliche Stromschlag von der dritten Schiene zu erleiden.
Und dann sah er, wie sich etwas bewegte. Ist das ein Mensch?
Er taumelte auf die Gestalt zu. Er hörte das Donnern eines
Weitere Kostenlose Bücher