Beuteschema: Thriller (German Edition)
sobald er die Vergangenheit loslässt, würde er frei sein, mit der Zukunft fortzufahren. Mit unserer Zukunft.«
» Und zu diesem Prozess gehörte es wohl, hierherzukommen und es mir ins Gesicht zu schleudern«, gab Lewis zurück.
» Nein, Sir«, antwortete Claire unterwürfig. » Doug hat sich bereit erklärt, hier herzufahren, weil ich Sie sehen wollte.« Zumindest das ist nicht gelogen, dachte Claire. Allerdings hatte sie ohnehin keine Hemmungen, dieses Ungeheuer zu belügen.
Ob es der vorgetäuschte Respekt oder Claires Antwort war, etwas an ihr schien Lewis zu entwaffnen. » Es überrascht mich, dass Douglas überhaupt zugegeben hat, einen Vater zu haben«, sagte er.
» Erst hat er es auch nicht zugegeben«, erwiderte Claire und ergriff erneut Dougs Hand. » Er hat mir erzählt, dass Sie vor Jahren an einem Herzinfarkt gestorben seien.«
» Aber Sie haben ihm nicht geglaubt.«
» Sie bat mich, dein Grab sehen zu dürfen«, sagte Doug. » Logischerweise konnte ich es ihr nicht zeigen. Ich wollte nicht, dass unsere Beziehung auf Lügen aufbaut. So wie die Lügen, die du mir als Kind erzählt hast.«
» Und was für Lügen waren das?«, fragte Lewis und beugte sich vor.
» Du weißt schon, all diese › Geschäftsreisen‹, auf denen du angeblich immer warst. Dass du mir nie etwas von den Orten erzählen wolltest, weil es dann keine Überraschung mehr wäre, wenn du endlich mit mir hinfahren würdest.«
Lewis lächelte. » Ich konnte natürlich nicht mit dir hinfahren, weil ich…«
» Lass den Quatsch, Dad«, sagte Lewis und stieß das Wort so laut hervor, dass die Wachen aufmerksam wurden. » Du konntest mir nichts von diesen Orten erzählen, weil du nie einen von ihnen gesehen hast.«
Etwas an diesen Worten schlug eine Saite in Lewis an, als fühlte er sich tatsächlich schuldig. » Ich habe dich und deine Mutter nicht einmal belogen, was meine Reiseziele anging…«
» Aber du hast mit Sicherheit in Bezug darauf gelogen, was du dort getan hast.«
» Und was glaubst du, habe ich getan?«
» Kleine Mädchen vergewaltigt und ermordet.«
Falls Lewis diese Aussage traf, ließ er es sich nicht anmerken. » Wie kommst du darauf?«, fragte er.
» Weil Claire sagt, Pädophile wie du geben sich nie nur mit einem Opfer zufrieden.«
» Ich bin kein Pädophiler. Und Claire ist wohl kaum eine Expertin auf diesem Gebiet.«
Doug grinste. » Doch, das ist sie«, sagte er mit großer Genugtuung. » Claire ist forensische Psychiaterin.«
Zum ersten Mal lag Verachtung in Lewis’ Blick, als er Claire ansah. » Jetzt verstehe ich. Sie wollten mich treffen, weil ich eine Art Forschungsobjekt bin. Etwas, das Sie zerlegen und über das Sie dann eine wissenschaftliche Arbeit schreiben können.«
» Nein. Ich wünsche mir schon seit Jahren, Sie kennenzulernen.«
Lewis stockte der Atem. » Sie sind nicht mit meinem Sohn verlobt, hab ich recht?«
Claire beugte sich vor, sie war nur Zentimeter von der grauen Haut und den gelben Zähnen des Mannes entfernt. » Nein. Ich kenne Ihren Sohn erst seit gestern, Mr. Winslow.«
Lewis schaute ihr in die Augen und wusste Bescheid.
» Mein Gott«, flüsterte er. » Claire…«
Er wandte sich wieder an seinen Sohn. » Sie versucht, dich zu manipulieren, Douglas. Psychiater verdrehen und beugen die Wahrheit. Deshalb bin ich hier drin…«
» Du bist hier drin, weil du ein unschuldiges Kind ermordet hast«, erwiderte Doug mit erhobener Stimme.
» Ich bin ein kranker Mann!«, rief Lewis aus. » Ich gehöre in eine Anstalt. Ich habe nur einem einzigen kleinen Mädchen etwas getan! Ich schwöre es bei meinem Leben. Ich konnte nicht anders.«
» Du verlogener Schweinehund«, sagte Doug, und Tränen stiegen ihm in die Augen.
» Nein, mein Sohn, nein. Ich weiß nicht, was mich dazu getrieben hat. Etwas Böses in mir, wie ein Zwang, der mich nicht losließ. Ich bin krank, aber dieser Psychiater hat das Gericht davon überzeugt, dass ich es nicht bin. Und deshalb werde ich den Rest meines Lebens in diesem Höllenloch verbringen.«
» Du bist erbärmlich. Du willst tatsächlich, dass ich Mitleid mit dir habe«, sagte Doug und stand auf. » Du widerst mich an.«
Lewis sah Claire mit bösartiger Verachtung an. » Sie hat dich benutzt, Douglas. Sie hat dich benutzt, um an mich heranzukommen. Du weißt, dass es wahr ist.«
Doug verließ den Raum, ohne sich noch einmal nach seinem Vater umzudrehen.
Claire sah Lewis an, der nur höhnisch grinste. Schließlich richtete sie die Worte an
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