Beuteschema: Thriller (German Edition)

identifiziert, das wiederum mit der Beschreibung übereinstimmt, die sie der Polizei gab.«
    » Nicht zu vergessen den Namen, den er benutzte«, ergänzte Nick. » Winslow– das kann kein Zufall sein.«
    Lewis senkte den Blick. Und traf seine Entscheidung.
    » Dann wollen wir ihn fragen.«
    Claire sah ihn ungläubig an. » Ihn fragen? Aber Sie sagten doch, dass er an einem Herzinfarkt gestorben ist.«
    » Ich musste mir sicher sein.« Dann beugte er sich zum ersten Mal näher zu Claire. » Wollen Sie einen Schlussstrich ziehen, Doktor?«
    » Ja. Für mich und für Amys Eltern.«
    » Mein Vater sitzt in Ontario im Gefängnis. Wenn Sie wollen, veranlasse ich, dass Sie ihn sehen können.«
    Claire benötigte nur eine Sekunde für ihre Antwort.
    » Ja, bitte«, sagte sie.

23
    Das Gefängnis Kingston erhebt sich wie eine monolithische Steinfestung am Nordufer des Ontario-Sees, als bewachte es die Stadt, deren Namen es trägt. In der Tat ist es als das Alcatraz Kanadas bekannt, das strengste Hochsicherheitsgefängnis des Landes, das dessen gefährlichste Kriminelle beherbergt, von denen fast die Hälfte eine lebenslängliche Strafe verbüßt. Als sich Claire den beiden dorischen Säulen am Besuchereingang näherte, warf sie einen Blick zu den Wachtürmen an den Ecken der Mauer, die das Gefängnis umgab.
    Wenigstens ist der Schweinehund dort, wo er hingehört, dachte sie.
    Der Schweinehund war natürlich Peter Lewis, der Mann, der sich » Mr. Winslow« nannte, als er vor mehr als zwei Jahrzehnten Amy statt ihrer entführt hatte.
    Claire warf einen Blick nach rechts zum Sohn des Schweinehunds, Doug Lewis, und sie war dankbar, dass er sich bereit erklärt hatte, sie zu dem Vater zu bringen, den er seit fast zwanzig Jahren nicht gesehen hatte. Sie hatten die dreieinhalbstündige Autofahrt von Rochester nach Kingston gemeinsam zurückgelegt. Zu Beginn ihrer Reise hatte Doug alle Small-Talk-Versuche Claires abgeblockt, und sie verstand vielleicht besser als irgendwer, warum er es tat. Er hatte seine Vergangenheit erfolgreich begraben und war jetzt gezwungen– oder zwang sich selbst–, sich ihr noch einmal zu stellen. Es war ein unausgesprochenes Band zwischen ihnen. Die Last der entsetzlichen Verbrechen seines Vaters zu tragen, war eine Hölle, die derjenigen glich, die sie durchgemacht hatte.
    Als sie mit Doug die King Street überquerte, die zweispurige Hauptverkehrsstraße vor dem Gefängniseingang, überkam sie eine unheilvolle Vorahnung. Sie wünschte, Nick wäre bei ihnen. Aber sie wusste, seine Abwesenheit hatte ihren Grund.
    Es war einfach zweckdienlich, so vorzugehen. Ein Ersuchen der Polizei von Rochester, Peter Lewis in einem kanadischen Gefängnis vernehmen zu dürfen, würde offiziell über das amerikanische Außenministerium laufen müssen, und bei einem solchen Verfahren bestand die reale Möglichkeit des Scheiterns, wenn die Kanadier die Zusammenarbeit verweigerten oder wenn Lewis Anwälte dagegen aufbot.
    Aber wie konnte sich Lewis weigern– oder die kanadischen Behörden es ihm verweigern–, sein einziges Kind nach so langer Zeit zu sehen? Vor allem, da dieses Kind ebenso Bürger Kanadas wie der Vereinigten Staaten war?
    Claire und Nick fassten also einen Entschluss: Das Ganze würde eine verdeckte Aktion werden. Nach heimlichen Treffen mit dem Polizeichef und dem Bezirksstaatsanwalt nahm sich Detective Hart ein paar Tage frei, sodass er nicht offiziell im Dienst sein würde, falls der Plan an irgendeiner Stelle scheiterte. Er und Nick würden in Harts altem Subaru Outback nach Kingston fahren, um nicht als Polizisten erkannt zu werden. Claire und Doug würden getrennt in Dougs SUV fahren, da drei Männer und eine Frau in demselben Wagen unerwünschte Aufmerksamkeit erwecken könnten. Nick und Hart würden sich in einem Hotel am Seeufer in der Innenstadt von Kingston einquartieren, wo ihnen Doug und Claire unmittelbar nach ihrem Treffen mit Lewis Bericht erstatten sollten.
    Als die beiden am Gefängnistor durch einen Metalldetektor gehen und sich einer Leibesvisitation unterziehen mussten, war Claire froh, dass sie nicht versucht hatte, ihr Miniaufnahmegerät einzuschmuggeln, da man es unweigerlich entdeckt und sie zurückgewiesen hätte.
    Obwohl Lewis in Isolationshaft saß und nur einmal am Tag für eine Stunde zur körperlichen Ertüchtigung seine Zelle verlassen durfte, war ein Prüfausschuss zu dem Ergebnis gelangt, dass seine ersten Besucher in zwanzig Jahren nicht in einem abgeschlossenen, schwer