Beuteschema: Thriller (German Edition)
bewachten Raum mit ihm eingesperrt werden mussten. Deshalb führte man Claire und Doug nun in den großen Besucherraum, wo die Insassen mit verschiedenen Angehörigen an mehreren Dutzend Metalltischen saßen. Rund um den Raum verteiltes Wachpersonal würde sich sofort auf jeden Gefangenen stürzen, der versuchen sollte, die Hand in die Bluse oder Hose seiner Freundin zu schieben oder gar vor den anderen Besuchern Sex mit ihr zu haben, wie es auch schon vorgekommen war.
Man führte Claire und Doug an einen Tisch nahe der Wand, wo sie nebeneinander Platz nahmen. Zwei Wächter hielten sich in unmittelbarer Nähe auf. Claire war jetzt merkwürdig ruhig. Sie sah zu Doug hinüber, der seine Nervosität mehr schlecht als recht verbarg.
» Sind Sie sicher, dass Sie bereit dafür sind?«, fragte sie und berührte ihn an der Schulter.
» Nein«, antwortete Doug, » aber es wird schon gehen.«
» Danke«, sagte Claire und strich ihm das Haar aus der Stirn. Der körperliche Kontakt gehörte zu dem Plan, Lewis davon zu überzeugen, dass sie verlobt waren, aber sie merkte, dass ihn die Berührung beruhigte. Wann hat Sie das letzte Mal jemand berührt?
Er wollte gerade etwas sagen, als am anderen Ende des Raums eine Tür aufging und zwei Wärter einen dünnen, grauhaarigen Mann hereinführten. Claire fühlte Übelkeit aufsteigen, denn obwohl » Mr. Winslow« gealtert war, erkannte sie ihn sofort. Er war an den Füßen gefesselt und trug Handschellen, sodass er nur über den braunen Linoleumboden schlurfen konnte. Er sah seinen Sohn, und ein schiefes Lächeln trat auf sein Gesicht, das nur so lange anhielt, bis er erkannte, dass der Junge neben einer Frau saß.
Diese Frau nahm nun die Hand seines Sohns, sie verschränkten die Finger. Wie ein Liebespaar.
Claire und Doug standen auf, als Lewis auf der andern Seite des Tischs ankam. Ein Wärter zog ihm einen Stuhl heraus.
» Douglas«, sagte Lewis beinahe emotionslos, als er sich setzte.
» Peter«, erwiderte Doug und ließ Claires Hand los.
» Früher hast du mich Dad genannt«, sagte Lewis.
» Du bist schon lange nicht mehr mein Vater«, stellte Doug kategorisch klar.
Ein unbehagliches Schweigen folgte. Dann sah Lewis Claire an. » Willst du mich deiner Freundin nicht vorstellen?«, fragte er.
» Das ist Claire«, sagte Doug. » Claire, das ist Peter.«
» Angenehm«, sagte Lewis und streckte die gefesselte Hand vor, so weit es ging.
» Ganz meinerseits«, sagte Claire und ergriff sie mit beiden Händen. Bei der Berührung lief es ihr eiskalt den Rücken hinunter, doch sie brachte es fertig, sich nichts anmerken zu lassen.
Was sie hingegen nicht zu verbergen versuchte, war der Diamantring, den sie an der linken Hand trug. Den Lewis auch sofort bemerkte und der ihn veranlasste zurückzuweichen.
» Das ist der Ring, den ich deiner Mutter geschenkt habe«, sagte er zu Doug, ohne den Blick von Claire zu nehmen.
» Ja«, sagte sein Sohn ungerührt und legte den Arm um Claires Taille. » Claire ist meine Verlobte. Wir werden heiraten.«
Lewis zeigte keine Gefühlsregung. Er saß einfach nur da und sah die beiden an. » Dann sollte ich wohl ein paar Sachen über Sie wissen«, wandte er sich schließlich an Claire. » Sind Sie ebenfalls aus Pickering?«
» Nein, ich bin Amerikanerin«, antwortete Claire so respektvoll sie konnte. » Ich bin in Rochester aufgewachsen.«
» Was für ein Zufall«, sagte Lewis und kniff die Augen zusammen, als würde er sich an längst vergangene Zeiten dort erinnern. » Doug hat Ihnen sicherlich erzählt, dass wir in Rochester gewohnt haben, ehe wir nach Kanada zogen.«
» Claire und ich haben uns in Rochester kennengelernt«, sagte Doug. » Ich bin nach dem College wieder dorthin gezogen.«
Erneut lächelte Lewis schief. » Ach so«, sagte er. » Und ich dachte, du hast mich all die Jahre nicht besucht, weil du mich hasstest.«
» Ich hasse dich nicht mehr«, sagte Doug. » Dich zu hassen, hat mich zu viel Energie gekostet. Es hätte mich fast zerstört.« Er sah Claire liebevoll an. » Als ich aufhörte, dich zu hassen, habe ich mein Leben zurückgewonnen.«
» Du meinst, es war leichter, mich einfach aus deinem Leben herauszuschneiden. So zu tun, als hätte ich nie existiert«, höhnte Lewis.
» Richtig«, erwiderte Doug, ohne auf die Gefühlsregung seines Vaters zu achten. » Und das alles wegen Claire.«
Lewis wandte sich an Claire. » Dann war das also Ihr Werk.«
Claire täuschte Verlegenheit vor. » Ich habe ihm nur gesagt,
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