Beutewelt 01 - Bürger 1-564398B-278843
wenn alles schnell gehen musste, plötzlich vor Absperrgittern, die erst in den letzten Tagen aufgestellt worden waren, oder gar vor Sicherheitskräften standen. Sie mussten die Lage genau im Auge haben und auf Veränderungen reagieren.
Es war der gleiche Weg wie beim letzten Mal und Ratten und Spinnen erschienen erneut als Begrüßungskomitee in den langen Gängen der Kanalisation. Als sie im ersten größeren Raum angekommen waren, musterten sie noch einmal ihre Ausrüstung, um auf alle eventuellen Zwischenfälle vorbereitet zu sein. Frank blickte geistesabwesend auf sein Nahkampfmesser mit der gezackten Klinge, welches ihm John Throphy von einer seiner Reisen nach Weißrussland mitgebracht hatte, dann steckte er es zurück in den Rucksack.
Die roten Markierungssymbole, die Alf an einige Wände gesprüht hatte, waren nach wie vor da und leisteten einen wichtigen Dienst. Auch die zerstörten Absperrgitter waren nach dem ersten Vordringen in das Kanalsystem zum Glück von niemandem erneuert worden.
Die beiden Männer einigten sich darauf, nicht im direkten Umfeld der Veranstaltung zu übernachten. Wenn Trupps von Sicherheitsleuten die Gänge vor dem Ereignis durchsuchten, dann in diesem Bereich. Sie entschieden sich für den stillgelegten U-Bahn-Schacht, den sie durch das merkwürdige, gegrabene Loch erreichen konnten. Hier war die Luft nicht ganz so stickig und von irgendwo schien sogar eine frische Böe in den Tunnel hinein zu kommen. Trotzdem war es kalt, widerlich und verdammt dunkel.
„Was ist, wenn hier wieder Leute rumschleichen?“ flüsterte Frank.
„Einer von uns muss aufbleiben und Wache halten, während der andere schläft“, erwiderte Alf. „Ich fange von mir aus an.“
Sie suchten den Schacht nach Feuerholz ab und fanden nach einigen Metern allerlei brennbares Gerümpel, vermutlich die Hinterlassenschaften von einigen Clochards. So entfachten sie ein kleines Lagerfeuer, einen winzigen Ort der Wärme und des Lichtes in dem ansonsten endlosen, gähnenden Schacht.
Kohlhaas ließ sich Alfs Angebot jedenfalls nicht zweimal sagen, wickelte sich in seine Decke ein und ließ sich auf dem unbequemen Boden neben die Schienen nieder, nachdem er zuvor ein paar trockene Bretter und eine alte Plastikfolie dorthin gelegt hatte.
Diese Nacht war furchtbar. Allein in der finsteren Weite des alten Schachtes und selbst dem abgehärteten Bäumer bereitete sie Unannehmlichkeiten.
Irgendwann weckte er seinen Freund auf und bat ihn, die weitere Nachtwache zu übernehmen. Verschlafen und genervt richtete sich Frank auf und setzte sich an das glimmende Feuer. Es dauerte nur Minuten, dann war Alfred Bäumer eingenickt und fing an zu schnarchen. Es war das einzige Geräusch in den finsteren Gewölbe und Kohlhaas war nach einer Weile froh, es hören zu dürfen. Die Dunkelheit starrte ihn aus der Ferne an und manchmal glaubte er, wieder ein leises Husten oder Weinen irgendwo zu hören, doch in dieser Nacht war der U-Bahn-Schacht leer.
Irgendwann war es 6.00 Uhr morgens. Frank und Alfred stopften sich einige Brote zwischen die Backen, dann begannen sie mit ihrer Erkundungstour.
Sie schlichen ruhig und langsam vorwärts ohne auf jemanden zu treffen. Es waren keine Absperrungen in der Kanalisation repariert oder sogar zusätzlich von der Polizei aufgebaut worden. Zumindest nicht am ersten Tag in diesem Loch.
Den restlichen Teil des 27.02.2029 verbrachten die zwei Männer mit Kartenspielen oder diversen Gesprächen am Lagerfeuer im U-Bahn-Schacht. Später erkundeten sie noch ein paar Seitengänge, um dann schnell wieder zu ihrem mehr oder weniger sicheren Hort zurückzugehen. Sie zogen den alten Metroschacht auch nicht nur wegen der besseren Luft und des Lagerfeuers der Kanalisation vor. Abgesehen von den größeren Hallen mit den Wasserreservoirs waren die Kanalabflüsse sicherlich kein Ort, wo man sich länger als nötig aufhalten wollte.
Die Stunden erschienen ihnen hier unten endlos. Wieder hatten sie eine lange und unbequeme Nacht vor sich und Frank begann als erster mit der Wache, während sich Alfred zum Schlafen bereit machte.
Der junge Mann war selbst müde und knabberte gelangweilt an einigen Chips aus dem Supermarkt. Die Dunkel- heit um ihn herum machte ihn nervös und er legte weiteres Holz nach, das er auf einem Schutthaufen neben den Schienen entdeckten hatte. So kauerte er vor dem Lagerfeuer, als er plötzlich zusammenschreckte.
Eine blasse Gestalt hatte ihren Kopf aus einer dunklen Ecke jenseits ihres
Weitere Kostenlose Bücher