Beutewelt 02 - Aufstand in der Ferne
ehemaliger Geschäftspartner, lief zügigen Schrittes vor und führte die beiden Männer in eine Tiefgarage, in der ein roter „Kensai“ stand.
Sie fuhren etwa eine halbe Stunde durch diverse Stadtteile von Tokio, dann waren sie in einem ruhigeren Außenbezirk angelangt. Hier lebte der Japaner, der ihnen im gebrochenen Deutsch die gesamte Fahrt über freundlich lächelnd Löcher in den Bauch gefragt hatte. Taishi wirkte sehr geschwätzig und konnte sicherlich Leuten hervorragend auf die Nerven gehen. Aber er schien sehr nett und gastfreundlich zu sein. Frank und Alfred antworteten nur das Nötigste und versuchten, sich erst einmal etwas zu entspannen.
Es war schön, sich einmal wieder unbeobachtet zu fühlen. Sie waren hier freie Männer und kein verwinkelter Arm des Gesetzes lauerte in einer finsteren Ecke, um sie in ein Gefängnis zu ziehen. Ein solches Gefühl hatten sie seit vielen Jahren nicht mehr gehabt. Herrlich war das!
Masaru Taishi hielt an und hüpfte aus seinem Wagen, höflich öffnete er seinen Gästen die Autotür und verneigte sich. Im Hauseingang standen seine Frau und seine zwei Kinder. Sie winkten und lächelten.
Etwas erschöpft trotteten die beiden Rebellen dem aufgeregt quasselnden Mann hinterher, um von seiner Frau und seinen Kindern mit frenetischem Jubel begrüßt zu werden. Alle verbeugten sich, bis sie fast nach vorne über kippten, stellten sich vor und schüttelten ihnen die Hände, als wären sie schon uralte Freunde.
„Wie geht euch in Litauen? Wie geht Thorsten Wilden?“, fragte Taishi und schob die Augenbrauen nach oben. Kleine, hellbraune Schlitzaugen lugten über den Rand der Hornbrille.
„Es geht ihm gut. Und uns auch. Erst einmal vielen Dank, dass Sie uns abgeholt haben und wir hier wohnen dürfen“, sagte Alf.
„Abgeholt … ja, ja“, posaunte Masaru Taishi und klopfte Alf auf die breite Schulter. „Vielen Dank, dass ihr hilft Japan zu … für uns kämpfen!“
Der kleine Mann gestikulierte und wirkte immer noch aufgeregt. Dann lief er weiter ins Haus und zeigte Frank und Alf seine Küche, wo sie Masarus Frau und Kinder mit breiten Mündern anlächelten.
„Japaner lächeln immer …“, flüsterte Kohlhaas seinem Freund zu und tippte ihn an.
„Ja, ich sehe es!“, gab Alf leise zurück.
„Ihr konnt jetzt essen. Meine Frau Ayaka hat gute Essen gemacht“, posaunte der Japaner und setzte sich an seinen tiefergelegten Esstisch.
Bäumer nickte und zog seine Schuhe aus, bevor er in die Küche ging. Frank war froh, dass er an diese japanische Höflichkeitsgeste gedacht hatte und tat das Gleiche, nicht dass Familie Taishi noch beleidigt war.
Sie aßen, tranken einen Schluck Sake und redeten eine Weile mit Herrn Taishi, während seine Frau und die Kinder noch immer daneben standen und freundlich lächelten. Der alte Geschäftsmann konnte erstaunlich gut Deutsch und sein Englisch erschien seinen beiden Gästen nahezu perfekt. Er war viel in der Welt herumgekommen und das merkte man.
Dann gingen alle zu Bett und aufgrund des erschöpfenden Tages hatte Frank in dieser Nacht keine Schlafstörungen, obwohl er sich in neuer Umgebung eigentlich immer erst einmal akklimatisieren musste. Er schlief tief und fühlte sich irgendwie frei.
Am nächsten Tag schilderte ihnen Masaru Taishi die Situation in Japan aus erster Hand. Sein Deutsch war verblüffend flüssig und wenn ihm für schwierige Begriffe das passende Wort fehlte, dann griff er einfach auf die englische Sprache zurück.
Er erzählte, dass Mastumoto unzählige neue Arbeitsplätze geschaffen und eine Sozial- und Rentenabsicherung eingeführt hatte.
Sogar bezahlte Urlaubstage für die Arbeiter und Angestellten gab es in Japan wieder – das war einmalig in der ganzen Welt. Frank und Alfred staunten nicht schlecht, von diesen Dingen konnten sie in „Europa-Mitte“ nur träumen, denn hier regierte ein brutales „Friss-oder-Stirb-Prinzip“, ein seelenloser Kapitalismus.
Hier erhielten Kleinunternehmer staatliche Förderungen, der Globe war abgeschafft und der Yen wieder eingeführt worden. Dem japanischen Volk ging es besser denn je, es blühte regelrecht auf.
Der Präsident des Inselstaates hatte den Geldwert an die Arbeitskraft der Bevölkerung gebunden und dem Zinssystem eine Abfuhr erteilt. Alternative Energien erhielten eine vom japanischen Staat groß angelegte Unterstützung, was der Ölindustrie überhaupt nicht passte. Mittlerweile liefen zahlreiche Autos mit Wasser oder elektrischer Energie. Die
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