Beutewelt 02 - Aufstand in der Ferne
zurück und hatte gerade vor, sie zu umarmen, als Herr Wilden die Treppe herunterpolterte und ins Speisezimmer geeilt kam.
Der junge Mann drehte sich gedankenverloren um. Julia ging einen Schritt zurück, setzte sich wieder an den Tisch und ihr Vater legte aufgeregt los: „Also, Frank. Hier sind noch einmal die wichtigsten Punkte für morgen. Ich habe sie Julia auch schon vorgelesen, vielleicht hat sie mit dir bereits über den einen oder anderen Hinweis gesprochen…“
„Äh …“, stammelte Kohlhaas und verdrehte die Augen. Julia verzog ihren Mund und trommelte mit ihren zarten Fingern auf dem Esstisch herum.
„Ich halte es für sinnvoll, wenn auch ihr so gut wie kein Gepäck mitnehmt. Ich habe mit Masaru …“, der Dorfchef erklärte wieder alles ganz genau und Frank musste seinen Ausführungen zuhören.
Seine Tochter ging in den Nebenraum und hauchte nur noch ein „Viel Glück!“, in Richtung des jungen Freiwilligen. So ging es noch ein paar Stunden mit Wildens Schilderung der Weltlage und allen theoretischen Eventualitäten weiter. Bäumer kam später auch noch dazu und bekam den gleichen Vortrag zu hören.
Der morgige Flug nach Japan war für 10.00 Uhr angesetzt und John Thorphy, der Ire, stand schon drei Stunden früher vor ihrem Haus. Sein alter, weißer Kombi mit den zahlreicher werdenden Roststellen sollte Frank und Alfred nach Wilna zum Flughafen bringen. Gepäck hatten die beiden kaum. Lediglich eine weitere Garnitur Kleider, eine Jacke und einige geschmierte Brote. Den beiden Kriegsfreiwilligen war es heute Morgen gar nicht wohl bei dem Gedanken in einer der alten, litauischen Passagiermaschinen einen viele Stunden andauernden Flug nach Tokio über sich ergehen zu lassen. Ihnen wurde fast schon im Vorfeld schlecht, doch sie rissen sich zusammen und stiegen schweigend in Throphys Wagen.
Wilden war noch kurz aufgetaucht und wünschte ihnen alles Gute. Der Ire unterbrach den dann folgenden Vortrag Wildens über die weltpolitische Wichtigkeit ihrer Mission und zeigte genervt auf die Uhr.
„Wir müssen jetzt mal langsam los, Thorsten!“, brummte er und stieg schon einmal in seinen Kombi.
Die Fahrt zur ehemaligen litauischen Hauptstadt war schweigsam. Frank und Alfred schauten aus dem Fenster des Wagens und ließen die sonnendurchflutete Landschaft an sich vorbeiziehen. Grüne Wiesen und alte Bauernhäuser lagen zu beiden Seiten der Straße, manchmal durchfuhren sie auch Ortschaften, welche furchtbar heruntergekommen und verarmt wirkten. Litauen hatte wahrlich auch schon bessere Zeiten erlebt.
Sie erreichten den Flughafen, dem der allgemeine Verfall des Landes ebenfalls deutlich anzusehen war, pünktlich, und tauchten im Gewühl der zahlreichen Fluggäste unter. John Thorphy verabschiedete sich und war bemüht die Großstadt so schnell wie möglich wieder zu verlassen. Die Fahrten in größere Ballungsgebiete fand er immer unheimlich, denn immerhin wurde nach seiner Person ebenfalls international gefahndet.
Kohlhaas hatte sich in den letzten Wochen einen dichten,
dunklen Bart wachsen lassen und trug wieder einmal eine Sonnenbrille mit breiten Gläsern und eine graue Baseballmütze. Alfred hatte ebenfalls eine Mütze auf dem Kopf und zog sie sich noch tiefer ins Gesicht. Der Flughafen war voll mit Überwachungskameras und trotz gefälschter Scanchips fühlten sich die beiden Rebellen hier äußerst unwohl.
Beide atmeten schwerer, als sie sich der Kontrollzone näherten, doch HOKs gefälschte Daten erwiesen sich erneut als sicher. Ihr Gepäck bestand nur aus Freizeitkleidung und keiner der grimmig schauenden Kontrolleure musterte sie intensiver als die anderen Fluggäste.
Als sie die Zone hinter sich gelassen hatten, schnauften sie kurz und gingen dann etwas entspannter zu ihrem Flieger nach Tokio. Das große Flugzeug war relativ leer. Nur einige Dutzend Passagiere waren an Bord gegangen und es handelte sich hierbei vermutlich überwiegend um Geschäftsleute.
Die Zahl der Touristen, die Japan in dieser Zeit noch zu besuchen gedachten, war gering. Nur eine Familie mit drei kleinen Kindern, die vor dem Abflug die Sicherheitsanweisungen der Stewardess lauthals kommentierten, konnten die beiden Rebellen erkennen. Ansonsten hatten sich viele Leute in feinen Anzügen und mit großen Aktenkoffern über die Sitzreihen verteilt.
Hätte Frank und Alfred jemand gefragt, was sie in Japan wollten, so hatten sie geantwortet, dass sie Franks Schwester besuchten, welche in Tokio lebte. Natürlich nicht
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