Beutewelt 03 - Organisierte Wut
der Veranstaltung war es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen weißrussischen Jugendlichen und Einwanderern aus Kleinasien gekommen. Es gab zwei Tote und mehrere Verletzte. Die Demonstration selbst verlief jedoch störungsfrei und die örtliche Polizei ließ Artur gewähren. GCF-Soldaten tauchten gar nicht erst auf. Offensichtlich hatten Medschenko und seine Berater eingesehen, dass Druck und Terror nicht die intelligentesten Mittel gegen Tschistokjows Anhängerschaft waren.
Im Oktober führte die weißrussische Vasallenregierung, wie angekündigt, die Erhöhung der Öl- und Gaspreise durch. Eine Woge der Wut schwappte über das Land und die Freiheitsbewegung der Rus gewann einen bisher nie gekannten Popularitätsgrad in der Bevölkerung. Zudem kam es zu spontan organisierten Streiks von Metallarbeitern in Minsk und Nowopolozsk. Sub-Gouverneur Medschenko machte zum ersten Mal Zugeständnisse und stimmte einer leichten Lohnerhöhung für die Metallarbeiter zu.
„Wartet bis es richtig kalt ist, dann wird der Kessel explodieren!“, prophezeite Artur in diesen Tagen immer wieder.
Frank und die anderen machten weiter. Mittlerweile glaubte der junge Mann, dass die Situation im Land vielleicht doch eines Tages einen Volksaufstand möglich machen würde.
Kältekollaps
Ende Oktober führte die Freiheitsbewegung der Rus ihre erste, größere Massenkundgebung in Litauen durch. Artur Tschistokjow hatte sich Wilna, das politische Zentrum des Landes, ausgesucht. Zeitgleich kam es auch zu kleineren Protestmärschen in fünf weiteren Kleinstädten.
Etwa 10.000 Männer und Frauen zogen durch Wilna, wo sie auf eine wesentlich aggressivere Polizei trafen als in Weißrussland. Nach nur einer halben Stunde kam es zu schweren Zusammenstößen und Schießereien. Die etwa 500 bewaffneten Ordner, welche von Frank und Peter Ulljewski angeführt wurden, lieferten sich ein kurzes Feuergefecht mit den litauischen Beamten, wobei dreißig Ordner und mehrere Beamte erschossen wurden. Artur Tschistokjow brach die Kundgebung schließlich ab, noch bevor sie die Innenstadt erreicht hatten.
Frank und seine Freunde aus Ivas flüchteten im Eiltempo aus der Großstadt und machten sich auf den Weg nach Wizebsk. Diesmal berichteten die Medien im gesamten Sektor „Europa-Ost“ über die gescheiterte Demonstration der Rus.
Das Fernsehen sprach von „Chaoten“, „Terroristen“ und „Krawallmachern“. Die Hetze dauerte fast zwei Wochen lang. Artur und seine Getreuen ließen sich jedoch nicht entmutigen. Immerhin waren die kleineren Kundgebungen in den litauischen Ortschaften ruhig verlaufen. Bei der Aktion in Wilna wurde auch Igor, der vollbärtige Anführer der dortigen Untergruppe, von der Polizei verhaftet und wenig später wegen „Landfriedensbruch“ hingerichtet. Die Medien berichteten erneut ausführlich darüber.
„Das war eine Riesenscheiße!“, zischte Frank und stopfte den seltsam schmeckenden Kartoffelbrei, welchen Alf mit Mühe und Not zubereitet hatte, in sich hinein.
Sein hünenhafter Freund nickte und erwiderte: „Ich mache in Litauen erst einmal bei keiner Aktion mehr mit. Damit lenken wir nur die Aufmerksamkeit der Behörden auf unser Dorf!“
„Das war mal wieder Wildens geniale Idee“, brummte Kohlhaas.
„Wenn wir wirklich eines Tages in Weißrussland etwas erreichen, dann können wir auch Litauen befreien“, erklärte Bäumer und brachte noch einen Topf mit Kartoffelbrei.
„Wie alt sind die Dinger eigentlich?“, erkundigte sich Frank und zeigte auf den dampfenden Blechtopf.
„Was?“
„Die Kartoffeln! Wie alt?“
Bäumer überlegte. „Die sind aus unserem Vorrat im Keller!“
Frank verzog sein Gesicht. „So schmecken die auch …“
Sein Mitbewohner winkte ab und ging aus der Küche. „Luxus gibt es woanders!“
„Kommst du morgen mit nach Linda?“, rief ihm Frank hinterher.
„Ist da schon wieder eine Demo?“
„Nein, Zeitungen verteilen!“
„Ja, klar!“, antwortete Alf und kam wieder zurück in den Raum.
„Gut, ich spiele jetzt noch ‘ne Runde ‚Doom 8’, Alter!“, erklärte Frank und stellte den halbleeren Teller zur Seite. Dann zog er sich in sein Zimmer zurück und startete seinen Computer.
Thorsten Wilden war erneut in Weißrussland und beriet den inneren Kreis der Freiheitsbewegung der Rus beim Schmieden seiner Revolutionspläne. Die bewaffneten Ordnertrupps sollten in einer großen, landesweiten Aktion wichtige strategische Ziele besetzen, wenn der Tag des
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