Beutewelt 06 - Friedensdämmerung
sich ebenfalls ganze Millionenheere für einen Vorstoß nach Russland und Japan formierten.
Doch noch hatte Artur Tschistokjow ein wenig Zeit, denn die logistischen und militärischen Vorbereitungen für den Großangriff der Weltregierung konnten sich Wochen oder gar Monate hinziehen. Panzer, Kriegsschiffe, Flugzeugträger und anderes Kriegsgerät mussten ebenso wie die Soldaten selbst zunächst strategisch geschickt auf der Weltkarte verteilt werden. Letztendlich gab es in diesen Tagen auch für die internationalen Medien noch einiges zu tun, denn der geplante Krieg bedurfte weiterer Stimmungsmache und einer intensiveren Hasspropaganda gegen Tschistokjow und Matsumoto. Es dauerte immer eine gewisse Zeit, bis der gewöhnliche GCF-Soldat endlich „begriffen“ hatte, warum er in Ländern, die mit seiner Heimat überhaupt nichts zu tun hatten, für die Weltregierung sterben sollte.
Aber auch die zeitlichen Verzögerungen und der bisher weitgehend ungehinderte Vormarsch der Volksarmee konnten die losgetretene Lawine nicht mehr aufhalten. Dieser Krieg steckte noch in den Kinderschuhen; er hatte noch gar nicht richtig angefangen.
Es war schlichtweg töricht, zu glauben, dass der Gegner Angst hatte oder gar unentschlossen und schwach geworden war, obwohl dies einige führende Rus in den ersten Kriegstagen zu glauben schienen. Nein, so war es keineswegs, denn die Weltregierung bereitete ihre gewaltigen Streitkräfte in aller Ruhe auf den Gegenangriff vor. Allerdings hatten die Logenbrüder, auch wenn sie es nicht offen zugaben, nicht mit einem so großen Angriff Tschistokjows gerechnet. Sein Schneid hatte sie zweifellos überrascht, in gewisser Hinsicht auch kalt erwischt. Umso stärker brannte jetzt ihr Hass auf den Gegner und sie gaben sich finsteren Visionen der Vernichtung hin, während ihre Medien die Kriegspropaganda tagtäglich wie einen teuflischen Katechismus herunterbeteten.
Warschau wurde mittlerweile von der Volksarmee belagert, war bereits vollkommen eingeschlossen worden. Der ranghöchste GCF-Kommandant hatte es vor einigen Tagen abgelehnt, sich mit seinen Truppen zu ergeben, obwohl Artur Tschistokjow allen in der Stadt befindlichen Soldaten des Weltverbundes freies Geleit angeboten hatte, wenn sie die Waffen streckten. Frank konnte es immer noch nicht glauben, dass der gegnerische Oberbefehlshaber seine eigenen Soldaten in dieser aussichtslosen Situation nicht hatte retten wollen und nach wie vor die Durchhaltebefehle der Weltregierung befolgte.
Seit Stunden regneten Bombenteppiche auf Warschau hernieder und gewaltige Qualmwolken zogen zwischen den brennenden Häusern gen Himmel. Von den GCF-Soldaten durfte kaum noch die Hälfte am Leben sein, dachte sich Frank, und ließ seine Warägergardisten in Richtung Innenstadt vorrücken. Hunderttausende von Volksarmisten bewegten sich währenddessen ebenfalls in einem immer enger werdenden Kreis auf den zerstörten Kern der Metropole zu.
„Heute Abend ist die Stadt gefallen“, erklärte er seinem Freund Alfred, der in seiner Ferroplastinrüstung geradezu riesig wirkte.
„Sie haben sich im Regierungsviertel verschanzt, obwohl davon nicht mehr viel übrig ist“, erklärte Bäumer seinen Männern. Diese hasteten an ihm durch die trümmerübersäten Straßenzüge vorbei.
In der Ferne hörten sie Schüsse und Explosionen donnern. Das waren die Panzer der Volksarmee, die das zerbombte Regierungsviertel von Warschau zu Hunderten angriffen und die dort verschanzten GCF-Soldaten zusammenschossen.
„Waräger vorrücken bis zum Planquadrat O-37!“, befahl Kohlhaas und kroch hinter einen Mauervorsprung.
Jetzt kam auch Alf zu ihm. „Was passiert da vorne?“
„Unsere Panzer legen alles in Schutt und Asche! Warum geben diese Narren nicht auf?“, fragte sich Frank.
Die Waräger pirschten sich weiter durch die Häuserruinen, dem Gemetzel im Regierungsviertel immer näher kommend. Doch es gab nicht mehr viel für sie zu tun. Überall trieben die Panzer die Gegner bereits aus ihren Stellungen, so dass sie direkt vor die Mündungen der Volksarmisten in ihrem Rücken flüchteten. General Kohlhaas befahl seinen Leuten in Deckung zu bleiben und die anderen die blutige Arbeit erledigen zu lassen.
„Das ist nur noch ein reines Abknallen! Wir sind dafür nicht nötig!“, flüsterte er Alf zu und dieser nickte erschöpft.
So ging es noch mehrere Stunden weiter, bis die wenigen überlebenden GCF-Soldaten schließlich mit weißen Fahnen aus den zerstörten Gebäuden
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