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Bevor der Abend kommt

Titel: Bevor der Abend kommt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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Was gibt es da zu denken?«
    »Denke darüber nach, wie man Julia am besten im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses halten kann«, sagte Tom ruhig, setzte sich auf seinen Stuhl, beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf den Tisch. »Sie wird seit elf Tagen vermisst.«
    »Ich weiß genau, wie lange sie vermisst wird.« »Dann weißt du auch, dass ihr Verschwinden mittlerweile keine Neuigkeit mehr ist. Ein anderes Mädchen hat bereits ihren Platz eingenommen. Ganz zu schweigen von den Prominenten und Filmstars, die zum Festival in der Stadt sind und auf einen guten Fototermin lauern. Ich musste etwas unternehmen, um sicherzugehen, dass man Julia nicht vergisst. Und das werden diese Bilder auf jeden Fall bewirken.«
    »Das heißt also, dass der Zweck noch immer die Mittel heiligt«, sagte Cindy, obwohl sie wusste, dass ein Körnchen Wahrheit in dem steckte, was Tom sagte, was sie jedoch nicht zugeben wollte.
    »Cindy, sei doch vernünftig. Was glaubst du, wie lange die Polizei Julias Fall vordringlich behandeln wird?«
    »Was glaubst du , wie ernst sie ihr Verschwinden noch nehmen, nachdem sie diese Fotos gesehen haben? Sie werden sie als dumm und leichtlebig abtun, vielleicht sogar so dumm und
leichtlebig, dass sie mit irgendwem abhaut, ohne jemandem etwas zu sagen. Oder noch schlimmer – sie halten sie für eine kleine Herumtreiberin, die bekommen hat, was sie verdient.«
    »Sie werden denken, dass sie sich besser auf den Arsch setzen und den Fall lösen, bevor er internationale Aufmerksamkeit erreicht«, fauchte Tom. »Ich bekomme schon Anrufe von Associated Press und People .«
    »Oh Gott.« Cindy hatte das Gefühl, ihr ganzer Körper würde zerknittern wie ein Papiertaschentuch, und ließ sich auf einen der blauen Stühle vor Toms Schreibtisch sinken.
    Tom stand auf und ging mit besorgter Miene auf seine Ex-Frau zu. »Cindy, du musst dich beruhigen. Du kannst nicht bei jeder Gelegenheit explodieren. Das ist nicht gut für dich.«
    »Du meinst, es ist nicht gut für dich «, gab sie zurück, ohne ihn anzusehen.
    »Schau dich doch an.« Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
    Cindy schlug seine Hand weg. »Ich weiß. Ich sehe beschissen aus. Das hast du mir schon gesagt.«
    »Ich mache mir bloß Sorgen um dich.«
    Cindy stand auf, trat ans Fenster und starrte auf den Ontariosee. »Wenn du dir meinetwegen so verdammt große Sorgen machst, warum hast du mir dann nicht erzählt, was du mit den Fotos vorhattest? Warum hast du mich nicht gewarnt?«
    »Weil ich wusste, dass du nicht einverstanden sein würdest. Und ich hatte keine Lust auf …«
    »Das hier?«
    »Genau.«
    »Feigling.«
    Tom schüttelte den Kopf. »Okay, ich denke, wir haben gesagt, was wir zu sagen hatten.«
    »Ich nicht.«
    »Natürlich«, sagte er mit einem vernehmlichen Seufzer. »Okay, ich bin bereit. Gib dein Bestes.«

    Cindy sah ihren früheren Mann an, der mit gespreizten Beinen, schlaff herabhängenden Armen und ohne jeden Ausdruck in seinem attraktiven Gesicht vor ihr stand, und ertappte sich bei dem Gedanken, dass sie diesen Mann einmal geliebt hatte. Seit sie siebzehn gewesen war – und so sehr, dass sie mit achtzehn mit ihm durchgebrannt war und zwei Kinder mit ihm hatte. Zwei Kinder, erinnerte sie sich, während ihre Unterlippe erneut zu zittern begann und Tränen ihren Blick verschleierten. »Wie geht es Heather?«, fragte sie und merkte, dass sie kaum an Heather gedacht hatte, seit sie gegangen war.
    »Es geht ihr gut.«
    »Hat sie dir erzählt, was passiert ist?«
    »Sie meinte nur, es würde zu Hause ein bisschen voll.« Tom hielt inne. »Du weißt, dass ich Recht habe wegen der Bilder, oder nicht?«
    Cindy strich sich ungeduldig eine Strähne hinters Ohr. »Ich hasse es, wenn du Recht hast.«
    »Du hasst alles an mir«, sagte er leise und trat neben sie.
    »Ja, so ziemlich«, gab Cindy zu und ließ sich von ihm umarmen und an sich ziehen. Sie weinte leise an seiner Brust, ihre Tränen benetzten sein Hemd und die Seidenkrawatte. Wie hatte sie sich in jemanden verlieben können, den sie nie wirklich gemocht hatte?
    »Cindy …«
    »Was?«
    »Alles wird gut«, sagte er, als die Tür zu seinem Büro aufging und Irena mit einen Becher Kaffee in den zitternden Händen und aschfahlem Gesicht hereinkam. »Irgendwas nicht in Ordnung?«, fragte Tom, als die Detectives Bartolli und Gill das Zimmer betraten. »Was ist los? Ist irgendetwas passiert?«
    Detective Bartolli trat vor und blickte verlegen von Tom zu Cindy. »Wir haben

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