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Bevor der Abend kommt

Titel: Bevor der Abend kommt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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für Sachen denn?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Was sollte noch wichtiger sein als das hier?«

    Cindy schüttelte kapitulierend den Kopf, leerte ihre Kaffeetasse und goss sie erneut voll.
    »Du solltest etwas essen«, wiederholte ihre Mutter.
    Cindy zog diverse zerknüllte Zettel aus der Tasche ihrer grauen Trainingshose und blickte zum Telefon.
    »Was ist das?«, fragte ihre Mutter.
    »Bloß ein paar Telefonnummern, die ich in Julias Zimmer gefunden habe.«
    »Wessen Telefonnummern?«
    Cindy betrachtete die diversen Zettel, als wollte sie sie zwingen, vertraut zu erscheinen. »Ich weiß nicht.«
    Ihre Mutter nahm die Zettel, drehte sie um und las die Nummern laut vor. »Willst du sie anrufen?«
    »Meinst du, ich sollte?«
    »Ja, das könntest du eigentlich machen.«
    »Was soll ich denn sagen?« Cindy war mit drei eiligen Schritten beim Telefon, drückte den Hörer ans Ohr und wählte bereits die erste Nummer.
    »Erst mal hallo.«
    »Danke, Mom«, sagte Cindy, während am anderen Ende nach dem ersten Klingeln abgenommen wurde.
    »Kosmetiksalon Noelise«, meldete sich eine Frauenstimme.
    »Verzeihung, wer ist da bitte?«
    »Kosmetiksalon Noelise«, wiederholte die Frau, als wäre sie sich selbst nicht mehr sicher.
    »Oh. Oh, Verzeihung. Dann habe ich mich wohl verwählt.«
    »Keine Ursache.«
    »Kosmetiksalon Noelise«, erklärte Cindy ihrer Mutter, als sie den Hörer auflegte.
    »Was ist das?«
    »Dort lässt sich Julia die Beine enthaaren.«
    »Versuch die nächste Nummer.«
    Die zweite Nummer gehörte zu Sushi Supreme, die dritte einer lokalen Talent-Agentur, von der unter Vertrag genommen
zu werden sich Julia Hoffnungen machte. »Die Letzte«, sagte Cindy, tippte die Zahlen von dem verbliebenen Zettel ein, hörte es viermal klingeln, bevor ein Anrufbeantworter ansprang.
    »Hier ist das Büro von Granger, McAllister«, begann die Ansage. »Unsere Bürozeiten sind von Montag bis Freitag von neun bis siebzehn Uhr. Wenn Sie die Durchwahl Ihres gewünschten Gesprächspartners kennen, geben Sie sie jetzt ein. Wenn Sie auf unser hausinternes Telefonverzeichnis zugreifen wollen …«
    Cindy legte auf.
    »Was ist denn los?«, fragte ihre Mutter, die schon neben ihr stand.
    »Granger, McAllister«, wiederholte Cindy. »Woher kenne ich diesen Namen?«
    »Eine Anwaltskanzlei?«
    »Nein, ich glaube nicht.« Cindy stellte sich den Namen als breiten Schriftzug auf den hellbraunen Fliesen des Fußbodens vor.
    Als er bei Granger, McAllister angefangen hat, war es noch eine winzige Firma .
    »Architekten«, sagte Cindy tonlos, Faiths Stimme im Ohr.
    »Was sollte Julia denn von einem Architekten wollen?«
    »Keine Ahnung.« Ich glaube, Ryan hat eine Freundin . War es möglich, dass Julia sich mit Ryan eingelassen hatte? »Aber ich werde es verdammt noch mal herausfinden.«
    Als sie erneut nach dem Hörer greifen wollte, fing das Telefon an zu klingeln.
    »Es ist jemand auf Julias Nummer«, sagte Cindy, und ihre Finger schwebten einen Moment über der Taste für die zweite Leitung.
    »Geh schon dran«, drängte ihre Mutter.
    Cindy atmete tief ein, drückte die entsprechende Taste und nahm den Hörer ab. »Hallo.«

    »Julia, hier ist Lindsey. Ich bin im Yoga-Studio. Wo bleibst du denn?«
    »Ich bin sofort da«, erwiderte Cindy mit Julias gehauchtem Flüstern, bevor sie mit rasendem Herzen auflegte. »Ich muss weg.«
    »Was soll das heißen, du musst weg? Wo willst du so plötzlich hin? Was hast du vor?«
    Doch Cindy antwortete nicht. Sie hatte offen gestanden keine Ahnung, was sie vorhatte oder tun wollte, wenn sie in dem Yoga-Studio eintraf. Sie zerrte ihre Handtasche aus dem Garderobenschrank und war schon fast an der Tür, als das Telefon wieder klingelte. Auf ihrer Nummer. Sie drehte sich um, und Julias Name erstarb auf ihren Lippen, als ihre Mutter das Telefon abnahm.
    »Es ist Leigh«, informierte sie Cindy. »Sie ruft dich an, um zu fragen, ob du weißt, wo ich bin.«
    Cindy öffnete die Haustür und atmete die frische Luft tief ein. »Erzähl ihr nichts.«
    Ihre Mutter nickte verständnisvoll. »Tut mir Leid, dass du dir Sorgen gemacht hast«, hörte Cindy sie sagen, als sie die Haustür hinter sich zuzog. »Aber hier ist etwas passiert. Julia wird vermisst.«

12
     
     
    Das Yoga-Studio war in einem alten sechsstöckigen Gebäude am nördlichen Ende der Bloor Street untergebracht, gleich westlich der Spadina Road, einem großen Lebensmittelladen und dem Bloor Jewish Community Center gegenüber. Aus irgendeinem Grund war das

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