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Bevor der Morgen graut

Bevor der Morgen graut

Titel: Bevor der Morgen graut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Arnar Ingolfsson
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das Blatt entgegen. »Ich werde versuchen, die Liste zusammenzustellen. Bára hilft mir dabei«, erklärte er.
    »Besitzt ihr ein Foto von Vilhjálmur, das ihr mir leihen könntet?«, fragte Birkir.
    »Ja.« Ragnar nahm ein gerahmtes Bild von der Wand und reichte es Birkir. »Das Foto ist ziemlich neu.«

11:35
    U ngläubig starrte Kristján von der Kriminalpolizei in Akureyri abwechselnd auf die schier endlose Wüste um ihn herum und auf das, was zu seinen Füßen lag, ein menschlicher Leichnam, eingewickelt in dreckige schwarze Plastiksäcke.Braunes Klebeband war mehrfach um das Paket herumgewickelt worden, löste sich aber jetzt an einigen Stellen, sodass der Inhalt zum Vorschein kam. Der Geruch war ekelerregend.
    Die Männer, die die Leiche gefunden hatten, hatten sie mit dem Bagger ausgegraben und dort abgelegt. Im Nachhinein betrachtet war diese Aktion sehr voreilig gewesen, denn möglicherweise hätte es etwas genutzt, die Fundstelle genauer zu untersuchen, aber das brachte Kristján nicht zur Sprache. Es war ihm immer noch ein Rätsel, wie so etwas passieren konnte. Dass irgendein Geologe auf der Suche nach Straßenbaumaterial sich mitten in der Pampa direkt bis auf eine eingepackte, halb verweste Leiche heruntergraben würde, in dieser Dutzende von Quadratkilometern großen Einöde. Wer dieses Grab geschaufelt hatte, war mit Sicherheit davon ausgegangen, dass sein Inhalt nie wieder an die Oberfläche kommen würde. Das Grab selbst war zwar nur einen halben Meter tief, aber das hätte unter normalen Umständen vollständig ausgereicht, auch wenn es hier in dieser trockenen Gegend, wo ständig ein kräftiger Wind blies, sehr viel Bodenerosion gab.
    Fróði Bergkvist und der Baggerführer warteten im Landrover in gebührender Entfernung vom Fundort, wo sie den Jeep gegen die Windrichtung geparkt hatten. Sie hatten offenbar kein weiteres Bedürfnis, ihren Fund näher in Augenschein zu nehmen und den Gestank einzuatmen, der von ihm ausging.
    Kristján hatte nach dem Gespräch mit Fróði bereits ein vorläufiges Protokoll erstellt, in dem ganz genau festgehalten war, zu welchem Zweck die beiden an dieser Stelle mit dem Bagger gearbeitet hatten. Fróði hatte ebenfalls Auskunft darüber geben müssen, weshalb er ausgerechnet diese Stelle gewählt hatte, um Bodenproben zu entnehmen.
    »Geologisch gesehen ist dieses Gelände ziemlich vielversprechend. Außerdem war es einfach, von der Schotterpiste bis hierher zu kommen. Ansonsten war es reiner Zufall.«
    »Die Wahrscheinlichkeit für so etwas liegt bei eins zu einer Milliarde«, erklärte Kristján seinem Kollegen in Húsavík, in dessen Zuständigkeitsbereich der Fall gehörte. »Wir werden mit Sicherheit im Laufe unserer Dienstzeit nie wieder einen solchen Lottogewinn machen«, fügte er hinzu.
    Sie warteten auf den Leichenwagen aus Akureyri, der mit einem luftdicht verschließbaren Behälter für die sterblichen Überreste dieses Mannes unterwegs zu ihnen war. Aus Reykjavík war ein Spezialist angefordert worden, um das Paket im Leichenschauhaus von Akureyri zu öffnen. Das Gelände konnten sie später noch genauer unter die Lupe nehmen, falls erforderlich. An der Oberfläche war eigentlich nichts zu sehen gewesen, keine Spuren oder dergleichen. Die Bodenerosion der letzten Monate schien alle Spuren vernichtet zu haben.

12:00
    M ein Instinkt befiehlt mir zu töten. Ich jage Menschen, und sie entkommen mir nicht.
    Nachdem Gunnar die letzte Zeile der Mail gelesen hatte, die der Ganter an die Kriminalpolizei geschickt hatte, setzte Magnús sich telefonisch mit einem EDV-Spezialisten der Abteilung für Wirtschaftskriminalität in Verbindung, um ihn hinzuzuziehen. Der Computerexperte konnte aber erst gegen Mittag kommen, und bis dahin blieb ihnen nichts anderes übrig, als ratlos auf den Bildschirm zu starren und abzuwarten. Wieder und wieder lasen sie die Antwort auf die Frage Warum. Mit was hatten sie es hier eigentlich zu tun? Was ging in Leuten vor, die solche Texte schrieben und sie in die Tat umsetzten? Ich jage Menschen. Gab es tatsächlich keinen anderen Grund für die Morde als reine Mordlust? Handelte es sich wirklich um ein furchtbaresSpiel? Hatten die Opfer sich nichts anderes zuschulden kommen lassen, als auf die Jagd zu gehen? Und warum hatte es der Ganter auf Jäger abgesehen?
    Als der EDV-Spezialist endlich erschien, deutete Magnús auf den Bildschirm und fragte ohne Umschweife: »Gibt es irgendeine Möglichkeit, den Absender ausfindig zu

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