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Bevor der Morgen graut

Bevor der Morgen graut

Titel: Bevor der Morgen graut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Arnar Ingolfsson
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gehört zu haben.«
    »Das ist ja das Merkwürdige«, entgegnete Gunnar. »Letztes Jahr wurde ein Totenschein für ihn ausgestellt. Todesursache Selbstmord. Die Zeitungen haben kaum darüber geschrieben.«
    »Moment mal. Wie das denn … Selbstmord?«
    »Die Kollegen in Akureyri nahmen an, dass er sich in den Dettifoss gestürzt hat. Sein Auto stand auf dem Parkplatz beim Wasserfall, und im Auto befand sich ein handgeschriebener Abschiedsbrief. Es schien alles seine Richtigkeit zu haben.«
    »Tatsächlich?«
    »Hör zu, Elías vom Erkennungsdienst ist heute Vormittag schon nach Akureyri geflogen. Die Leiche war eingewickelt, und er hat sie ausgepackt. Er muss aber noch die Fundstelle und das Gelände drum herum untersuchen. Kannst du die nächste Maschine nehmen?«
    »Ich?«
    »Ja.«
    »Wieso nicht du?«
    »Ich bin mit einem Quiz beschäftigt.«

12:45
    Z wei Minuten, bevor die Frist verstrichen war, gab Gunnar die Anwort »Hávamál, des Hohen Lied« ein und schickte sie ab.
    Der Ganter meldete sich sofort zurück: »Nicht schlecht. Ihr könnt also mit einer Suchmaschine umgehen. Dann wendenwir uns jetzt mal ernsthafteren Dingen zu und Fragen, die der Computer euch nicht beantworten kann. Frage zwei: Welches Buch endet mit diesen Sätzen – Unverhüllte Sinnlichkeit lag in Solitaires Blick, als sie zu ihm aufschaute. Sie lächelte unschuldig. »Was ist mit meinem Rücken?«, sagte sie.
    Ihr habt vier Stunden, um die Lösung zu finden. Denkt daran, dass ein Menschenleben auf dem Spiel steht. Also bis um fünf, tschüss.«
    Gunnar versuchte es zunächst mit »Solitaire« bei Google, und es erschien der Index, der mehrere Millionen Webseiten aufwies. Dann probierte er es mit dem Satz » Unverhüllte Sinnlichkeit lag in Solitaires Blick «, aber das erzielte keinen Treffer.
    »Was sollen wir machen?«, fragte Magnús, der jetzt wieder nervös wurde.
    »Wir können versuchen, überhaupt nicht zu antworten«, schlug Gunnar vor.
    »Und wenn er jemanden umbringt?«
    »Ich glaube, das wird er sowieso tun, wenn wir ihn nicht bald kriegen.«
    »Aber wir gewinnen Zeit, wenn wir die Antwort finden, nicht wahr?«
    »Doch, schon, aber wir verlieren auch Zeit, indem wir nach der Antwort suchen.«
    »Könnte uns jemand dabei helfen?«
    Gunnar überlegte. Nach einer Weile sagte er: »Ich glaube, ich weiß eine Möglichkeit. Es gibt Leute, die Spaß an solchen Fragen haben. In meiner Stammkneipe findet jeden Freitag so eine Art Quiz statt. Da erscheinen dann solche Typen, die in ihren Hirnen alles speichern können. Ich leite die Frage an sie weiter, vielleicht weiß einer von denen die Antwort.«

14:00
    B irkir war mit der Ein-Uhr-Maschine nach Akureyri geflogen und landete eine Stunde später. Kristján von der Kriminalpolizei in Akureyri und Elías vom Erkennungsdienst in Reykjavík holten ihn ab.
    Kristján war klein und gedrungen, hatte ein kugelrundes Gesicht und trug die Haare kurz geschnitten. Beim Händeschütteln spürte Birkir, was für kleine und dicke Finger er hatte.
    »Was für ein verdammter Schlamassel«, erklärte Kristján mit nordisländischer Direktheit. »Der Junge verschwand im vergangenen Herbst, und sein Auto wurde erst nach drei Tagen Suche gefunden, aber der Fall schien sonnenklar zu sein, weil dieser Brief alles erklärte.« Er schwenkte die Kopie eines handgeschriebenen Briefs.
    Elías fügte hinzu: »Wir haben seinerzeit den Brief im Labor in Reykjavík untersucht, Anna hat das gemacht, und ihrer Meinung nach ist er nicht gefälscht.«
    Birkir nahm Kristján das Papier aus der Hand und las: »Liebe Mama, das Leben ist in den letzten Monaten unerträglich für mich geworden. Ich hatte viele schlaflose Nächte, alles erschien so hoffnungslos. Es wird Dich sicher überraschen, denn ich habe versucht, meine Krise Dir gegenüber zu verheimlichen. Jetzt habe ich beschlossen, allem ein Ende zu machen, und wenn Du das hier liest, weißt Du, dass es mir gut geht. Dein Sohn Leifur Albert.«
    Als Birkir wieder aufsah, fuhr Elías fort: »Anna hatte zum Vergleich einen anderen Text zur Hand, den der junge Mann geschrieben hatte, und sie war davon überzeugt, dass es sich um dieselbe Handschrift handelte. Sie ist die Einzige von uns, die sich auf Graphologie versteht.«
    »Wer hätte denn auch sonst den Brief schreiben sollen«, sagte Kristján entschuldigend.
    Birkir nahm sein Notizbuch zur Hand. »Wann wurde er als vermisst gemeldet?«
    Kristjáns Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: »Am 2. Oktober, es war

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