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Bevor der Morgen graut

Bevor der Morgen graut

Titel: Bevor der Morgen graut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Arnar Ingolfsson
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und reichte Birkir ein großes gerahmtes Farbfoto, das drei junge Leute zeigte, zwei Männer und eine Frau. Das Bild war ganz offensichtlich in einer ausgelassenen Stunde an einem Badestrand in einem südlichen Land aufgenommen worden. Die beiden Männer glichen einander sehr, der gleiche Haarschnitt und die gleichen braunen Augen.
    »Leifur ist hier rechts auf dem Bild, und das da links ist Jóhann«, sagte Sólveig. »Sie sind seit ihrer Kindheit befreundet gewesen, und die Leute haben sie die Zwillinge genannt, obwohl sie überhaupt nicht verwandt waren.«
    Birkir nahm das Bild entgegen und betrachtete die Gesichter genau, denn was er sah, überraschte ihn. Es konnte kein Zweifel bestehen, dass dieser Jóhann auf dem Foto derselbe Jóhann war, der im vergangenen Herbst in Südisland von einer Ladung Schrot getroffen worden war.
    Sólveig fuhr fort: »Jóhann hat im vorigen Jahr auch einen Unfall gehabt, er hat ein Auge verloren.«
    Birkir wurde nachdenklich. Was spielte sich hier eigentlich ab? Auf Jóhann war im vergangenen Jahr etwa um die gleiche Zeit geschossen worden, als Leifur verschwand. Er blätterte inseinem Notizbuch und fand die genauen Daten. Leifurs Mutter hatte dessen Verschwinden zwei Tage später gemeldet, nachdem Jóhann im Krankenhaus von Selfoss aufgetaucht war. Da gab es möglicherweise einen Zusammenhang, wahrscheinlich sogar. Standen diese Ereignisse aber auch mit den drei Morden ein ganzes Jahr später in Verbindung? Das war die große Frage.
    Birkir schaute immer noch auf das Bild, aber jetzt auf die junge Frau. Er hatte sie bestimmt schon einmal gesehen, da konnte kein Zweifel bestehen, aber wo? Sie war genauso groß wie die beiden jungen Männer. Und die waren nicht klein, wie Birkir wusste. Im nächsten Moment wurde ihm klar, woher er sie kannte. Es war die Frau, mit der er im Treppenhaus zusammengeprallt war, als er die Witwe von Friðrik Friðriksson besuchte.
    »Wie heißt diese Frau?«, fragte Birkir.
    »Das ist Hjördís, die da zwischen den beiden steht, sie waren gute Freunde, aber da war sonst nichts zwischen ihnen. Sie sind viele Jahre lang befreundet gewesen.«
    »Weißt du, wo sie im Augenblick wohnt?«
    »Im vergangenen Herbst wollte sie ins Ausland, um zu studieren. Danach habe ich gehört, dass sie in diesem Sommer in Reykjavík gewesen ist, aber mehr weiß ich nicht.«

15:30
    G unnar brauchte einige Zeit, um im Polizeipräsidium ein Handy zu organisieren, eine SIM-Karte zu kaufen und damit wieder zu Emil Edilon zurückzukehren. Als Nächstes musste er Emil erklären, wie man damit umging. Als der Schriftsteller gelernt hatte, einen Anruf zu tätigen, einen Anrufentgegenzunehmen und einen Anruf zu beenden, begann er, sich mit seinen Experten in Verbindung zu setzen.
    Gunnar verabschiedete sich und ging zur Nationalbibliothek, um dort die Regale mit der englischsprachigen Literatur zu durchforsten. Es war so gut wie ausgeschlossen, dass ein isländischer Autor diesen Namen verwendet hatte, Solitaire, aber falls doch, war er sich ganz sicher, dass Emils Helfershelfer das ganz schnell herausfinden würden. Die Suche verzögerte sich aber durch das Ordnungssystem der Bibliothek, das alle Bücher nur alphabetisch nach Verfassern gliederte und nicht zwischen Originalausgaben und Übersetzungen unterschied. Das erste Buch, das Gunnar zur Hand nahm, war Per Anhalter durch die Galaxis von Douglas Adams. Er warf einen raschen Blick auf die letzte Seite und stellte das Buch wieder an seinen Platz zurück. Das nächste Buch war Dunkles Lachen von Sherwood Anderson und das dritte Die Stahlhöhlen von Isaac Asimov. Die Uhr zeigte neun Minuten vor fünf, als er Inspector Morse’s letzter Fall von Colin Dexter zur Hand nahm. Da endlich rief Emil an. Gunnar erntete böse Blicke von den anderen Bibliotheksbenutzern, als er sein Handy aus der Jackentasche fischte.
    »Gunnar«, meldete er sich.
    »Hier Edilon.«
    »Hast du was rausgefunden?«
    » Leben und sterben lassen, von Ian Fleming. Heißt im Original Live and let die .«
    »Wer hat das gewusst?«
    »Der rothaarige Journalistendepp. Er hat eine manische Vorliebe für James Bond.«
    »Hast du ihm gesagt, dass ich diese Antwort brauche?«
    »Nein.«
    »Danke«, sagte Gunnar und brach das Gespräch ab.
    Er wählte Dóras Nummer, die vor dem Computer saß, undeilte zum Regal mit dem Buchstaben F. Er fand das Buch im gleichen Augenblick, als Dóra den Hörer abnahm.
    »Warte einen Moment«, sagte er und schlug mit zittrigen Fingern die

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