Bevor der Tod euch scheidet (German Edition)
bitte“, rief sie und lief hinter ihm her. „Ich gebe ja zu, dass ich ihn sehr mag. Aber du, Hart, bist verdammt noch mal der Mann meiner Träume!“
Abrupt wirbelte er herum. „Nein, das bin ich nicht, und das war ich auch nie! Du hast mich gerettet, so wie du jeden rettest. Und ich habe all meinen Charme spielen lassen, um dich zu verführen.“
„Und darüber bin ich auch sehr froh!“, ließ sie ihn wissen und fasste ihn am Arm.
Seine Augen funkelten wild, und Francesca erkannte, dass er vor Wut kochte und zugleich nur einen winzigen Schritt davon entfernt war, sie in die Arme zu nehmen und zu küssen. Sie verstummte, ihr Herz schlug laut wie ein Donnerhall, während er auf ihren Mund schaute. „Gott soll meine schwarze Seele zum Teufel jagen!“
„Jetzt sag nicht wieder, dass das alles deine Schuld ist!“, rief sie.
„Aber es ist so! Hast du dir schon mal überlegt, dass wir beide jetzt längst Mann und Frau wären, wenn ich dich nicht gebeten hätte, für dein Porträt nackt Modell zu stehen?“
Ja, er hatte recht. „Zum Teufel mit diesem verdammten Porträt!“
„Dann gibst du also endlich zu, dass dieses Porträt verdammenswert ist.“ Er ging einen Schritt nach hinten. „Übrigens, ich werde die Stadt auch nicht verlassen, solange das verdammte Bild nicht gefunden ist und der Dieb hinter Gittern sitzt.“
„Ich weiß, dass du mich nicht im Stich lassen würdest, wenn ich dich brauche. Daran habe ich auch nie gezweifelt.“
„Nein, ich würde dich tatsächlich nicht im Stich lassen. Nicht in einer solchen Situation.“
Sie streckte den Arm aus und berührte seine Wange. „Dann können wir doch am Wochenende zu Abend essen. Immerhin bist du mein Held und mein Beschützer. Das hast du selbst gesagt, Calder. Ich brauche dich!“
„Das ist nicht möglich, Francesca“, warnte er sie und fasste nach ihrer Hand. „Glaub nicht, du könntest mich verführen oder manipulieren.“
„Du fehlst mir so schrecklich!“, hauchte sie. „Ich vermisse unsere gemeinsamen Abende. Ich vermisse es, in deinen Armen zu liegen, und das weißt du auch. Und ich glaube, ich fehle dir auch.“
Mit grimmiger Miene zog er seinen Arm zurück. „Ein solches Geständnis bekommst du von mir nicht zu hören.“
„Noch nicht“, gab sie ohne zu zögern zurück. Für einen winzigen Moment hellte sich der Ausdruck in seinen Augen auf, und sie musste lächeln. „Du bist hier, Hart, und du hast Rick angerufen und dich erkundigt. Deine Taten sagen mehr als jedes Wort.“
Er gab einen unbestimmten Laut von sich. „Mein Instinkt veranlasst mich, dich beschützen zu wollen, Francesca, und das gebe ich auch unumwunden zu. Ich bezweifle zudem, dass sich daran je etwas ändern wird.“ Bevor sie sich aber über seine Worte begeistern konnte, fuhr er fort: „Obwohl alles dagegen spricht.“
„Es spricht überhaupt nichts dagegen.“
„Das wird sich zeigen.“
Sie schauten sich eine Weile an, schließlich fragte Hart: „Willst du nicht raufgehen?“
Ohne erst noch darüber nachdenken zu müssen, entgegnete sie: „Würdest du mitkommen? Ich könnte deine Hilfe gut gebrauchen, und das meine ich ehrlich.“
Er zögerte, dann plötzlich nickte er.
SIEBZEHN
Mittwoch, 2. Juli 1902
11 Uhr
Diese Runde geht an mich, dachte Francesca. Sie war sich Harts Nähe allzu deutlich bewusst, als sie mit ihm in Maggies Haus zurückkehrte.
„Freu dich nicht so!“, raunte er ihr zu, sodass sie seinen Atem an ihrem Ohr und die Wärme seines Körpers spüren konnte.
Sie verkniff sich ein Lächeln. „Ich freue mich gar nicht, Hart. So abgestumpft du auch bist – du kannst zu einer Ermittlung doch sehr nützliche Erwägungen beisteuern.“
„Sollte ich mich jetzt beleidigt fühlen?“
„Nein. Ich brauche nur von Zeit zu Zeit eine gesunde Dosis Zynismus.“
„Ja, das stimmt. Außerdem strahlst du sehr wohl, Francesca. Das kann ich dir nämlich anmerken. Ich habe nie behauptet, dass wir nicht mehr befreundet sind oder dass ich dir bei deinen verschiedenen Unternehmungen nicht helfen werde oder …“ Er verstummte, bevor er ausgesprochen hatte.
Francesca drehte sich zu ihm um und stellte fest, dass er sehr erstaunt etwas auf der Straße betrachtete. Sie folgte seinem Blick und sah einen stämmigen Kerl in einem karierten Hemd, der von einem Wagen stieg und ein Bündel in seinen Armen hielt – ein Bündel, das strampelte und sich wand.
„Lizzie!“, schrie Francesca.
Hart rannte bereits auf den grauhaarigen Mann zu, der
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