Bevor der Tod euch scheidet (German Edition)
Lizzie prompt fallen ließ. Das Mädchen landete auf Händen und Knien und begann herzerweichend zu kreischen. Der Fremde versuchte, in aller Eile auf die Ladefläche zu klettern. Ein zweiter Mann saß auf dem Bock und hielt die Zügel in der Hand.
Als Francesca auf Lizzie zulief, sah sie, wie der Grauhaarige sich mit beiden Händen an der Pritsche festhielt, um sich auf den Wagen zu ziehen, während der Kutscher mit einem lauten Aufschrei das Pferd zur Eile antrieb. Hart bekam den Mann an der Schulter zu fassen, während sich die Kutsche in Bewegung setzte, und riss ihn zu Boden.
„Lizzie!“, rief Francesca und kniete sich neben das weinende Kind, um es in die Arme zu nehmen. „Es ist alles in Ordnung!“, redete sie leise auf das Mädchen ein, während sie beobachtete, wie Hart sich Lizzies Entführer vornahm. Sofort war ihr klar, dass er auf Vergeltung aus war. „Hart! Nicht!“
Ob er sie hörte, wusste sie nicht, auf jeden Fall achtete er nicht auf sie, sondern zog den Mann hoch und rammte ihm die Faust ins Gesicht. Francesca hörte, wie ein Knochen brach. „Hart!“, schrie sie.
Hart zerrte den Mann von der Straße über den Fußweg bis zum nächsten Haus, dann verpasste er ihm einen zweiten Schlag ins Gesicht. „Ich hasse Feiglinge!“, erklärte er verächtlich.
Francesca hielt weiter Lizzie an sich gedrückt, während sich um sie herum die ersten Schaulustigen versammelten, unter ihnen der hochgewachsene Lebensmittelhändler aus Deutschland. „Mr Schmidt, bitte holen Sie den Commissioner! Er ist gerade bei Maggie!“
„Ist das der Mistkerl, der Lizzie entführt hat?“, rief ein junger Mann aufgeregt.
„Das ist er! Er hat Maggies Mädchen mitgenommen!“, brüllte ein Knabe in Joels Alter, der einen Baseballschläger und einen Handschuh festhielt.
Der Übeltäter, dessen Nase blutete und der ein geschwollenes Auge hatte, sah sich fieberhaft um; er hielt nach einem möglichen Fluchtweg Ausschau. Francesca beugte sich vor und küsste Lizzie auf ihr seidiges blondes Haar.
„Es ist alles gut. Deine Mutter wird jeden Moment herkommen.“
Lizzie sah sie mit tränenüberströmtem Gesicht an und lächelte auf einmal engelsgleich. „Ich habe eine neue Puppe“, verkündete sie und zeigte Francesca eine winzige Porzellanfigur mit blondem Haar.
Tränen stiegen Francesca in die Augen. Wenn man Lizzie ein Spielzeug gegeben hatte, war sie nicht schlecht behandelt worden, und sie wirkte nun auch gar nicht mehr aufgeregt, sondern glücklich und zufrieden. „Hast du dir wehgetan, meine Kleine?“
„Mama“, sagte Lizzie nachdrücklich. „Ich will Mama Fran zeigen.“
Es dauerte einen Moment, ehe Francesca klar wurde, dass Lizzie ihrer Mutter die Puppe zeigen wollte, die sie offenbar nach ihr benannt hatte. Sie straffte die Schultern und drückte das Mädchen wieder an sich. Als Hart ihr einen Blick zuwarf, lief ihr ein Schauer über den Rücken. Der Ausdruck in seinen Augen war einfach nur erschreckend.
„Komm nicht auf dumme Gedanken“, warnte er den Entführer. „Ich hätte große Lust, dir noch ein paar Knochen zu brechen!“
„Ich hab nur meine Befehle ausgeführt“, protestierte der Mann und wischte sich das Blut aus dem Gesicht.
„Wessen Befehle?“, fragte Hart scheinbar ruhig.
Francesca wusste, er würde den Mann wieder schlagen, auch wenn er das nicht tun sollte. Aber sie schwieg – und auch der Entführer sprach kein Wort. Rasch hielt sie Lizzie die Augen zu, und dann landete auch schon Harts Faust mitten in seinem Gesicht. Der Mann schrie vor Schmerz auf.
„Knüpft ihn auf!“, rief jemand aus der Menge. „Der Entführer soll hängen!“
„Wessen Befehle?“, fragte Hart abermals.
Der Kerl keuchte und stöhnte. Ohne den Blick abzuwenden, sprach Hart: „Junge, gib mir deinen Baseballschläger! Ich muss ihn mir kurz ausleihen.“
Francesca zuckte zusammen, als der Junge zu ihm kam und ihm den Schläger reichte. Ehe sie ihn auffordern konnte, damit aufzuhören, ging die Haustür auf und Bragg kam mit Maggie und den Jungs nach draußen gestürmt. Maggie bemerkte sofort, dass Francesca ihre Tochter in den Armen hielt, und kam zu ihr geeilt, um Lizzie an sich zu nehmen.
Ohne Hart und den Entführer aus den Augen zu lassen, sagte sie zu Maggie: „Ich glaube, man hat ihr nichts getan.“
„Hier wird heute überhaupt niemand aufgeknüpft!“, verkündete Bragg, während er sich einen Weg durch die Menge bahnte, die darauf missmutig zu raunen begann. Er sah Hart an. „In
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