Bevor der Tod euch scheidet (German Edition)
so schnell ihr Vertrauen schenkte. Niemand war so selbstlos und freigebig wie sie. Wieder und wieder hatte sie ihm demonstriert, dass sie sich von niemandem abwenden konnte, der Hilfe benötigte.
Und sie war eine höchst unabhängige Frau. Den meisten Männern würde es missfallen, dass sie sich weigerte, Unterwürfigkeit und Gehorsam zu demonstrieren, doch ihm gefiel genau dieser Zug an ihr so gut.
Natürlich handelte sie oft gedankenlos und spontan, und er kannte niemanden, der weniger gesunden Menschenverstand besaß als sie. Aber nachdem er nun wusste, wie leichtfertig sie sich auf ein Abenteuer einließ, würde er für sie da sein, um als Stimme der Vernunft auf sie einzuwirken. Bereits jetzt hatte er ihr ein paar graue Haare zu verdanken, und dabei kannten sie sich erst seit fünf Monaten.
Das erste Mal gesehen hatte er sie am 25. Januar in Ricks Büro, aber erst bei einer unglaublichen Party auf dem Dach des Madison Square Garden am 31. Januar hatte er mit ihr ein paar Worte gewechselt. Am 23. Februar war ihm dann klar gewesen, dass sie die eine Frau auf der Welt war, bei der er sich niemals langweilen würde. Er hatte sie angesehen und erkannt, wie wichtig ihm ihre Freundschaft geworden war, was sein Herz einen sonderbaren Satz machen ließ. Innerhalb weniger Tage hatte sie sein Weltbild komplett auf den Kopf gestellt, und auch wenn er bis dahin der Ansicht gewesen war, das Streben der Menschen nach Glück sei eine unglaublich abgedroschene Angelegenheit, hatte Francesca doch sein Leben mit Wärme erfüllt. Seinen Entschluss hatte er von einem Moment zum anderen gefasst und ihr genauso spontan eröffnet, dass er beabsichtigte, sie zur Frau zu nehmen.
Natürlich war Francesca im ersten Moment völlig sprachlos gewesen.
Fünf Tage darauf hatte sie seinen Antrag angenommen.
Eigentlich war es unglaublich, dass sie in so kurzer Zeit so weit gekommen waren. Aber er wollte Francesca Cahill heiraten, und wenn er etwas wollte, bekam er das auch. Niemand kam aus ärmlichsten Verhältnissen und brachte es zu einem solchen Wohlstand wie er, wenn er nicht einen eisernen Willen und einen ruchlosen Ehrgeiz besaß.
Er konnte ihre Hochzeitsnacht kaum noch erwarten, auch wenn er nach außen hin Gleichgültigkeit vortäuschte. Zwar war er daran gewöhnt, die schönen Frauen, die seinen Weg kreuzten, mit einer solchen Selbstverständlichkeit zu verführen, dass es sich für ihn zu einer Art Spiel entwickelt hatte. Dass er jedoch Francesca nicht so wie all die Frauen vor ihr, sondern mit Respekt behandeln wollte, das hatte sie bis jetzt nicht verstanden. Ihre Unschuld würde er ihr erst nehmen, wenn sie ihre Ehegelübde abgelegt hatten.
Plötzlich zögerte er und verspürte fast so etwas wie einen Hauch von Angst.
Sie hielt ihn für ehrbar. Dieser unerschütterliche Glaube an das Gute in ihm war ihre erstaunlichste Eigenschaft. Sie verstand einfach nicht, dass seine eigenen Interessen stets das Einzige waren, das sein Handeln bestimmte. Wäre er tatsächlich so ehrbar, wie sie es glaubte, dann hätte er ihr sofort gesagt, sie solle sich einen Mann suchen, der ihrer auch würdig war. Einen Mann wie Rick. Aber so etwas würde er niemals tun, denn er wollte sie für sich haben, für sich ganz allein.
Dass Francesca sich beharrlich weigerte, ihn so zu sehen, wie er wirklich war, machte ihm manchmal Angst. Er wusste, eines Tages würde seine Welt wie eine Seifenblase zerplatzen – wenn sie die Wahrheit über ihn erkannte.
Während ihm dieser unerfreuliche Gedanke durch den Kopf ging, wurde die Tür zum Salon geöffnet, und Rick Bragg kam herein.
Hart starrte seinen Bruder an, der all die schönen Dinge im Leben aufgegeben hatte, um für alle Menschen Gerechtigkeit, Gleichheit und Freiheit zu erstreiten. Er verabscheute seinen tugendhaften Halbbruder, gleichzeitig war ihm jedoch auch klar, dass Rick mit seiner selbstlosen Art das genaue Gegenteil seines eigenen egoistischen Charakters verkörperte. Dieser Mann versuchte ernsthaft, die Welt zu retten. Und doch war Rick nicht der perfekte Gentleman, auch wenn er sich noch so sehr bemühte, sich so darzustellen. Aber so wie jeder andere wurde er von fleischlichen Gelüsten und von düsteren Begierden angetrieben.
Manchmal ertrug Hart Ricks Bemühen nicht, sich an seinem Moralkodex festzuklammern, und dann genoss er es umso mehr, wenn die Fassade zu bröckeln begann. Leider waren solche Moment rar gesät. Und dummerweise brauchte die Welt Männer wie Rick Bragg – so wie sie
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