Bevor der Tod euch scheidet (German Edition)
sich um ein Aktgemälde handelt, Hart! Als du es in Auftrag gegeben hattest, da sollte ich in meinem roten Ballkleid Modell stehen.“
„Ich erinnere mich.“ Sein bedeutungsvoller Blick ließ sie erröten. Auf jenem Ball hatte er sich so eifersüchtig aufgeführt, und an dem Abend war ihnen beiden auch klar geworden, dass es Verlangen war, das ihre Beziehung so intensiv machte. „Ich gebe zu, dass ich mich an jeden Strohhalm klammere. Jedenfalls solltest du mit ihr reden. Sicherlich kannst du sie dazu bewegen, den Mund aufzumachen, und sollte sie irgendetwas wissen, dann wirst du es herausfinden.“
Ihr entging nicht, dass er grenzenloses Vertrauen in ihre Fähigkeiten hatte. „Danke.“ Sie lächelte, doch er wandte sich ab und sah nach draußen, woraufhin sie fast wieder geseufzt hätte. Die Kutsche bog auf den Broadway ein. Francesca begann, über den Galeristen nachzudenken, von dem sie nur hoffen konnte, dass er zu Hause war. Immerhin war es Sonntagnachmittag, und er unternahm vielleicht einen Spaziergang durch einen Park, speiste in einem Restaurant oder ging mit seiner Frau einkaufen … sofern er denn verheiratet war.
Sie beugte sich zu Hart vor, um aus dem Fenster zu sehen und festzustellen, welche Hausnummer sie soeben passierten.
„529 ist die Nächste“, ließ er sie wissen.
Mit ihrer Schulter strich sie an seinem Arm entlang, und anstatt sich wieder zurückzulehnen, schaute sie ihm nur in die Augen. Der Hart, den sie kannte, hätte ihre Wange berührt und eine Haarsträhne hinter ihr Ohr geschoben. Jetzt aber beendete er den Blickkontakt, indem er einfach wieder nach draußen sah.
Die Kutsche kam zum Stehen, und Francesca setzte sich gerade hin. Um ihr Privatleben musste sie sich später kümmern. Jetzt war sie viel zu ungeduldig, den Fall aufzuklären. Zum Glück wartete Hart nicht ab, bis Raoul zu ihnen kam, sondern er öffnete die Tür und half ihr beim Aussteigen wie ein echter Gentleman.
„Danke“, sagte sie und ging zielstrebig los. Nummer 529 war ein gedrungenes Backsteingebäude mit zwei Wohnungen pro Etage. Auf einem Schild mit der Nummer 2A stand der Name Daniel Moore vermerkt. „Er wohnt im ersten Stock.“
Hart griff an ihr vorbei und öffnete die Haustür, die in einen Flur mit Perserteppich und Messingkronleuchter führte. An einer Wand stand ein hübscher alter Tisch, dessen Beine in vergoldeten Krallenfüßen ausliefen, darüber hing ein Gemälde, das ein Haus im Schnee zeigte. Das Ölbild war grässlich anzusehen, und Francesca hatte genügend Kunstwerke zu Gesicht bekommen, um unterscheiden zu können, ob es sich um die Arbeit eines Laien oder um die eines Genies handelte. „Ich nehme an, das stammt aus seiner Galerie“, erklärte sie.
„Das sehe ich auch so.“ Er fasste sie am Ellbogen und dirigierte sie in Richtung Treppe. Unwillkürlich lächelte sie ihn an, woraufhin er sie sofort wieder losließ. Offenbar hatte er nicht darüber nachgedacht, was er da eigentlich tat.
Ja, ich werde seine Liebe zurückgewinnen, dachte sie entschlossen, während ihr Herz energisch pochte. Dann jedoch konzentrierte sie sich auf die Aufgabe, die vor ihnen lag, und lief die Treppe hinauf, dicht gefolgt von Hart. Als sie an Moores Wohnungstür anklopfte, öffnete ihnen eine blonde Frau um die dreißig.
„Kann ich etwas für Sie tun?“ Die Frau war recht füllig und gut gekleidet, aber die Anstecknadel und die Ohrringe wirkten wie Tand.
Francesca hielt ihr eine Visitenkarte hin, dann sagte sie freundlich: „Hallo, ich bin Francesca Cahill, und dies ist mein Ver… mein Bekannter Calder Hart. Ich untersuche den Diebstahl eines Gemäldes. Sind Sie Mrs Moore?“
Die Frau wurde kreidebleich und versuchte, die Tür ins Schloss zu werfen. Gleichzeitig ertönte aus der Wohnung eine Männerstimme: „Wer ist denn da, Marsha?“
Hart stellte rasch den Fuß zwischen Tür und Rahmen, dann lächelte er die Frau gar nicht so höflich an, während er fragte: „Dürfen wir eintreten? Wir hätten da ein paar Fragen, die Sie jetzt beantworten können oder später – in Polizeigewahrsam.“
Verwundert über sein forsches Auftreten drehte sich Francesca zu Hart um. Er war wütend, das konnte sie seinen Augen ansehen.
Plötzlich tauchte auch Daniel Moore auf, der einen beunruhigten Eindruck machte. „Wer sind diese Leute, und was wollen sie?“
Marsha fuhr nervös mit der Zunge über ihre Lippen, machte einen Schritt nach hinten in den Salon und hielt ihrem Mann die Visitenkarte hin.
Der
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